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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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ereits im ersten Aufzug sichtbar, als Massud seiner Tochter von einem Streit zwischen dem<br />

Jäger Osmin und Rustan berichtet. Auch hier spiegelt sich die untergeordnete Rolle der Frau<br />

im Gesprächsverlauf wider:<br />

MIRZA Streit? Mit wem?<br />

MASSUD Mit Osmin, heißt es,<br />

Unsers Emirs ältstem Sohn,<br />

Der am Hof zu Samarkand<br />

In des Königs Kammer dient,<br />

Und, mit Urlaub bei dem Vater,<br />

Sich den Jägern beigesellt.<br />

Rustan schlug nach ihm und –<br />

MIRZA Mehr noch?<br />

MASSUD Und sie griffen zu den Waffen.<br />

MIRZA Waffen?<br />

MASSUD Doch man schied sie schnell,<br />

Und der Streit ward ausgetragen.<br />

MIRZA Doch vielleicht –<br />

MASSUD Sei ruhig, Kind!<br />

Osmin ist schon heimgekehrt<br />

Und nichts weiter zu besorgen.<br />

Aber Rustan ahnet wohl,<br />

Daß mir Kunde seiner Raschheit,<br />

Und er scheut, mir zu begegnen.<br />

Kaum wirds vollends Nacht, so schleicht er,<br />

Seines Oheims Blick vermeidend,<br />

Leise wohl in sein Gemach.<br />

Darum, Mirza, laß uns gehn;<br />

Unsre Gegenwart, bedünkt mich,<br />

Hielt ihn wohl so lange fern.<br />

MIRZA Und ihr zürnt ihm?<br />

MASSUD Sollt ich nicht?<br />

Siehst du mich schon flehend an? […] (HKA, S. 102-103, V. 185-208)<br />

Ein Hinweis auf männlich dominierte Machtstrukturen in diesem Dialog ist die Anrede des<br />

Vaters mit dem distanzierten Personalpronomen „ihr“. Mirza gebraucht es in einem Interrogativsatz,<br />

mit dem sie sich direkt an Massud wendet: „Und ihr zürnt ihm?“ (HKA, S. 103, V.<br />

207). Ein weiteres Detail des Textes ist in ähnlicher Weise sinnbildlich <strong>für</strong> die patriarchalisch<br />

geprägte Gesellschaft, in der Mirza zu verorten ist. Die wartende Frau des Jägers Kaleb trägt<br />

in der von Mirza beobachteten Begrüßungsszene einen „Knabe[n]“ (und nicht etwa bloß ein<br />

Kind unbestimmten Geschlechts oder gar ein Mädchen) auf dem Arm:<br />

MIRZA […]Jener Jäger, Kaleb ists,<br />

Sieh, sein Weib eilt ihm entgegen<br />

Mit dem Kleinen an der Brust.<br />

Wie er eilt sie zu erreichen!<br />

Und der Knabe streckt die Hände<br />

Jauchzend nach dem Vater aus. –<br />

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