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Klaipeda hat kein nervenaufreibendes Nachtleben. Aber im „Club Rabotja“ steppt der Bär. Es<br />

ist Anfang Januar und man huldigt dem „Djed Moroc“ (Väterchen Frost). Im „Club Rabotja“<br />

ist „Danzuwatch wokrug jolku“, der Tanz um den Weihnachtsbaum. Wir nehmen in einer<br />

größeren Abordnung an diesem kulturellen Höhepunkt teil. Als Kälteschutzausrüstung führt<br />

jeder eine Flasche „Schilkin Wodka“ am Mann, natürlich im Wintermantel verborgen. Im Club<br />

toddert Afanassja Filipowa erst einmal eine Runde mit uns. Wir haben keine Kopeken für den<br />

Eintritt. „Da Da, dla wodku u was ... ist wohl Geld immer vorhanden, aber die paar Kopekitschki<br />

Eintrittsgeld habt ihr nicht!“ Die Ausmecker geht ihr so locker über die Lippen, ich vermute<br />

ihr Alter daheim ist nicht zu beneiden und hört diese Litanei in ähnlicher Form sicher auch in<br />

der Woche fünf Mal.<br />

Ich lade die Babuschka zu einer Daumenbreite aus meiner Buddel ein, das stimmt sie milder.<br />

Ludmilla im „Club Rabotja“ ist Kumpeline. Sie schließt unsere übergewichtigen Wintermäntel<br />

vorsorglich ein Deck höher in der dortigen leeren Garderobe ein. Sicher ist sicher. Der<br />

Verdunstungsfaktor sowohl für Kälteschutzmittel als auch für Wintermäntel nimmt ab der<br />

deutsch - polnischen Grenze im Quadrat der Entfernung zu. Wir schauen dann während der<br />

herrlichen Weihnachtsfeier ab und zu nach der freundlichen Ludmilla und unseren Wintermänteln.<br />

Den Einheimischen fällt dann zunehmend unser angenehmer Mundgeruch auf, das<br />

Aroma ist ihnen so fremd nicht.<br />

Um das friedliche Weihnachtsfest auch friedlich über die Runden zu bringen, verweigert man<br />

diesen darbenden Menschen berauschende Getränke.<br />

In der Mitte des Saales steht eine prächtige Fichte, die „Jolka“ eben. Von denen wachsen in<br />

dieser Gegend reichlich. Oben in der Stuck-Decke des Saales ist ein Loch in das Mauerwerk<br />

geschlagen, darin klappert das entastete, noch schaufelstiel-starke obere Ende des Baumes.<br />

Die Jolka dreht sich nämlich.<br />

Dieses bewerkstelligt ein am Fußende aufgestellter E-Motor mit Keilriemen und Riemenscheibe.<br />

Über das Zuleitungskabel auf dem Tanzboden hüpft man <strong>bei</strong>m ‘dancing’ am günstigsten<br />

im Schuhplattler-Rhythmus.<br />

Die Musik ist natürlich handgemacht, life!<br />

Nur Sitzgelegenheiten sind die absolute Mangelware.<br />

Ludmilla besorgt uns aber sechs Stühle. Damit besetzen wir so eine Art VIP-Longe. An<br />

Steuerbordseite des großen Saales stehen die Damen zwanglos herum.<br />

Mittschiffs ackert die Jolka.<br />

An Backbord lümmeln die Tänzer an der Wand.<br />

Wenn der Kapellmeister auf der Bühne die Violine hebt, nehmen die Tänzer, die es an diesem<br />

Abend noch zu was bringen möchten, eine so ähnliche Startposition ein, wie das Starterfeld<br />

eines olympischen 3000-Meter-Laufes. Der Kapellmeister sagt dann das Musikstück an, an<br />

dem sich für den nächsten Tanz um den Weihnachtsbaum das Estradenorchester versuchen<br />

wird. Bei dem angekündigten Titel: „Walz grasunowa“ stürze ich auch aus den Startlöchern.<br />

Bei einem Walzer kann man ja nichts versauen. Ich schaffe 10,5 sec. auf hundert Meter und<br />

erreiche außer Atem meinen Schwarm. Ordentlicher Diener: “rasreschietje ?“<br />

Ich hieve Nataschenka ‘tide’ und walze mit ihr um die Jolka. Da<strong>bei</strong> muß oben herum auf die<br />

längeren herausragenden Äste geachtet werden, die einem in der Drehbewegung entgegenschleudern.<br />

Es erweist sich ar<strong>bei</strong>tschutzgünstiger, mit der Drehrichtung der Jolka zu walzen,<br />

oder überhaupt den Nahbereich zu meiden.<br />

Wenn das Stromkabel auf dem Boden wieder überhüpft werden muß, hat man eine Runde<br />

erfolgreich absolviert.<br />

Die Kapelle gönnt sich eine größere Pause.<br />

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