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92 Wolfgang Davidheimann<br />
zu sanieren. Nach einigen unangenehmen Rückschlägen,<br />
begleitet von der Ungeduld des Vorstandes,<br />
war die Sanierung nach drei Jahren<br />
erfolgreich abgeschlossen.<br />
Ein schönes Wiedersehen konnte ich in Belgien<br />
(Flandern) feiern. Als ich dabei war, mir die<br />
niederländische Sprache in Wort und Schrift<br />
anzueignen, stieß ich auf einen alten Bekannten,<br />
der die Erinnerung an „Theo“ Walkes“ Deutschstunden<br />
und die Lektüre „Pallieter“ wieder aufleben<br />
ließ – den flämischen Dichter Felix Timmermans.<br />
Ich besuchte seine Geburtsstadt Lier<br />
an der Nethe und besorgte mir und las einige<br />
von seinen sinnenfreudigen und von tiefer<br />
Frömmigkeit strahlenden Erzählungen im<br />
Original.<br />
Ab 1983 geriet die Strabag, insbesondere aufgrund<br />
des Flughafenauftrags in Basrah (Irak) in<br />
eine schwierige Situation. Der Unternehmensberater<br />
Roland Berger erhielt 1985 den Auftrag<br />
zur Untersuchung der wirtschaftlichen Situation.<br />
Es wurde ein Projektteam gebildet, dem ich<br />
ebenfalls angehörte. Nach Analyse aller Unternehmensbereiche<br />
wurde eine Reihe von Maßnahmen<br />
vorgeschlagen und die Bildung einer zentralen<br />
Controlling-Abteilung beschlossen. Die Leitung<br />
wurde mir noch im gleichen Jahr übertragen.<br />
Aufgabe war der Aufbau der operativen<br />
Planung und eines monatlichen Vorstandsberichtswesens,<br />
Berichterstattung für den Aufsichtsrat,<br />
die jährliche Zusammenstellung der<br />
Dreijahres-Planung und deren Durchsprache mit<br />
den Führungskräften der Unternehmensbereiche,<br />
eine Mammutaufgabe, die vor mir lag.<br />
Es wurden knochenharte Jahre, zumal ich es ab<br />
1987 mit einem Vorstandsvorsitzenden zu tun<br />
bekam, dessen rüder Führungsstil mit „Einmanndemokratie“<br />
noch milde charakterisiert ist. Den<br />
Dauerkonflikt habe ich überstanden. Peter Jungen<br />
, der durch seinen Führungsstil auch bei den<br />
Vorstandskollegen isoliert war, schied zum 1.<br />
Juni 1991 aus.<br />
Umstrukturiert und verstärkt wurde ab 1993<br />
das Auslandsgeschäft. Alle Auslandsaktivitäten<br />
wurden unter der neuen Firmierung „Strabag<br />
International“ gebündelt. Auf Wunsch des Vorstands<br />
sollte ich die im „Ausland“ bislang nicht<br />
praktizierten Instrumentarien und Berichtsverfahren<br />
auch dort einführen. Zahlreiche Reisen<br />
führten mich nach Afrika (Kenia, Uganda, Zaire,<br />
Burundi, Tansania, Nigeria) und in die Emirate<br />
(Abu Dhabi, Dubai, Oman). Die Aufgaben waren<br />
aufgrund der guten und willigen Zusammenarbeit<br />
mit meinen deutschen, aber auch den einheimischen<br />
Kollegen zufriedenstellend zu realisieren.<br />
Aus Afrika brachte ich neben den Bildern von<br />
überwältigender Schönheit der Landschaft auch<br />
erschreckende Eindrücke von der Lebenssituation<br />
der von kruder Ausbeutung durch die<br />
„Häuptlinge“ betroffenen Menschen mit nach<br />
Hause. Darüber ausführlicher zu berichten widerstrebt<br />
mir nur deshalb, weil es den Rahmen<br />
unseres Vorhabens „Erinnerungen“ sprengen<br />
würde.<br />
Im Dezember 1997 verkaufte die Familie Wehrhahn<br />
aus Neuß , unser bisheriger „Brötchengeber“,<br />
ihr Aktienpaket an die österreichische<br />
Bauholding AG und deren Hauptaktionär Hans<br />
Peter Haselsteiner. Standortwechsel mit Umzügen<br />
standen bevor. Ich hielt die Zeit für gekommen,<br />
mich in den Ruhestand zu begeben. Der<br />
Vorstand und viele alte Kollegen sowie meine<br />
direkten Mitarbeiter feierten mit mir am 1.<br />
Dezember 1999 einen fröhlichen Abschied nach<br />
gut dreißig Jahren Strabag. „Immerhin,“ so<br />
wurde mir in der Laudatio versichert, „hat Herr<br />
Davidheimann in all seinen Berufsjahren erheblich<br />
dazu beigetragen, für die Strabag die optimale<br />
Kombination von technischer und betriebswirtschaftlicher<br />
Kompetenz mit auf den Weg zu<br />
bringen.“<br />
Ruhestand<br />
Genau sechs Jahre befinde ich mich jetzt schon<br />
in diesem so genannten Ruhestand. Die vielerorts<br />
zu hörenden und sicher auch zutreffenden