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Einführung in die Linguistik

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Kapitel 7<br />

Pragmatik<br />

7.1 Def<strong>in</strong>ition<br />

Def<strong>in</strong>ition 398 Pragmatik. Theorie des Gebrauchs sprachlicher Ausdrücke;<br />

oder: Theorie der Handlungen, <strong>die</strong> Sprecher mit Sprachzeichen vollziehen.<br />

An der Tatsache, dass e<strong>in</strong>e der im letzten Kapitel angegebenen Def<strong>in</strong>itionen<br />

von Bedeutung von Zeichen Z lautete “Gebrauch, den <strong>die</strong> Sprecher von<br />

Z” machen, sieht man schon, dass <strong>die</strong> Grenze zwischen Semantik und Pragmatik<br />

umstritten se<strong>in</strong> muss. Wenn man “Semantik” <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiten S<strong>in</strong>n nimmt<br />

(=Semantik w ), ist <strong>die</strong> Pragmatik sicherlich e<strong>in</strong> Teilgebiet der Semantik w : Sie<br />

beschäftigt sich mit den Phänomenen, mit denen sich <strong>die</strong> Semantik-im-engeren-<br />

S<strong>in</strong>n (=Semantik e ) nicht beschäftigt. Bleibt <strong>die</strong> Frage, wor<strong>in</strong> der Unterschied<br />

zwischen Semantik e und Pragmatik genau besteht. E<strong>in</strong>e grobe (und sicher nicht<br />

beliebig konsensfähige) Antwort: Die Semantik e beschäftigt sich mit den Aspekten<br />

der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wahrheitsbed<strong>in</strong>gungen (von<br />

Propositionen) von Sätzen bestimmen. Die Pragmatik beschäftigt sich mit den<br />

Aspekten der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke Z i , <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menge der Handlungen,<br />

<strong>die</strong> man mit den Z i vollziehen kann, bestimmt. E<strong>in</strong>ige Beispiele sollen<br />

<strong>die</strong>sen Gegensatz illustrieren:<br />

Beispiel 93 Semantik vs. Pragmatik. Die Sätze a) und b) s<strong>in</strong>d genau unter<br />

denselben Bed<strong>in</strong>gungen wahr: Es ist nicht so, dass Hunde und Köter zwei<br />

verschiedene Gattungen wären. Der Unterschied der Bedeutungen von Hund<br />

und Köter ist ke<strong>in</strong>er, der <strong>die</strong> Semantik e <strong>in</strong>teressiert, sondern e<strong>in</strong>er, der <strong>die</strong><br />

Pragmatik <strong>in</strong>teressiert. Wenn man nur am Wahrheitswert bzw. genauer: an<br />

der Bedeutung e se<strong>in</strong>er Äußerungen <strong>in</strong>teressiert ist, kann man a) oder b) se<strong>in</strong>em<br />

Nachbarn gegenüber äußern, um den fraglichen Sachverhalt zu behaupten.<br />

Wenn es e<strong>in</strong>en allerd<strong>in</strong>gs auch <strong>in</strong>teressiert, welche Handlungen man mit se<strong>in</strong>er<br />

Äußerung vollzieht, d.h welche Bedeutung w <strong>die</strong> zu machende Äußerung hat,<br />

sollte man sich überlegen, ob man a) oder b) äußert. Mit b) vollzieht man <strong>die</strong><br />

Handlung der Beleidigung (des Hundes — und damit <strong>in</strong>direkt se<strong>in</strong>es Besitzers),<br />

mit a) nicht. Man könnte das Phänomen auch charakterisieren, <strong>in</strong>dem man sagt:<br />

Hund und Köter s<strong>in</strong>d semantische e aber ke<strong>in</strong>e pragmatischen (und damit auch<br />

ke<strong>in</strong>e semantischen w ) Synonyme.<br />

a) Ihr Hund läuft unserer Katze h<strong>in</strong>terher.<br />

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