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Einführung in die Linguistik

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152 KAPITEL 7. PRAGMATIK<br />

b) Mit illocutionary forces nicht verwechselt werden dürfen <strong>die</strong> Mittel, mit<br />

denen man illocutionary forces enko<strong>die</strong>rt: Dass e<strong>in</strong>e Äußerung e<strong>in</strong>e Behauptung<br />

ist, erkennt man im Deutschen normalerweise daran, dass sie<br />

im Indikativ und mit Subjekt-Verb-Objekt-Stellung gemacht wird. Solche<br />

Sätze können aber auch u.U. für Befehle gebraucht werden: Du gehst jetzt<br />

sofort <strong>in</strong>s Bett. Befehle bzw. Aufforderungen werden auch oft mittels Fragesätzen<br />

gemacht: Wer den Satz Können Sie mir sagen, wie spät es ist?<br />

äußert, möchte normalerweise nicht erfahren, ob der Angesprochene <strong>in</strong> der<br />

Lage ist, das zu tun. (*Ja, das kann ich.) 1 . Er fordert ihn dadurch höflich<br />

zur Mitteilung der Uhrzeit auf. In solchen Fällen spricht man auch von<br />

<strong>in</strong>direkten Sprechakten.<br />

Def<strong>in</strong>ition 404 <strong>in</strong>direkter Sprechakt. Sprechakt, der vollzogen wird, <strong>in</strong>dem<br />

man (vordergründig) e<strong>in</strong>en anderen Sprechakt vollzieht. Beispiel: Aufforderung<br />

zur Mitteilung der Uhrzeit durch Frage nach der Möglichkeit der Mitteilung<br />

der Uhrzeit.<br />

Def<strong>in</strong>ition 405 Sprechakttheorie. Theorie darüber, welche Arten von<br />

Sprechakten es gibt, was deren Eigenschaften s<strong>in</strong>d, wie Sprecher enko<strong>die</strong>ren,<br />

welchen Sprechakt sie mit e<strong>in</strong>er Äußerung vollziehen möchten usw.<br />

Def<strong>in</strong>ition 406 Illokutionslogik. Illokutionssemantik. Formale Theorie<br />

der Äußerungstypen. Jede illokutionslogische Behauptung ist auch e<strong>in</strong>e sprechakttheoretische<br />

Behauptung. Aber nicht jede Theorie über Sprechakte ist (e<strong>in</strong><br />

Beitrag zur) Illokutionslogik. Illokutionslogik setzt e<strong>in</strong>en gewissen sprechakttheoretischen<br />

Rahmen voraus: Man muss beispielsweise bereits wissen, welche<br />

Sprechakttypen es überhaupt gibt, damit man weiß, welche “Sprechaktoperatoren”<br />

man e<strong>in</strong>führen soll.<br />

Kehren wir nun zurück zu der Ausgangsfrage <strong>die</strong>ses Abschnitts: Welche l<strong>in</strong>guistisch<br />

<strong>in</strong>teressanten Entitäten können wahr oder falsch se<strong>in</strong>? Wir haben gesehen,<br />

dass Behauptungen <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zigen Sprechakte s<strong>in</strong>d, deren Vorkommnisse<br />

man als wahr oder falsch bezeichnet. Davon abgesehen bezeichnet man aber<br />

auch Propositionen, <strong>die</strong> ja ke<strong>in</strong>e Sprechaktvorkommnisse oder -typen (weil ke<strong>in</strong>e<br />

Ereignisse oder Ereignistypen) s<strong>in</strong>d, als wahr oder falsch. Es ist klar, dass<br />

e<strong>in</strong>e Behauptung, dass p genau dann wahr ist, wenn p wahr ist. Wir können also<br />

sagen, dass Behauptungsvorkommnisse nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abgeleiteten S<strong>in</strong>ne wahr<br />

s<strong>in</strong>d: Primär wahr s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> <strong>in</strong> Behauptungen mitgeteilten Propositionen. Auch<br />

<strong>in</strong> anderen Sprechakten ist <strong>die</strong> Wahrheit der <strong>in</strong> ihnen mitgeteilten Propositionen<br />

für den Sprecher von großem Interesse, wie wir im Folgenden sehen werden.<br />

Propositionen s<strong>in</strong>d Bilder von der Welt. Im Pr<strong>in</strong>zip könnte ich mich mit jemandem<br />

auch dadurch unterhalten, dass ich me<strong>in</strong>e Propositionen nicht durch<br />

Worte, sondern durch grafische Bilder ausdrücke. Ich könnte beispielsweise statt<br />

e<strong>in</strong>er verbalen Enko<strong>die</strong>rung der Proposition “es regnet” auch Abbildung 7.1 verwenden.<br />

Wenn ich <strong>die</strong>ses Bild e<strong>in</strong>em Menschen vor <strong>die</strong> Augen halte, ist ihm wohl<br />

sofort klar, um welche Proposition es mir geht. Allerd<strong>in</strong>gs wird ihm nicht ohne<br />

weiteres klar se<strong>in</strong>, was ich damit, das ich ihm das Bild vor <strong>die</strong> Augen halte,<br />

bezwecken will. Ich könnte ihm sagen wollen, das dasjenige Ereignis, das auf<br />

1 Man beachte, dass <strong>die</strong>ser Stern für pragmatische Nichtwohlgeformtheit steht

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