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Frieder Kluckhohn 129<br />
stand in meinem Arbeitsvertrag, am Ende<br />
waren es viel mehr.<br />
Fünf Jahre war ich für die Zementer tätig,<br />
hatte den ersten Betonatlas erarbeitet und<br />
wurde ständig gedrängt, nach Köln in die<br />
Zentrale zu übersiedeln. Mein Boss drohte<br />
mir zum Spaß sogar mit einer Änderungskündigung.<br />
Ich wusste, das war kein Spaß.<br />
Aber was sollte ich in Köln? Meine Frau<br />
(noch nicht Ehefrau) beim Stern hatte<br />
keine Lust auf die Rheinische Post und ich<br />
war aktiver Regattasegler auf Nord- und<br />
Ostsee mit eigenem „Dickschiff“. Jede<br />
freie Minute verbrachten wir auf dem Wasser<br />
und im Urlaub in den Gewässern von Dänemark,<br />
Schweden und Norwegen. Nein, auf<br />
keinen Fall nach Köln!<br />
Und es gab - neben den vielen Freunden -<br />
noch einen weiteren Grund in Hamburg zu<br />
bleiben: die Politik.<br />
1970 hatte mich Willy Brandt in die SPD<br />
gelockt - nicht persönlich, aber seine politischen<br />
Ziele. Demokratie, Solidarität und<br />
soziale Gerechtigkeit, dafür lohnte es sich<br />
zu streiten und zu kämpfen - auch heute<br />
noch.<br />
Seit 1979 arbeiteten wir, Heidi und ich,<br />
zusammen mit anderen Gleichgesinnten an<br />
der Lösung konkreter kommunalpolitischer<br />
Ziele, deren Realisierung für mich besonders<br />
wichtig war. Einige Jahre später hatten<br />
wir damit auch Erfolg.<br />
Und natürlich gibt es in einer Partei auch<br />
eine Leiter, die man ersteigen kann bzw. die<br />
zu ersteigen man gedrängt wird. Fünf Jahre<br />
später war ich Vorsitzender eines Ortsvereins<br />
(in Hamburg heißt das: Distriktvorsitzender),<br />
im Kreisvorstand und leitete Arbeitskreise.<br />
In dieser Zeit durfte ich auch<br />
eine Großveranstaltung mit Willy Brandt<br />
planen und leiten. Stunden lang bin ich neben<br />
ihm hergelaufen und habe auf dem Podium<br />
hinter ihm gestanden, einige Worte<br />
mit ihm gewechselt und in Kameras gelächelt.<br />
Wahrscheinlich hat er mich gar nicht<br />
richtig bemerkt, trotzdem war es ein eindrucksvolles<br />
Erlebnis für mich.<br />
Zurück nach 1979: wieder hatte ich Glück.<br />
Heidi und ich waren gedanklich schon dabei,<br />
uns schweren Herzens mit Köln vertraut zu<br />
machen, als mich abends zu Hause ein „hohes<br />
Tier“ der Hamburger Baubehörde anrief.<br />
Er hatte einen Vortrag von mir über<br />
Schäden an Gebäuden und deren Instandsetzung<br />
gehört. In der Baubehörde sollte<br />
eine Organisations-Einheit aufgebaut werden,<br />
mit dem Ziel, die vielen Bauschäden an<br />
öffentlichen Gebäuden instand zu setzen<br />
und Regeln zu erarbeiten, Schäden zukünftig<br />
zu vermeiden.<br />
Am 1. 10. 1979 saß ich in einem grauenhaft<br />
eingerichteten Büro in obiger Behörde, ganz<br />
allein, mit keinem definierten Aufgabenbereich,<br />
einer schwammigen Stellenbeschreibung,<br />
keine Mitarbeiter und einem Vorgesetzten,<br />
der auch nicht wusste, was ich tun<br />
und womit ich meine Arbeit beginnen sollte.<br />
Beinahe hätte ich meine Sachen gepackt<br />
und in Köln angerufen.<br />
Aber ich begriff, dass das eine riesige<br />
Chance war. Ich konnte völlig selbstständig<br />
planen und eigenständig meinen Arbeit inhaltlich<br />
und zeitlich bestimmen. Niemand<br />
redete mir rein oder konnte mein Tun beurteilen.<br />
Das Instandsetzen von Gebäuden war<br />
eine völlig neue Bauaufgabe - keiner hatte<br />
sich bisher systematisch damit auseinan