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George Orwell - 1984.pdf

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sich preßte, entdeckte er, daß er ein lebenswarmes Gesicht<br />

küßte und nur eine puderartige, bröselige Staubschicht<br />

seinen Lippen im Weg war. Ihre Gesichter waren dicht<br />

mit Mörtel überzogen.<br />

An manchen Abenden kamen sie an ihren Treffpunkt<br />

und mußten ohne ein Zeichen hintereinander hergehen,<br />

weil gerade eine Streife um die Ecke gebogen kam oder<br />

ein Helikopter über ihnen schwebte. Aber auch wenn es<br />

weniger gefährlich gewesen wäre, bestanden noch genug<br />

Schwierigkeiten, die Zeit für ein Rendezvous zu erübrigen.<br />

Winstons Arbeitswoche hatte sechzig Stunden, und<br />

Julias war sogar noch länger; ihre freien Tage schwankten<br />

je nach der Dringlichkeit der Arbeit und deckten sich<br />

selten. Julia jedenfalls hatte kaum einen Abend ganz für<br />

sich. Sie verwandte erstaunlich viel Zeit auf den Besuch<br />

von Vorträgen und die Teilnahme von Demonstrationen,<br />

teilte Flugschriften für die Jugendliga gegen Sexualität<br />

aus, nähte Fahnen für die Haß-Woche, sammelte für den<br />

Sparfeldzug und dergleichen mehr. So etwas machte sich<br />

bezahlt, meinte sie; es war die beste Tarnung. Wenn man<br />

die kleinen Gesetze einhielt, konnte man gegen die großen<br />

verstoßen. Sie veranlaßte Winston sogar, noch einen seiner<br />

freien Abende zu opfern, indem er sich als Helfer bei der<br />

Munitionsstückarbeit verpflichtete, die von den eifrigen<br />

Parteimitgliedern freiwillig verrichtet wurde. So verbrachte<br />

Winston an einem Abend jeder Woche vier fürchterlich<br />

langweilige Stunden mit dem Zusammenschrauben von<br />

Metallstückchen, die vermutlich Bestandteile von Bombenzündern<br />

waren – in einer zugigen, schlecht beleuchteten<br />

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