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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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sehen erweist sich die biedermeierliche Familienidylle als starres Gefüge, das der Frau nur<br />

geringen Handlungsspielraum gewährt:<br />

Die Frau wurde nachdrücklich in die Familie verwiesen. Politische Handlungsfähigkeit<br />

sprach man ihr weitgehend ab […] Die Familie wurde als konfliktlos gedacht,<br />

man huldigte der Idylle des unpolitischen Familienlebens und übertünchte so die politisch<br />

höchst relevante Unterdrückung der Frau und der Kinder durch den autoritären<br />

Familienvater, der selbst Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse war. 73<br />

Für das Bürgertum war die Wahrung der Geschlossenheit ihres Standes gegenüber niedrigeren<br />

Gesellschaftsschichten bei der Wahl des Ehepartners ausschlaggebend, wie Gabriella Hauch<br />

feststellt. 74 Eine noch bedeutendere Rolle als die standesgemäße Absicherung habe allerdings<br />

der finanzielle Ertrag einer Verbindung gespielt. 75 In der Realität siegte daher immer wieder<br />

das Geld über die Gefühle. Mit der Absage an die „Geldehe“ zugunsten einer Liebesheirat<br />

war es oft nicht weit her: „Väterlicher- und sicher auch mütterlicherseits wurde sehr wohl<br />

überlegt, wie die Sprößlinge [sic] am profitabelsten ‚unter die Haube‘ zu bringen wären.“ 76<br />

Die verheiratete Frau erwartete die täuschende Behaglichkeit des familiären Miteinanders, das<br />

sich als Festschreibung eines rückwärtsgewandten Frauenbildes entpuppte. Diese verstärkte<br />

Betonung des Häuslichen stattete die Frau allerdings auch mit einer gewissen innerfamiliären<br />

Macht aus. Die Familie wurde zur Keimzelle des zivilisierten Menschen, dessen Formung in<br />

der Hand der Mütter lag. 77<br />

Dass die von Hauch dargestellte Koppelung der Begriffe „Frau und Häuslichkeit“ bereits<br />

während der Biedermeierzeit erste Brüche aufweist, versucht Konstanze Mittendorfer zu<br />

zeigen. Mittendorfer warnt vor der „dichotomische[n] Verwendung des Begriffspaares öffentlich/häuslich:<br />

Wechselwirkungen zwischen den beiden Sphären wurden so übersehen, der<br />

Blick der Frauenforschung blieb allzu sehr auf das Haus fixiert […].“ 78 Es würde in der Tat zu<br />

kurz greifen, die bürgerliche Frau der Biedermeierzeit als völlig von der Außenwelt abgeschnittenes<br />

Wesen wahrzunehmen. Nichtsdestotrotz blieb das häusliche Umfeld eine wesentliche<br />

Konstituente im Leben dieser Frauen. Freilich gilt es dabei zu bedenken, dass „die alltägliche<br />

Praxis des Zusammenlebens des Großteils der <strong>Wien</strong>er Bevölkerung dem öffentlich<br />

präsentierten und verbreiteten Ideal nicht entsprach.“ 79<br />

73 Ebd., S. 160.<br />

74 Hauch, Gabriella: Frau Biedermeier auf den Barrikaden, S. 25.<br />

75 Vgl. ebd., S. 25.<br />

76 Ebd., S. 25.<br />

77 Ebd., S. 26.<br />

78 Mittendorfer, Konstanze: Die ganz andere, die häusliche Hälfte: Wi(e)der die Domestizierung der Biedermeierin.<br />

In: Bürgerliche Frauenkultur im 19. Jahrhundert. Hg. v. Brigitte Mazohl-Wallnig. <strong>Wien</strong>/Köln/Weimar: Böhlau<br />

1995 (L’Homme Schriften Bd. 2), S. 27-80, S. 28.<br />

79 Ebd., S. 57-58.<br />

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