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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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wenn auch der kapitalistisch organisierte Bereich der Gesellschaft mehr Mobilität zuließ, die<br />

allerdings häufig vertikal, nicht horizontal verlief.“ 85 Die Darstellung der Standeszugehörigkeit<br />

war <strong>für</strong> das Bürgertum des Biedermeier von entscheidender Bedeutung. Doch es waren<br />

nicht nur die Angehörigen des Bürgertums, sondern Menschen aus allen gesellschaftlichen<br />

Schichten, „die alles daran setzten, ihren sozialen Status durch ihr Äußeres und demonstrativen<br />

Einsatz von Konsumattributen möglichst hoch erscheinen zu lassen und dessen Vorteile<br />

zu genießen.“ 86 Je mehr gesellschaftliche Zusammenkünfte in die eigenen vier Wände verlagert<br />

werden mussten, desto wichtiger wurde auch die repräsentative Ausstattung der Innenräume.<br />

Die Präsentation des familiären Wohlstandes oblag der Frau: „Der in vielen Häusern<br />

demonstrierte Wohlstand und gesellschaftliche Status, nach traditioneller Rollenverteilung<br />

von der Hausfrau arrangiert“ schuf eine „an ästhetischen Werten orientierte Atmosphäre“. 87<br />

Neben edlen Möbelstücken, teuren Stoffen und idyllischen Bildern zählte auch die gut<br />

gekleidete Frau zu einem Schmuckstück in diesem begehbaren Guckkasten:<br />

Die (Ehe-)Frau spielte dabei eine tragende und geschlechtsspezifisch nur von ihr auszufüllende<br />

Rolle: Während der Mann sie in allen rechtlichen und politischen Angelegenheiten<br />

des öffentlichen Lebens vertrat, wo sie absent zu bleiben hatte, und sein<br />

Einkommen den materiellen Spielraum der gemeinsamen Existenz setzte, war sie es,<br />

die den wirtschaftliche Erfolg und das häusliche Wohlleben dort sichtbar machte, wo<br />

der Mann zunehmend weniger präsent war, im häuslichen Bereich und in den Augen<br />

der Gesellschaft. 88<br />

Die mit diesen Repräsentationsaufgaben einhergehende weibliche Verfügungsgewalt über<br />

einen gewissen Teil des Familieneinkommens bietet bei genauerem Hinsehen allerdings wenig<br />

Spielraum, denn die Kontrolle über die Familienfinanzen oblag dem Ehemann.<br />

Einen elementaren Bestandteil der Biedermeierkultur bildeten die Salons. Für den Literaturwissenschaftler<br />

Friedrich Sengle ist die Salonkultur des Biedermeier deshalb von Bedeutung,<br />

weil sie „die Familie mit der großen Welt vermittelt“. 89 Da in der Öffentlichkeit<br />

durch politische Restriktionen – wie Versammlungsverbot und Zensur – nur wenig Möglichkeit<br />

bestand, mit dieser großen Welt in Kontakt zu treten, holte man sich die große Welt kurzerhand<br />

nach Hause. Zu diesem Zweck der halb-öffentlichen Begegnung entstanden die Salons,<br />

die sich im Biedermeier zu den Mittelpunkten des gesellschaftlichen Lebens entwickelten.<br />

Geführt wurden die Salons in der Regel von den Damen der Oberschichten. Gabriella<br />

85 Vocelka, Karl: Geschichte Österreichs, S. 221.<br />

86 Mittendorfer, Konstanze: Wi(e)der die Domestizierung der Biedermeierin, S. 60.<br />

87 Bruckmüller, Ernst u. Hannes Stekl: Zur Geschichte des Österreichischen Bürgertums, S. 180.<br />

88 Mittendorfer, Konstanze: Wi(e)der die Domestizierung der Biedermeierin, S.60.<br />

89 Vgl. Sengle, Friedrich: Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und<br />

Revolution 1815-1848. 3 Bde. Bd. 1: Allgemeine Voraussetzungen, Richtungen, Darstellungsmittel. Stuttgart:<br />

Metzler 1971, S. 136.<br />

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