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George Orwell - 1984.pdf

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Zustellung geöffnet wurden. Es schrieben praktisch auch<br />

nur wenig Leute Briefe. Für die Mitteilungen, die man<br />

sich gelegentlich zu machen hatte, gab es vorgedruckte<br />

Postkarten mit einer Anzahl von Sätzen, von denen man<br />

die nichtzutreffenden durchstrich. Überdies wußte er ja<br />

nicht einmal den Namen des Mädchens, geschweige denn<br />

ihre Adresse. Schließlich kam er zu dem Schluß, daß der<br />

sicherste Ort die Kantine blieb. Wenn er sie allein an<br />

einem Tisch irgendwo in der Mitte des Raumes, nicht zu<br />

nahe von einem Televisor und inmitten des alles übertönenden<br />

Stimmengewirrs erwischen konnte – und seien<br />

diese Vorbedingungen auch nur dreißig Sekunden lang<br />

gegeben –, so konnte es möglich sein, ein paar Worte<br />

mit ihr zu wechseln.<br />

Während der folgenden Woche war das Leben wie ein<br />

quälender Traum. Gleich am Tage darauf erschien sie erst<br />

in der Kantine, als er aufbrechen mußte, weil die Sirene<br />

bereits ertönte. Vermutlich war sie einer späteren Schicht<br />

zugeteilt worden. Sie gingen ohne einen Seitenblick aneinander<br />

vorbei. Am nächsten Tage saß sie zu der üblichen<br />

Zeit in der Kantine, aber zusammen mit drei anderen<br />

Mädchen und unmittelbar unter einem Televisor. Dann<br />

erschien sie drei schreckliche Tage lang überhaupt nicht<br />

mehr. Winston schien an Körper und Geist von einer<br />

unerträglichen Übersensibilität heimgesucht zu werden, er<br />

war wie aus Glas, so daß jede Bewegung, jeder Laut, jede<br />

Berührung, jedes Wort, das er aussprechen oder anhören<br />

mußte, zur Qual wurde. Sogar im Schlaf konnte er sich<br />

nicht völlig von ihrem Bild freimachen. Während dieser<br />

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