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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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) Gülnare<br />

Ähnlich wie Mirza muss auch Gülnare auf vertraute Frauen in ihrem Umfeld verzichten,<br />

wenngleich das Personenverzeichnis zumindest auf einige „Frauen und Dienerinnen Gülnarens“<br />

(HKA, S. 96) hinweist. Doch anders als bei Mirza greifen die patriarchalen Unterdrückungsmechanismen<br />

bei Gülnare nicht. Je größer der Druck um sie herum wird, desto stärker<br />

präsentiert sich die Prinzessin von Samarkand. Zeichen von Schwäche wie beim Anblick der<br />

Schlange („Entfernt dies Schreckbild!“, HKA, S. 126, V. 881) oder der Leiche des Vaters<br />

(„Herr, zu dir gehen meine Schritte. / Tot im Staube liegt mein Vater“, HKA, S. 162, V. 1883-<br />

1884) treten gegen Schluss des Dramas zugunsten von kämpferischen Ansagen zurück. So<br />

behauptet sich Gülnare etwa im Disput um den stummen Kaleb, der den Namen des Königsmörders<br />

auf eine Tafel schreiben will, entschieden gegen Rustan:<br />

RUSTAN Halt! […]<br />

Ich verbiete, daß er schreibe!<br />

GÜLNARE Ich befehle, daß ers soll!<br />

RUSTAN Stellt ihn mir! Mir fest ins Auge<br />

Mag er schauen und vergehn! […]<br />

Auf! Wer ficht <strong>für</strong> diesen Alten?<br />

Ich will Gegenpart ihm halten.<br />

GÜLNARE Nicht wer stärker, wer im Recht,<br />

Zeige Einsicht statt Gefecht!<br />

Schreib du nur! Wo ist die Feder?<br />

Er verlor sie, bringt ihm neue. […] (HKA, S. 173, V. 2181-2197)<br />

Ähnlich entschlossen verschafft Gülnare auch den gegen Rustan rebellierenden Kriegern rund<br />

um Karkhan Gehör. Rustan fügt sich mit dem fadenscheinigen Hinweis, dass es sich lediglich<br />

um den „Wunsch“ einer „Dame[..]“ handle, dem er „gern“ nachkomme (HKA, S. 173, V.<br />

2059-2061). Tatsächlich spricht Gülnare allerdings einen „Befehl“ aus, der Rustan keine Alternativen<br />

lässt:<br />

RUSTAN auf Karkhan zeigend:<br />

Führt sie fort!<br />

GÜLNARE Wer sind die Leute?<br />

RUSTAN Hochverräter.<br />

KARKHAN Unterdrückte,<br />

Die zu deinen Füßen flehn.<br />

Die drei knieen.<br />

GÜLNARE Laßt sie sprechen. […]<br />

Billig scheint, was sie begehren.<br />

RUSTAN Wär es so, ich würds gewähren.<br />

GÜLNARE Und wenn ichs nun selber wünsche?<br />

RUSTAN Wünsche! Wünsche!<br />

GÜLNARE Und befehle.<br />

RUSTAN Ließe gleich sich mancherlei<br />

Noch entgegnen diesem Spruche,<br />

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