Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Rheinwanderung Juni 1952 (UIIb) 47<br />
Zweite Rheinwanderung<br />
von H.-Joachim StiepeI (UIIb)<br />
Im Sommer unternahmen wir unter Herrn Gri-<br />
sards Leitung eine Klassenfahrt an den Rhein.<br />
Wir bewunderten Burgen und Ruinen, standen<br />
sinnend vor dem Niederwalddenkmal,<br />
und hatten oft unsere liebe Mühe mit<br />
mehr oder weniger bequemen Rhein-<br />
höhenwegen.<br />
In Koblenz hatten wir unsere Wande-<br />
rung begonnen, und kamen in Tagesmärschen<br />
unserem Ziel, Rüdesheim,<br />
schnell näher. Hier wurden wir mit<br />
„Hallo" empfangen, denn vor einigen<br />
Jahren war hier eine andere Klasse<br />
der Humboldtschule beherbergt worden,<br />
und - wie es schien - in guter<br />
Erinnerung geblieben.<br />
Der Tag unserer Ankunft in Rüdesheim war der<br />
letzte vor unserer Heimreise. Vormittags be-<br />
sichtigten wir ein Weinbauinstitut. Die Sonne<br />
meinte es aber etwas zu gut, und das "Volk"<br />
wurde sehr durstig, sah sich aber in der Hoffnung<br />
auf eine Kostprobe getäuscht ... leider!<br />
Nachmittags lernten wir eine Gruppe dänischer<br />
Mädchen kennen, mit denen wir uns bald ange-<br />
freundet hatten. Anfangs war eine Verständi-<br />
gung nur schwer möglich, aber dann besannen<br />
wir uns auf unsere Schulkenntnisse und schalte-<br />
ten geistesgegenwärtig auf Englisch um. Besonders<br />
einer von uns betätigte sich mit solcher<br />
Hingabe als Dolmetscher, daß unser<br />
Englischlehrer, bestimmt in Verzückung<br />
geraten wäre. Am Abend<br />
wurden fleißig Adressen notiert.<br />
Heute stehen mehrere aus meiner<br />
Klasse in brieflicher Verbindung mit<br />
den Däninnen. Es ist eine Brücke<br />
zwischen Essen und Kopenhagen<br />
entstanden, eine Brücke zwischen<br />
der Humboldtschule und einem<br />
dortigen Gymnasium. Jugend zweier<br />
Völker ist sich nähergekommen.<br />
Nur sie vermag die Kluft, die der<br />
Krieg zwischen die Völker gebracht hat, zu<br />
überbrücken. Nur durch solche Bande können<br />
die Beziehungen der Völker untereinander wieder<br />
gefestigt werden, jeder kann auf seine Art<br />
dazu beitragen, denn<br />
"Gutta cavat lapidem non verdes sed saepe<br />
cadendo".