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George Orwell - 1984.pdf

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ihr dann mit einem Pflasterstein den Schädel einschlagen.<br />

Der Glasgegenstand in seiner Tasche war schwer genug<br />

dazu. Aber er ließ diese Idee sofort wieder fallen, denn<br />

schon der Gedanke an irgendeine körperliche Anstrengung<br />

war ihm unerträglich. Er brachte es einfach nicht fertig,<br />

zu laufen und zu einem Schlag auszuholen. Außerdem war<br />

sie jung und kräftig und würde sich verteidigen. Er dachte<br />

auch daran, noch zum Gemeinschaftshaus zu eilen und<br />

dort bis zur Sperrstunde zu bleiben, um sich wenigstens<br />

ein teilweises Alibi für den Abend zu verschaffen. Aber<br />

auch das war unmöglich. Eine tödliche Ermattung hatte<br />

sich seiner bemächtigt. Er wollte nichts weiter als nach<br />

Hause gehen, sich hinsetzen und ausruhen.<br />

Es war nach zweiundzwanzig Uhr, als er seine Wohnung<br />

erreichte. Um dreiundzwanzig Uhr dreißig würde<br />

der Lichtstrom von der Hauptleitung her abgeschaltet<br />

werden. Er ging in die Küche und goß fast eine ganze<br />

Teetasse voll Victory-Gin hinunter. Dann ging er zu dem<br />

Tisch in der Nische, setzte sich und zog das Tagebuch aus<br />

der Schublade. Aber er schlug es nicht sofort auf. Aus<br />

dem Televisor kreischte eine blecherne Frauenstimme ein<br />

patriotisches Lied. Er saß da und starrte, in dem Versuch,<br />

die Stimme aus seinem Bewußtsein auszuschalten, den<br />

marmorierten Buchdeckel an.<br />

Nachts holten sie einen, immer in der Nacht. Das<br />

Richtige war, sich umzubringen, ehe sie einen abholten.<br />

Zweifellos gab es Menschen, die das taten. Viele Fälle<br />

von Verschwinden waren in Wirklichkeit Selbstmorde.<br />

Aber man brauchte den Mut der Verzweiflung, um sich in<br />

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