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Experimentelle Untersuchung von Versprechern bei Zwangspatienten ...

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<strong>Experimentelle</strong> <strong>Untersuchung</strong> <strong>von</strong> <strong>Versprechern</strong> <strong>bei</strong> <strong>Zwangspatienten</strong><br />

1 EINLEITUNG 1<br />

Sprechen ist für den Menschen eine seiner komplexesten Fähigkeiten. Durchschnittliche<br />

Sprechraten liegen <strong>bei</strong> zwei bis drei Wörtern pro Sekunde, die aber auch bis zu fünf Wörtern<br />

ansteigen können (Levelt, 1998). Diese Wörter müssen in dieser Zeit aus einem sogenannten<br />

mentalen Lexikon, dessen Umfang sich Schätzungen zufolge <strong>bei</strong> einem normalen, des Lesens<br />

kundigen Erwachsenen auf etwa 30.000 bis 60.000 Wörtern beläuft, selegiert, spezifiziert,<br />

enkodiert und motorisch programmiert werden (Levelt, 1989, 1992). Die Versprecherrate ist<br />

laut Garnham, Shillcock, Brown, Mill und Cutler (1982) erstaunlich gering; sie berichten eine<br />

Fehlerrate <strong>von</strong> einem Fehler pro tausend produzierter Wörter (vgl. auch Junglas, 2002).<br />

Das Analysieren <strong>von</strong> <strong>Versprechern</strong>, das bis heute als eine wichtige Methode <strong>bei</strong> der<br />

Erforschung <strong>von</strong> Sprachproduktionsprozessen gilt, hat das Ziel, Prozesse zu erforschen, die<br />

dem Sprechen zu zugrunde liegen (Cutler, 1982; Levelt, 1999). Freud (1901, 1916) sah im<br />

Versprechen eine Bestätigung seiner Tiefenpsychologie, wo<strong>bei</strong> er bewusste, vorbewusste und<br />

unbewusste Intentionen als die eigentliche Ursache <strong>von</strong> <strong>Versprechern</strong> betrachtete. Freud<br />

(1916) ging in seiner Fehlleistungstheorie da<strong>von</strong> aus, dass der Kompromisscharakter <strong>von</strong><br />

<strong>Versprechern</strong> (Kompromissfehler, kontrollierte Fehler) <strong>bei</strong> kritischem Sprechmaterial das<br />

Resultat aus dem Konflikt zwischen der Hauptintention (korrekter sprachlicher Ausdruck)<br />

und einer zu ihr in Konkurrenz tretenden störenden Intention ist. Ein (nach Freud<br />

unbewusster) Kontrollprozess verhindert die Artikulation <strong>von</strong> konflikthaftem Material, was<br />

bedeutet, weder die eine noch die andere Intention kann sich vollständig durchsetzen.<br />

Die Freudschen unbewussten Versprecher sind mit die bekanntesten sprachpsychologischen<br />

Phänomene. Dies spiegelt sich in der wissenschaftlichen Forschung der kognitiven<br />

Psychologie allerdings nicht wider. Vermutlich liegt dies an der Einschätzung<br />

naturwissenschaftlich orientierter Forscher, Freuds Theorien seien nicht überprüfbar oder,<br />

wenn Poppers (1969) Terminologie benutzt wird, nicht falsifizierbar. Dies allerdings schließt<br />

nicht aus, die Psychoanalyse als Heuristik für die Entwicklung <strong>von</strong> Fragestellungen zu<br />

verwenden, die mit neueren kognitionspsychologischen Methoden untersucht werden können.<br />

Anknüpfend an Experimente <strong>von</strong> Motley (1980), der versucht hat, über induzierte<br />

Sprechfehler Hypothesen zu prüfen, die aus der Psychoanalyse gewonnen wurden und unter<br />

Berücksichtigung der Grünbaumschen (1988) Kritik, Motley habe nicht den Einfluss<br />

unbewusster Gedanken auf die Versprecher nachgewiesen, haben Schüttauf, Bredenkamp und<br />

1 Der Einfachheit halber erlaube ich mir, zur Unterstützung einer flüssigen Satzmelodie, mich wesentlich im<br />

Maskulinen auszudrücken, wo<strong>bei</strong> es gleichermaßen jeweils um weibliche wie männliche Personen geht.<br />

7

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