DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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2 Geschichtliche Grundlagen:<br />
Lebenswelten der Frau im Biedermeier<br />
Ähnlich groß wie die Unterschiede zwischen den einzelnen Schichten der noch ständisch<br />
geprägten Gesellschaft Anfang des 19. Jahrhunderts waren auch die Differenzen zwischen<br />
den Lebenswelten der Frauen. Inmitten dieser Vielfalt richtet diese Arbeit ihren Fokus<br />
auf die Darstellung weiblicher Lebenswelten im Zeitfenster des Biedermeier und beschränkt<br />
sich damit zugleich auf den urbanen Raum. Damit liegt der Schwerpunkt der Skizzierung<br />
weiblicher Lebensentwürfe dort, wo auch Grillparzer den Großteil seiner Lebenszeit verbrachte.<br />
Die bäuerliche Bevölkerung, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge<br />
der „Landflucht“ verstärkt in die Städte drängte und dort durch billige Lohnarbeit in einer der<br />
zahlreichen Fabriken ihren Lebensunterhalt finanzierte, bleibt ausgespart. 30 Gleiches gilt <strong>für</strong><br />
die Frauen aus ländlichen Gebieten. 31<br />
2.1 Politische und rechtliche Grundlagen<br />
Auf die zehnjährige Amtszeit Josephs II., eines Vertreters des aufgeklärten Absolutismus,<br />
folgte eine restaurative Phase. Nachdem Josephs unmittelbarer Nachfolger, Kaiser Leopold<br />
II., nach nur zwei Jahren Regentschaft verstorben war, folgte ihm 1792 dessen Sohn<br />
Franz II. (I.). auf den Thron. Der zweite Habsburger, der neben Kaiser Franz in die Epoche<br />
des Biedermeier fällt, ist dessen Sohn Kaiser Ferdinand I., der nach dem Tod des Vaters im<br />
Jahr 1835 die Regentschaft übernahm, bis er 1848 abdanken musste. 32<br />
Kaiser Franz vertrat gemeinsam mit seinem Staatskanzler Clemens Wenzel Lothar<br />
Fürst von Metternich einen strikten Kurs gegen sämtliche nationale und liberale Bestrebungen.<br />
33 Selbst der Staatsbeamte Grillparzer geriet mit Metternichs ausgeprägtem Spitzel- und<br />
Zensurwesen unter der Leitung des Polizeipräsidenten Sedlnitzky mitunter heftig in Konflikt.<br />
34 Obgleich Grillparzer diesem System kritisch gegenüberstand, verkörperte dieser Staat<br />
30 Vgl. Vocelka, Karl: Geschichte Österreichs. Kultur – Gesellschaft – Politik. Mit Zeittafeln, Biographien und<br />
Hinweisen auf Museen und Sammlungen. München: Wilhelm Heyne Verlag 2002 (Heyne Sachbuch Nr.<br />
19/827), S. 221.<br />
31 Zur Definition des Begriffes „Bürgertum“ im 19. Jahrhundert vgl. Kocka, Jürgen: Das europäische Muster und<br />
der deutsche Fall. In: Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich. Eine Auswahl.<br />
Hg. v. Jürgen Kocka. 3 Bde. Bd. 1: Einheit und Vielfalt Europas. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1995<br />
(Kleine Vandenhoek-Reihe 1573), S. 9-84.<br />
32 Vgl. zum Stammbaum der Habsburger ebd., S. 374-375.<br />
33 Vgl. ebd., S. 174.<br />
34 Ein Beispiel <strong>für</strong> einen Konflikt mit der Zensurbehörde war die Campo-Vaccino-Affäre. Grillparzers Gedicht<br />
an die Ruinen des campo vaccino (1819) enthielt die Botschaft, dass die christliche Kultur die antike Tradition<br />
vernichtet habe. Das Gedicht wurde zensiert, Grillparzer mit der Entlassung bedroht (vgl. Scheit, Gerhard: Grillparzer,<br />
S. 51-52). Dennoch war Grillparzers Verhältnis zu Metternich ambivalent. Die spöttische Ablehnung von<br />
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