21.08.2013 Aufrufe

George Orwell - 1984.pdf

George Orwell - 1984.pdf

George Orwell - 1984.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

sondern Partei-Intellektuelle, kleine rundliche Männer<br />

mit raschen Bewegungen und blitzenden Brillengläsern,<br />

die ihn, einander ablösend, in Zeitspannen von – wie<br />

er glaubte, denn sicher konnte er es nicht sagen – zehn<br />

oder zwölf Stunden unaufhörlich bearbeiteten. Diese ihn<br />

jetzt Vernehmenden sorgten dafür, daß er ständig unter<br />

der Betäubung eines leisen Schmerzes stand, aber in der<br />

Hauptsache verließen sie sich nicht auf den Schmerz. Sie<br />

schlugen ihn wohl ins Gesicht, verdrehten ihm die Ohren,<br />

rissen ihn an den Haaren, ließen ihn auf einem Bein<br />

stehen, erlaubten ihm nicht, Wasser zu lassen, hielten ihm<br />

blendendes Licht vor das Gesicht, bis ihm die Tränen aus<br />

den Augen liefen; aber alles das diente nur dazu, ihn zu<br />

demütigen und ihm die Kraft zum Widerstand und zu<br />

vernünftigem Denken zu nehmen. Ihre wirkliche Waffe<br />

war das unerbittliche Verhör, das weiter und immer weiter<br />

ging, Stunde um Stunde, das ihn aus dem Konzept brachte,<br />

ihm Fallen stellte, alle seine Worte verdrehte, ihn bei jedem<br />

Schritt der Lügen und des Widerspruchs schuldig erklärte,<br />

bis er aus Beschämung sowie aus nervöser Erschöpfung zu<br />

weinen anfing. Manchmal weinte er ein halbes Dutzend<br />

Mal im Verlauf einer einzigen Vernehmung. Die meiste Zeit<br />

schrien sie ihn mit Schimpfnamen an und drohten ihm<br />

bei jedem Zögern, ihn wieder den Wachen auszuliefern.<br />

Manchmal aber änderten sie plötzlich ihre Tonart, nannten<br />

ihn Genosse, ermahnten ihn im Namen von Engsoz und<br />

dem Großen Bruder und fragten ihn kummervoll, ob er<br />

denn sogar jetzt noch nicht genügend Treue der Partei<br />

gegenüber aufbringen könnte, um zu wünschen, das getane<br />

357

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!