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Aus alten Schulzeitungen 59<br />

heimnisvoll und verlockend: Komm mit ... Komm<br />

mit ... Komm mit ... oder höhnend: Zu spät ... Zu<br />

spät ... Zu spät ... Zu spät ... - Und alle lauschen<br />

gebannt und wagen nicht, sich dieser Gewalt zu<br />

entziehen.<br />

Von draußen gesehen haben die Züge etwas<br />

sympathisch Unruhiges, etwas Atemberaubendes<br />

an sich. Sie sind für den Menschen das<br />

Symbol der Kraft, der Ausdauer und der unerschöpflichen<br />

Energie. Ganz gleich, ob sie über<br />

die weiten Prärien Amerikas dahinjagen oder<br />

tosend aus einem Tunnel herausschießen, ob sie<br />

über weltgespannte Brücken hinwegdonnern;<br />

überall, auf den Bahnhöfen, auf den Feldern, an<br />

den Brückengeländern stehen Leute, die atemlos<br />

staunen. - Und viele behaupten: Die Züge sind<br />

Beruf: Schüler?<br />

Wir blicken oft mit gelindem Neid auf unsere<br />

Altersgenossen, die schon einen Beruf erlernt<br />

haben, Geld verdienen und etwas vorstellen, und<br />

dabei denken wir: Wir sind nun immer noch Pennäler,<br />

die den Eltern auf der Tasche liegen und<br />

deren Tätigkeit keinem Menschen Bewunderung<br />

abringt. Aber leisten wir deshalb nichts? Täglich<br />

hocken wir sechs Stunden in der Schule,<br />

schlagen Logarithmen auf, gliedern Aufsätze<br />

und angeln nach Vokabeln. Das strenge Auge des<br />

Lehrers wacht darüber, daß wir zwischendurch<br />

nicht unserer Erschöpfung nachgeben, und nicht<br />

immer läßt es sich<br />

vermeiden, daß wir<br />

auch am Nachmittag<br />

mehrere Stunden mit<br />

lästigen Schularbeiten<br />

verbringen. An<br />

Aufregungen in der<br />

Schule und Ärger<br />

darüber zu Hause<br />

fehlt es auch nicht.<br />

Leisten wir also weniger<br />

als die anderen?<br />

Ist Schüler sein nicht auch ein Beruf? -<br />

So befriedigend das auch schiene, ich glaube es<br />

nicht, denn was wir tun, ist nicht Berufsarbeit,<br />

von deren Ertrag man lebt, es ist nicht einmal<br />

die Ausbildung zu einem bestimmten Beruf.<br />

Nun, warum quälen wir uns dann aber überhaupt<br />

in der Penne?<br />

_____________________________________<br />

wie wir! Sie sind ruhelos. und ihre Aufgabe ist<br />

es, unterwegs zu sein. Ihre Strecke ist an Stationen<br />

gebunden, und jede Station bringt sie<br />

dem Ziel ein Stück näher. Sie sind das Spiegelbild<br />

des Lebens: Ohne Rast, Unaufhaltsam dringen<br />

sie vor. Immer wuchtig und voller Tatendrang.<br />

Ohne Unterlaß durchkreuzen sie die<br />

Städte, Länder, Kontinente. Sie sind heimatlos.<br />

Und manchmal machen sie ihren Weg, bis sie<br />

dann endlich nutzlos geworden auf einem<br />

rostigen Abstellgleis neben der Strecke Ruhe<br />

finden. Aber sonst ist ihr Schicksal immer<br />

ungewiß. - Man weiß es nie. Schon morgen können<br />

sie fern ihrer Heimat zerschellen. Andere rollen<br />

für sie.<br />

Hans Joachim Stiepel (O1b)<br />

Ich glaube, wir müssen einmal folgendes bedenken:<br />

Wer früh in einen Beruf hineinkommt, dem<br />

geht es wie einem jungen Spalierbaum; der darf<br />

nur noch in einer ganz bestimmten Richtung<br />

wachsen, seine anderen Triebe werden einfach<br />

abgeknipst oder verkümmern. Bald erfüllt er<br />

dann seinen Zweck, er paßt aber nur an die<br />

Stelle, für die er gezogen ist.<br />

Wir Schüler dürfen noch einige Jahre frei<br />

wachsen und uns - wenn wir wollen - nach allen<br />

Seiten hin ausdehnen.<br />

Nützen wir diese Jahre gut aus, welche die letzten<br />

sind, in denen wir Gelegenheit haben, unsere<br />

Begabungen zu entfalten und unseren Neigungen<br />

nachzugehen!<br />

Oft verkümmert auch bei uns Schülern so ein<br />

lateinischer oder mathematischer Ast, der wieder<br />

zu einer Mindestgröße herangehegt und -<br />

gepflegt werden muß, denn die Bäume, die geliefert<br />

werden sollen, müssen ebenmäßig gewachsen<br />

sein. Man sieht es dem einzelnen noch nicht<br />

an, ob er später Professor für Alte Sprachen<br />

oder Atomforscher wird.<br />

Ergebnis: Es ist gerade das Schöne an unserem<br />

Schülerdasein, daß es noch ein freies Wachstum<br />

ist, fern von der Zweckgebundenheit des Berufes.<br />

Dank unsern Eltern, daß sie uns dieses freie<br />

Wachstum in den entscheidenden Jahren unseres<br />

Lebens ermöglichen!<br />

Ulrich Bartels, U1a

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