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George Orwell - 1984.pdf

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ehe die Wachen in die Zelle hereinstürmen konnten. Die<br />

Klinge würde mit schneidender Kälte in ihn eindringen,<br />

und sogar die Finger, die sie hielten, würden bis auf den<br />

Knochen durchgeschnitten werden. Alles hing von seinem<br />

hinfälligen Körper ab, der zitternd vor dem kleinsten<br />

Schmerz zurückschreckte. Er war nicht sicher, ob er die<br />

Rasierklinge benützen würde, sogar wenn sich ihm die<br />

Möglichkeit bot. Es war natürlicher, von einem Augenblick<br />

auf den anderen zu leben, weitere zehn Minuten Leben<br />

mit der Gewißheit hinzunehmen, daß ihn am Ende die<br />

Folterung erwartete.<br />

Manchmal versuchte er, die Porzellankacheln an den<br />

Wänden der Zelle zu zählen. Es mußte ganz leicht sein, aber<br />

er verzählte sich immer wieder an der einen oder anderen<br />

Stelle. Noch öfter fragte er sich, wo er sich wohl befand<br />

und welche Tageszeit es war. In dem einen Augenblick<br />

hatte er das sichere Gefühl, draußen sei heller Tag, im<br />

nächsten war er ebenso sicher, daß stockfinstere Dunkelheit<br />

herrschte. Hier an diesem Ort, wußte er instinktiv,<br />

wurde nie die künstliche Beleuchtung ausgeschaltet. Es<br />

war der Ort, an dem es keine Dunkelheit gab: Er erkannte<br />

jetzt, warum O’Brien die Anspielung verstanden zu haben<br />

schien. Im Ministerium für Liebe gab es keine Fenster.<br />

Seine Zelle konnte im Innersten des Gebäudes gelegen<br />

sein oder hinter seiner Außenmauer, zehn Stockwerke<br />

unter dem Erdboden oder dreißig darüber. Er versetzte<br />

sich im Geist von Ort zu Ort und versuchte gefühlsmäßig<br />

zu entscheiden, ob er sich hoch droben in der Luft befand<br />

oder tief unter der Erde begraben war.<br />

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