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George Orwell - 1984.pdf

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Wenn er von Mord, Selbstmord, Geschlechtskrankheit,<br />

amputierten Gliedmaßen und veränderten Gesichtern<br />

sprach, so geschah es mit einem leisen Unterton von Spott.<br />

»Das läßt sich nicht vermeiden«, schien seine Stimme zu<br />

sagen, »das müssen wir unerbittlich tun. Aber wir tun<br />

es nicht mehr, wenn erst das Leben wieder lebenswert<br />

sein wird.«<br />

Eine Welle der Bewunderung, fast der Verehrung, wallte<br />

in Winston für O’Brien auf. Für einen Augenblick hatte<br />

er die Schattengestalt Goldsteins vergessen. Wenn man<br />

O’Briens mächtige Schultern und sein derbgeschnittenes,<br />

unschönes und doch so gewinnendes Gesicht ansah, konnte<br />

man sich unmöglich vorstellen, er könnte jemals eine<br />

Niederlage erleiden. Es gab keine Kriegslist, der er nicht<br />

gewachsen war, keine Gefahr, die er nicht vorhersah. Sogar<br />

Julia schien beeindruckt. Sie hatte ihre Zigarette ausgehen<br />

lassen und lauschte gespannt. O’Brien fuhr fort:<br />

»Sie werden Gerüchte vom Vorhandensein der Brüderschaft<br />

gehört haben. Zweifellos haben Sie sich Ihr eigenes<br />

Bild von ihr gemacht. Sie haben sich vermutlich eine weitverzweigte<br />

Untergrundbewegung von Verschwörern vorgestellt,<br />

die sich heimlich in Kellern treffen, Mitteilungen an<br />

Häusermauern kritzeln und einander an Losungsworten<br />

oder einem besonderen Händedruck erkennen. Nichts<br />

dergleichen gibt es. Die Mitglieder der Brüderschaft<br />

haben keine Mittel, einander zu erkennen, und es besteht<br />

keine Möglichkeit, daß ein Mitglied mehr als ein paar<br />

sehr wenige als ihm persönlich bekannt nennen könnte.<br />

Goldstein selbst könnte der Gedankenpolizei, wenn er ihr<br />

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