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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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und deren Bewertung aus einem historischen Blickwinkel entwickelte sich aus Gesprächen<br />

mit Prof. Pia Janke. 1<br />

1.2 Überblick über den Forschungsstand<br />

Bereits am Beginn des 20. Jahrhunderts entstehen erste Arbeiten, die sich mit der Gestaltung<br />

der Frauenfiguren Franz Grillparzers beschäftigen. Bis in die 1950er-Jahre kommen<br />

diese Analysen zum einhelligen Schluss, dass Grillparzer ein einfühlsamer Kenner der weiblichen<br />

Psyche sei und die Gestaltung weiblicher Charaktere meisterhaft verstehe. 2<br />

Seit den späten 1960er-Jahren gelten psychoanalytische Betrachtungsweisen als geeigneter<br />

Zugang zu den Grillparzer-Texten. Heinz Politzers grundlegende Grillparzer-Studie<br />

ist ein Musterbeispiel <strong>für</strong> die konsequente Verfolgung dieses Ansatzes. Politzer attestiert<br />

Grillparzer psychologische Fähigkeiten, bezieht sich dabei allerdings sowohl auf die Gestaltung<br />

weiblicher als auch männlicher Figuren. 3 Eine ähnliche Position vertreten Walter Naumann<br />

und Helmut Bachmaier. 4 In den 1980er- und 1990er-Jahren dominieren die Gender Studies<br />

als literaturtheoretische Methode die Grillparzer-Frauenforschung. Dagmar C. G. Lorenz<br />

entwickelt ihre Analyse aus einem sozialgeschichtlichen Ansatz, den sie – beispielsweise<br />

durch die Einflechtung von Tagebucheinträgen – stark mit dem biographischen Hintergrund<br />

des Autors auflädt. 5 Lorenz gelangt zu dem Schluss, dass sich in Grillparzers Werken die Misogynie<br />

der abendländischen Kultur spiegle. 6 Grillparzer vertrete in diesem Kontext allerdings<br />

„eine unverkennbar revolutionäre Tendenz“, da er die gesellschaftlich bedingten Rollenzuschreibungen<br />

fallweise in Frage stelle. 7<br />

1 Die Aktualität des Dichters Grillparzer untersuchte Anna Babka im Jahr 1992 mittels Befragung von 150 Personen.<br />

Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Großteil der Befragten bereits einmal „etwas“ von Grillparzer<br />

gelesen hat, dies allerdings „schon länger her“ sei. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei um<br />

Schullektüre handelte, Grillparzer in der Privatlektüre allerdings nicht zu den vielgelesenen Autoren zählt. Vgl.<br />

Babka, Anna: Zur Aktualität Franz Grillparzers. In: Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. 3. Folge. Bd. 18<br />

(1991-1992). Hg. von Robert Pichl und Hubert Reitterer. <strong>Wien</strong>: Hora Verlag 1992, S. 357-379, S. 359-360.<br />

2 Zu diesem Ergebnis kommen beispielsweise die Studien von Francis Wolf-Cirian und Hildegard Essler. Vgl.<br />

Wolf-Cirian, Francis: Grillparzers Frauengestalten. Stuttgart: Cotta 1908 und Essler, Hildegard: Die Frau Grillparzers.<br />

Dissertation. Univ. <strong>Wien</strong> 1945. Zit. n. Janke, Pia: Gescheiterte Authentizität. Anmerkungen zu Grillparzers<br />

Frauenfiguren. In: Lenau Jahrbuch 26 (2000), S. 57-72, S. 57.<br />

3 Vgl. Politzer, Heinz: Franz Grillparzer oder das abgründige Biedermeier. Mit einem Vorwort von Reinhard<br />

Urbach. <strong>Wien</strong>/Darmstadt: Paul Zsolnay Verlag 1990.<br />

4 Vgl. Naumann, Walter: Franz Grillparzer. Das dichterische Werk. 2. Veränderte Aufl. Stuttgart u.a.: W. Kohlhammer<br />

Verlag 1967 (Sprache und Literatur 42) und Bachmaier, Helmut: Nachwort. In: Grillparzer, Franz: Der<br />

Traum ein Leben. Stuttgart: Reclam 2005 (RUB 4385), S. 94-96.<br />

5 Lorenz, Dagmar C. G.: Frau und Weiblichkeit bei Grillparzer. In: Der Widerspenstigen Zähmung. Studien zur<br />

bezwungenen Weiblichkeit in der Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Hg. v. Sylvia Wallinger u. Monika<br />

Jonas. Innsbruck: <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Germanistik</strong> der <strong>Universität</strong> Innsbruck 1986 (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft<br />

Germanistische Reihe Bd. 31), S. 201-216.<br />

6 Vgl. ebd., S. 207.<br />

7 Vgl. ebd., S. 216.<br />

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