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augenblicklich am Straßenrand. 1960 ist in Shanghai motorisiert kaum etwas unterwegs.<br />

Unser Vorturner klopft an der erstbesten Haustür.<br />

Ein altes hutzeliges Mütterchen öffnet. Ihr wird erklärt und wir in kleineren Gruppen in die<br />

gute Stube gebeten. Das Interieur besteht aus einer Bett- und Kochstelle, Tisch und Stuhl<br />

und wenigen Behältnissen, aufgestellt auf gestampftem Lehmboden. Die Frau beginnt zu<br />

plaudern, unser Führer zu übersetzen: „before the revolution....hatte ich 5 Söhne. (Mädchen<br />

sind in China ohnehin nicht erwähnenswert). Vier meiner Söhne sind Hungers gestorben,<br />

einer ist im Krieg geblieben. Jetzt, after the revolution......geht es mir gut, ich bin glücklich<br />

und zufrieden.<br />

Entweder hat nun unser Dolmetscher und Abgesandter des natürlich auf Propaganda bedachten<br />

Seemannsclub der chinesischen Freunde eine vorgefertigte englische Standardübersetzung<br />

für alle Gelegenheiten auf seiner Festplatte, oder im China des großen Mao sind<br />

nun alle Chinesen auf Befehl oder freiwillig glücklich ohne Ende.<br />

Unter diesem Aspekt ist es wichtig zu erwähnen: zu dieser Zeit, in der ich China besuche,<br />

erhält der chinesische Ar<strong>bei</strong>tnehmer keinen Urlaub. Lediglich 52 freie Sonntage im Jahr und<br />

im Februar zum Blütenfest einige freie Tage, aber nur derjenige, der anläßlich dieses<br />

Familienfestes zum Verwandtenbesuch größere Entfernungen überbrücken muß. Es gibt keine<br />

finanzielle Altersversorgung.<br />

Die jungen Schaffenden kümmern sich um die Versorgung der alten erwerbsunfähigen An<br />

gehörigen. Nur <strong>bei</strong>m Fehlen solcher Familienbande springt der Staat unterstützend ein.<br />

Achthundert Millionen Chinesen tragen die gleiche Kleidung und den gleichen Haarschnitt.<br />

Die Frauen schnüren unter der blauen Wattejacke mit straffen Binden ihre Brust platt und<br />

drücken sie unter die Achseln. Weibliche Kurven zu zeigen haben die alten Herren der<br />

„Viererbande“ verboten. Aber im Moment sind die prüden alten Herren noch die leitenden<br />

Genossen ZK-Mitglieder unter Führung des weisen Mao.<br />

Zum Blütenfest nach Hsingkang<br />

Unsere vorher mit Salz vollgeschütteten Luken sind besenrein. Wir versegeln in das Gelbe<br />

Meer nach Nordchina. Hsingkang sollen wir anlaufen.. „Wir haben ein wenig Pech“ erläutert<br />

mir der ‘Second’, „es ist jahreszeitlich noch zu früh, wenn wir Nordchina erreichen, aber ein<br />

paar Wochen später, ist Hsingkang ein blühendes Paradies. Besonders zur Zeit der Mandelblüte.“<br />

Die Brühe, vor dem weit in der Ferne liegenden Hafen im Gelben Meer ist noch gelber als die<br />

vor Shanghai. In dieser schwabbeln wir auf Reede erst einmal 14 Tage umher. Neben uns auf<br />

Reede schwoit vor Anker der polnische Frachter JAN MATEKU im kalten nordchinesischen<br />

Wind. Mit den polnischen Kollegen plauschen wir gelegentlich funktechnisch. Doktor Pfeil<br />

entfernt einem polnischen Seemann <strong>bei</strong> der Gelegenheit einen dickmachenden Zahn.<br />

Ansonsten passiert nichts Aufregendes. Hsingkang besteht nur aus Gegend, einen Meter<br />

hoch und so weit das Auge reicht. Als einzige Attraktion sticht eine in den Schlamm gebaute<br />

Pier mit zwei Kränen, eine Hafenverwaltung und ein Seemannsclub ins Auge. Vor dem Gartenzaun-Portal<br />

des Seemannsclubs kämpfen zwei mickrige Bäumchen in dieser Salzsteppe<br />

täglich erneut um ihr Überleben. Diese <strong>bei</strong>den Durchhaltetypen sind, so weit das Auge<br />

reicht, die einzigen Erscheinungsformen irgendwelchen botanischen Lebens. Die zwei verkrumpelten<br />

Gewächse würden also die sagenhafte Mandelblüte hervorbringen, <strong>bei</strong> entsprechender<br />

Jahreszeit natürlich nur.<br />

Second, du Schlawiner!<br />

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