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Einführung in die Linguistik

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170 KAPITEL 7. PRAGMATIK<br />

f) Der Rektor e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en technischen Universität möchte <strong>die</strong>ser zu mehr<br />

Ansehen verhelfen. Er fragt e<strong>in</strong>en erfahrenen Kollegen um Rat. Dieser rät<br />

ihm: “Am besten schaffst du dir e<strong>in</strong> paar Mathematiker an. Die machen was<br />

her und brauchen nur Papier, Bleistift und e<strong>in</strong>en Papierkorb. Oder ne<strong>in</strong><br />

— noch besser ist es, du stellst e<strong>in</strong> paar Philosophen e<strong>in</strong>. Die brauchen<br />

nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Papierkorb.”<br />

Gegeben <strong>die</strong> Maxime der Relevanz ist klar, was <strong>die</strong>ser Rat über Philosophen<br />

implikiert: Papierkörbe braucht man u.a. zur Entsorgung von nicht geglückten<br />

Texten ...<br />

(Aus [33, 98]:)<br />

g) Der e<strong>in</strong>same Cowboy stieg auf se<strong>in</strong> Pferd und ritt <strong>in</strong> den Sonnenuntergang.<br />

h) ?? Der e<strong>in</strong>same Cowboy ritt <strong>in</strong> den Sonnenuntergang und stieg auf se<strong>in</strong><br />

Pferd.<br />

i) Paris ist <strong>die</strong> Hauptstadt von Frankreich und London ist <strong>die</strong> Hauptstadt<br />

von England.<br />

j) London ist <strong>die</strong> Hauptstadt von England und Paris ist <strong>die</strong> Hauptstadt von<br />

Frankreich.<br />

Gibt es zwischen zwei Ereignissen bzw. Zuständen e<strong>in</strong>e zeitliche Ordnung, so<br />

berichtet man über sie gemäß Maxime e4) auch <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Ordnung. In g) istvon<br />

Ereignissen <strong>die</strong>ser Art <strong>die</strong> Rede. Daher implikiert man mit g), dass der Cowboy<br />

zuerst auf se<strong>in</strong> Pferd gestiegen und dann <strong>in</strong> den Sonnenuntergang geritten ist.<br />

Daher <strong>die</strong> Merkwürdigkeit von h). In i) dagegen ist nicht von solchen Zuständen,<br />

<strong>die</strong> sich zeitlich ordnen lassen, <strong>die</strong> Rede. Daher macht es ke<strong>in</strong>en Unterschied, ob<br />

man i) oder j) äußert.<br />

(Aus [33, 112]:)<br />

k) Miss S<strong>in</strong>ger produced a series of sounds correspond<strong>in</strong>g closely to the score<br />

of an aria from Rigoletto.<br />

l) Miss S<strong>in</strong>ger sang an aria from Rigoletto.<br />

Was implikiert e<strong>in</strong> Kritiker über <strong>die</strong> Leistung von S<strong>in</strong>ger, wenn er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Artikel k) statt l) äußert? Welche Konversationsmaxime(n) ist (s<strong>in</strong>d) hier<br />

e<strong>in</strong>schlägig?<br />

Anmerkungen 75 Nichtkonventionalität von konversationellen Implikaturen.<br />

Aus den Beispielen 106 ist klar, dass <strong>die</strong> (wörtliche) Bedeutung von Sätzen<br />

im Allgeme<strong>in</strong>en nicht h<strong>in</strong>reicht, um ihre Implikaturen zu erschließen: Meistens<br />

(wie z.B. <strong>in</strong> a)) muss man noch etwas über den sprachlichen oder nichtsprachlichen<br />

Kontext, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> Satz geäußert wurde, wissen, um denjenigen Satz<br />

zu f<strong>in</strong>den, den der Sprecher tatsächlich implikieren wollte. Manche Implikaturen<br />

(wie z.B. <strong>die</strong> von g)) ergeben sich weitgehend kontextunabhängig. (Aber:<br />

Es lassen sich ohne weiteres Kontexte f<strong>in</strong>den, so dass h) s<strong>in</strong>nvoll wird.) Grice

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