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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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nach der Würde der Priesterin.“ 140 Heros Selbstbewusstsein grenzt tatsächlich durchaus an<br />

Überheblichkeit. Dies tritt vor allem im Umgang mit untergeordneten Bediensteten zutage,<br />

etwa wenn sich der Tempelhüter bei Hero nach dem unbekannten Mann erkundigt: „Wohl<br />

sahst du ihn, und mußtest ihn wohl sehn!“ worauf ihm Hero unwirsch antwortet: „Muß ich?<br />

Bin ich denn Wächter so wie du?“ (HKA, S. 59, V. 1275-1279). Sogar gegenüber dem Priester<br />

bezieht sie gegen den Wachmann Stellung: „Der Mann da ist nicht klug.“ (HKA, S. 59, V.<br />

1279). Auch in der Interaktion mit den Dienerinnen verdichtet sich Heros Stolz mitunter zu<br />

Hochmut. So gerät Hero mit ihrer Dienerin Janthe und den übrigen Mädchen über vernachlässigte<br />

Pflichten in Streit:<br />

JANTHE Ei seht, sie tadelt uns, weil wir die Kanne,<br />

Das wenige Gerät nicht weggeschafft.<br />

HERO Viel oder wenig, du hasts nicht getan.<br />

JANTHE Wir waren früh am Werk und sprengten, fegten.<br />

Da kam die Lust, im Grünen uns zu jagen.<br />

HERO Drauf gingt ihr hin und – Nun, beim hohen Himmel!<br />

Als du den leichten Fuß erhobst und senktest,<br />

Kam dir der Vorhof deiner Göttin nicht,<br />

Dein unvollendet Werk dir nicht vors Auge?<br />

Genug, ich fass’ euch nicht, wir wollen schweigen. (HKA, S. 13, V. 56-65)<br />

Dieses altkluge Verhalten Heros wirkt aufgesetzt und scheint nicht aus innerster Überzeugung<br />

zu resultieren. Heros Dienerin Janthe thematisiert diese Ambivalenz und hält Hero mehrfach<br />

Einwände entgegen, die in einer entwaffnenden Feststellung gipfeln: „Weil du so grämlich<br />

bist und einsam schmollst, / Beneidest du den Frohen jede Lust.“ (HKA, S. 13, V. 66-67).<br />

Hero spürt wohl bereits zu diesem Zeitpunkt, noch lange vor der Begegnung mit Leander,<br />

dass Janthes Behauptung zutrifft. Zunächst versucht Hero, sich mit ihrer Bestimmung zur<br />

Priesterin zu verteidigen. Als dies Janthes Spott nur noch mehr anfacht, bemüht Hero ihre<br />

Autoritätsposition, die auf Janthe freilich kaum Eindruck macht: „Nun schweig!“ muss Hero<br />

die Dienerin auffordern und ihre Anweisung mehrmals wiederholen: „Schweige, sag’ ich“,<br />

„Sprich nicht und reg dich nicht!“ und „Du sollst nicht reden, sag’ ich, nicht ein Wort!“<br />

(HKA, S. 13-14, V. 81-90.)<br />

Heros aggressive Abwehrhaltung gegenüber weltlichen Freuden verdeutlicht, dass<br />

diese Versuchungen sehr wohl ihr Interesse wecken und sie sich mit aller Kraft dagegen<br />

wehrt. Diese verborgene Seite von Heros Charakter entblößt Grillparzer in der Szene mit der<br />

Taube, deren Nest aus dem Aphrodite-Tempel entfernt werden soll:<br />

PRIESTER zu dem Diener, der das Nest in ein Körbchen gelegt, auf<br />

dem oben die brütende Taube sichtbar ist:<br />

140 Ebd.<br />

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