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Der Kapitän der BORUSSIA spricht jetzt aus, was auf allen Schiffen verdrängte Gewißheit ist:<br />
„Herr Kapitän Pfafferott, wir haben jetzt alle Rettungsmittel geborgen, die ihren Kameraden<br />
vom MS FIETE SCHULZE zur Verfügung standen und alle, die mit deren Hilfe überlebten.<br />
Das Schiff sank vor ungefähr vierzig Stunden. Sie wissen das so gut wie ich, außerhalb eines<br />
Rettungsmittels lebt hier niemand mehr. Mein Schiff hat einen festen Fahrplan und wir sind<br />
zwei Tage im Verzug. Ich spreche den Schiffen ihrer Reederei mein Beileid für ihre auf See<br />
gebliebenen Kameraden aus. Wir setzen unsere Reise mit Zielhafen Hamburg fort.<br />
Dort übergeben wir auch die von uns geborgenen drei Besatzungsmitglieder der FIETE<br />
SCHULZE.“<br />
Auch jetzt nachwendisch lese ich immer noch in einschlägigen Veröffentlichungen, die seltsame<br />
Formulierung: MS VÖLKERFREUNDSCHAFT übernahm nach dem Untergang der<br />
FIETE SCHULZE die Leitung des gesamten Notverkehrs, da Coruna Radio den Aufgaben<br />
nicht gewachsen war.<br />
Aber in diesem Falle veröffentlichen die Autoren auch heute noch die Lesart der DDR-<br />
Parteistrategen zur Kaschierung des Politikums, das sich damals dort draußen in der Biscaya<br />
an der Front des kalten Krieges abspielte.<br />
Die VÖLKERFREUNDSCHAFT steuert mit Bestimmungshafen Algier, aus dem englischen<br />
Kanal kommend, die Position unseres Suchkonvois an. Ab Mittag gibt sie auf der Notwelle<br />
500 KHz schon ihren „Senf“ dazu. Anders kann ich es nicht bezeichnen.<br />
Nun, gegen 16.00 Uhr als sich BORUSSIA und CEUTA nach hervorragend getaner Ar<strong>bei</strong>t (!)<br />
verabschieden, übernimmt die VÖLKERFREUNDSCHAFT den Notverkehr?? Im Gegenteil,<br />
sie jodelt schon aus weiter Ferne und fordert die westdeutschen Schiffe BORUSSIA<br />
und CEUTA auf, unbedingt vor Ort zu bleiben und ihr die geborgenen Schiffbrüchigen zu<br />
übergeben.<br />
Das hat absolut nichts mit der Leitung eines Notverkehrs zu tun, der war längst bewältigt!<br />
Der Kapitän der VÖLKERFREUNDSCHAFT besteht sehr hartnäckig auf seiner Forderung.<br />
Auf allen Schiffsbrücken der DDR-Suchschiffe schämt man sich dafür.<br />
Die DDR-Schiffe setzten die Suche währenddessen weiter fort, hören natürlich den Funkverkehr<br />
mit.<br />
Die VÖLKERFREUNDSCHAFT hat einen Sender direkt nach Berlin geschaltet und von den<br />
dortigen Landeiern die Weisungen zu befolgen. Der Kapitän ist nicht zu beneiden.<br />
Wiederum die BORUSSIA sagt jetzt dem hartnäckigen Kapitän der VÖLKERFREUNDSCHAFT<br />
sehr deutliche Worte: „Herr Kapitän, die von uns geborgenen Überlebenden schlafen jetzt.<br />
Sie sind gut versorgt und untergebracht. Wir sind ein Schnelldampfer und laufen 22 Meilen<br />
und damit direkt nach Deutschland. Sie gehen nach Algier und verlangen gegen jegliche<br />
seemännische Vernunft <strong>bei</strong> dieser Wettersituation das erneute Ausbooten der soeben Geretteten?<br />
Diese Unvernunft kann ich nicht unterstützen. Mein Schiff ist ohnehin schon in erheblichem<br />
Verzug. Ich laufe ab nach Hamburg, over and out!“<br />
Die JASMINA wartet auf ihrer Position. Sie möchte ihre 18 Logiergäste und die drei tot<br />
Geborgenen schon loswerden.<br />
Die CEUTA reagiert nicht ganz so konsequent, wie der Kapitän der BORUSSIA, meldet aber<br />
doch erhebliche Bedenken an. Das Schiff geht nach Las Palmas und würde ohne weiteres die<br />
sieben geretteten Männer dort an Land absetzen.<br />
Während diesen Disputs suchen alle DDR-Schiffe das Seegebiet weiterhin ab, aber alle<br />
hören mit, schütteln mit dem Kopf und schämen sich.<br />
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