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Eine Beleidigung von irgendwo und irgendwann, auf irgendeinem Schiff einmal Untergegangener.<br />
Nichts Genaues weiß aber nicht ein einziger aus der ersten Reihe dieser Protestdemo.<br />
Je nach Charakter hat die eine niedere Charge fast Tränen in den Augen, die andere<br />
ballt dagegen die Fäuste.<br />
Nachdem wir die Mädels zum Platz begleitet haben, geht das Zeremoniell weiter.<br />
Jochen hat sein Seefahrtsbuch da<strong>bei</strong>. Damit fuhr er schon vier Jahre <strong>bei</strong>m Fischkombinat am<br />
Armeeschießgebiet Adlergrund vor<strong>bei</strong>, nach Labrador, der Georgebank oder in die Barentssee<br />
und das auch, wenn der Wind recht heftig blies und der Trawler vereiste.<br />
Der am heftigsten gestikulierenden Pappnase hält Jochen nun sein Seefahrtsbuch unter die<br />
selbe. Das beruhigt augenblicklich die Aufgebrachten.<br />
Wir verlassen die Kultstätte für Deutsche Seekriegsgeschichte. Getrunken haben wir nicht<br />
viel und sehen uns ziemlich nüchtern für den Heimweg auf dem Markt nach einem Taxi um.<br />
Der Weg zur Schwedenschanze ist weit. Ein Matrose aus Parow gesellt sich zu uns. Seine<br />
Einheit in Parow liegt noch ein paar Kilometer weiter draußen in der Taiga.<br />
Der Taxifahrer bringt erst den Parower Matrosen zu seiner Kaserne und fährt dann, nicht aus<br />
der Stadt, sondern eben aus der Taiga kommend vor ‘die Objekt’ vor. Genau vor dem Schilderhäuschen<br />
des Wachhabenden läßt uns freundlicherweise der Fahrer aussteigen.<br />
Unsere traute Umgebung mit ihrem anheimelnden Flair hat uns wieder.<br />
„Wie können Menschen in einer derartigen Kulisse nur ihr ganzes Berufsleben verbringen<br />
und die Hälfte davon, mit Grüßen von Vorgesetzten vergeuden?“ geht mir durch den Kopf.<br />
Wir zücken unsere Ausweise, grüßen artig den Wachposten und grüßen nach drei Schritten<br />
den GOvD (Gehilfe des Offizier vom Dienst). Von diesem werden wir freundlichst, nach Art<br />
des Hauses wieder willkommen geheißen:<br />
“Wissen sie, daß sie hier nicht halten dürfen? Hier ist Halteverbot!“<br />
Wir machen Männchen und Meldung und erklären dem diensthabenden Gehilfen, daß das<br />
Taxi durch einen Taxifahrer chauffiert wurde, was ein GOvD ja nicht wissen kann. Eben dieser<br />
Chauffeur habe auch das Fahrzeug direkt vor dem Eingang zum Halten gebracht.<br />
Unsere Erläuterungen sind anscheinend zu hoch gestochen für den Offizier, denn er fragt im<br />
Gegenzug und gehobenem Ton: „Kennen sie die Verkehrszeichen nicht?“<br />
Die Situation eskaliert schon wieder leicht.<br />
„Nöö, wir sind nur Radfahrer“ beantwortet Jochen die Frage und bestätigt damit unseren<br />
Blödmannstatus. Nachdem wir unsere Namen und die Einheit nennen müssen, sind wir als<br />
solche völlig entlarvt. Als Reservisten fallen wir in dieser Kaderschmiede unter die Kategorie<br />
„nutzlose Zivilisten“, die sogar zum richtigen Taxifahren zu dusselig sind, wie es sich ja<br />
gerade zeigte.<br />
Als wir wegtreten dürfen, dürfen wir wieder antreten an höherer Stelle. „Genossen Maaten!<br />
Zu mir!“ dröhnt es auf uns herab. Der OvD (Offizier vom Dienst) verfolgte aus dem Fenster<br />
seines Dienstzimmers im ersten Stock gelehnt, den Disput vor der Wache. Das da<strong>bei</strong> erzielte<br />
Ergebnis war aus seiner Sicht unbefriedigend. Vor seinem Schreibtisch stillgestanden, haben<br />
wir seiner ausgefeilten Rhetorik zu lauschen. Zu welchem Thema er doziert, kann ich nicht<br />
wiedergeben.<br />
Ich höre nicht mehr zu.<br />
Mich interessiert brennend die Telefonanlage in dem Dienstzimmer. Als ich mich während<br />
„stillgestanden“ zur Betrachtung der selben zu weit vorbeuge, ziehe ich mir den Zorn des<br />
Genossen Kapitänleutnants zu.<br />
Werner Sanders Interesse gilt der Landkarte an der Wand und Jochen findet auch etwas<br />
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