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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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zur ehelichen Pflicht, Treue und anständigen Begegnung.“ 42 Die Formulierung „anständige[…]<br />

Begegnung“ lässt Raum zur Interpretation, wurde doch dem Mann als Oberhaupt der<br />

Familie im ABGB von 1811 die Anwendung von Gewalt – durchaus auch in physischer Form<br />

– zugebilligt: „Die Rechte, welche vorzüglich dem Vater als Haupt der Familie zustehen, machen<br />

die väterliche Gewalt aus.“ 43 Unmissverständlich machte das Gesetz hier deutlich, dass<br />

im familiären Gefüge der Biedermeierzeit ausschließlich der Mann den Ton angab.<br />

Ein Blick in das Kapitel Eherecht des ABGB von 1811 offenbart eine Fülle von Paragraphen,<br />

die die Freiheit der Frauen deutlich einschränkten. So waren beispielsweise die innerfamiliären<br />

Machtstrukturen per Gesetz festgeschrieben: „Der Mann ist das Haupt der Familie.<br />

In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es<br />

liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattinn [sic] nach seinem Vermögen den<br />

anständigen Unterhalt zu verschaffen, [sic] und sie in allen Vorfällen zu vertreten.“ 44 Die Frau<br />

musste sich im Haus den Anordnungen des Mannes fügen und von ihm in sämtlichen gerichtlichen<br />

Angelegenheiten vertreten lassen, da ihr selbst jegliche Rechtsfähigkeit abgesprochen<br />

wurde. Überdies hatte die Frau dem Ehemann in seinen Haushalt zu folgen, seinen Namen<br />

anzunehmen und „so weit es die häusliche Ordnung erfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln<br />

sowohl selbst zu befolgen, als befolgen zu machen.“ 45 Dies bedeutete, dass es der Frau<br />

oblag, die Einhaltung der vom Mann vorgegebenen Regeln bei Kindern und eventuell vorhandenen<br />

Dienstboten einzufordern.<br />

Die gesellschaftliche Geringschätzung der Frauen zeigte sich auch an der Tatsache,<br />

dass es weiblichen Personen nicht gestattet war, als Testamentszeuginnen zu fungieren. In der<br />

Erläuterung wurden Frauen in einem Atemzug mit körperlich Beeinträchtigten genannt: „Die<br />

Mitglieder eines geistlichen Ordens; Frauenspersonen und Jünglinge unter achtzehn Jahren,<br />

Sinnlose, Blinde, Taube, [sic] oder Stumme, dann diejenigen welche die Sprache des Erblassers<br />

nicht verstehen, können den letzten Anordnungen nicht Zeugen seyn.“ 46 Es verwundert<br />

wenig, dass im Paragraph 192 auch davon abgeraten wird, Frauen eine Vormundschaft zu<br />

übertragen: „Auch Personen weiblichen Geschlechtes, Ordensgeistlichen und Einwohner<br />

fremder Staaten, [sic] soll in der Regel keine Vormundschaft übertragen werden.“ 47<br />

42 § 90 ABGB 1811, S. 32.<br />

43 § 147 ABGB 1811, S. 57.<br />

44 §91 ABGB 1811, S. 32.<br />

45 § 92 ABGB 1811, S. 33.<br />

46 § 591 ABGB 1811, S. 113.<br />

47 § 192 ABGB 1811, S. 75.<br />

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