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Wiener Schmäh und seinem chinesischen Tüpfelchen darauf. Ich muß erst einmal wieder<br />
eine Runde schmunzeln und löffle zum Sympathie-Beweis das Zeug in mich hinein, mit<br />
Stäbchen ist es ohnehin nicht zu packen. Aber viele Jahre danach, an den Korallenriffen der<br />
Karibik, habe ich diesem Nahrungsmittel ‘lebig’ durch die Taucherbrille tief in die Augen<br />
gesehen. Zehn Jahre nach dem Verzehr der chinesischen Seegurken hat es mich dann nachträglich<br />
unter Wasser noch gewürgt.<br />
44<br />
Das Cloche merle von Shanghai<br />
Über der 12 Millionen-Stadt Shanghai wölbt sich eine ständige Dunstglocke. Nicht so herb<br />
wie über Athen oder Mexiko-City und auch fast unsichtbar, aber unüberriechbar. Knoblauch!<br />
Wir steigen zu zweit in den Bus zum Fähranleger, d.h. wir werden von 20 Mann hinter uns die<br />
Treppe hinauf gepreßt, obwohl nach unserem Raumordnungsverfahren erst einmal zwanzig<br />
Mann hätten aussteigen müssen, damit wir zwei überhaupt hinein passen. Aber die zwanzig<br />
freundlichen Damen und Herren hinter uns, die uns das Einsteigen überhaupt ermöglichen,<br />
fahren auch noch alle mit.<br />
Alle in blauem Anzug und Mütze mit rotem Stern.<br />
Nach dem ersten Atemzug in dem Bus verweigert meine Lunge einen zweiten.<br />
Die ranghöheren Knoblauchmoleküle haben allen Sauerstoffatomen die Mitfahrt verboten.<br />
Wir laufen blau an.<br />
Ich kralle mich <strong>bei</strong>m nächsten Halt an der blauen Wattejacke eines Aussteigewilligen fest<br />
und entgehe durch das gerade noch rechtzeitige Erreichen des Heckausstieges dem Erstikkungstod.<br />
An der Bushaltestelle steht, wie alle nasenlang, ein Spucknapf. Der verfügt über eine ausgeklügelte<br />
Mechnik. Der Spuckbedürftige bedient nach dem Herantreten einen Fußtritt, darauf<br />
öffnet sich oben die blecherne Abdeckung des Topfes und man könnte dann sorgfältig in<br />
das Behältnis spucken.<br />
Das aber macht kein Schwanz.<br />
Jeden männlichen Einwohner Shanghai’s bedrängt aber ein ständiges Spuckbedürfnis und<br />
so bombardiert jeder männliche Einwohner Shanghai’s, mit mehr oder weniger guter Trefferquote,<br />
<strong>bei</strong>m Passieren jeden Spucknapf schon aus großer Entfernung. Manche Exemplare<br />
ähneln dann den Stalagmiten der Tropfsteinhöhlen. Es herrschen Minusgrade!<br />
Wir gehen am Fluß ein Stück zu Fuß und stehen vor einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Eine<br />
gelungene Wellblechkonstruktion mit an den Dachecken hochgezogenen Spitzen im Teehaus-look.<br />
Dazu noch in Top-Lage an der Flußpromenade.<br />
Ich schaue hinein. Das vorher genossene Shanghai-Bier und der Mao-Dei bestehen darauf.<br />
Das langgezogene Gebäude hat an jeder Stirnseite eine Türöffnung, aber keine Tür. So ist der<br />
Tempel gut belüftet und leicht zu betreten.<br />
Von einer Öffnung zur anderen führt ein gefliester Mittelgang. Links und rechts von diesem<br />
befinden sich in ca. 70 cm-Abstand Griffstangen und zwischen diesen, weiter nach hinten<br />
eingerückt, im Boden eingelassene Fußabdrücke. Wieder weiter nach hinten versetzt, schon<br />
fast an der wellblechigen Rückwand ist ein Loch im Fußboden eingelassen. Wenn man nun<br />
mit chinesischen anatomischen Standardmaßen seine Hufe in den Fußabdrücken postiert,<br />
leicht in die Hocke geht und, um diese zu halten, sich an den Griffstangen verankert, kann<br />
man problemlos, absolut mittschiffs in das Loch in den Fußboden kacken.<br />
Bei der Kälte raucht das ordentlich!