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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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zugleich Grillparzers Arbeitgeber und seine Heimat: „Das Metternichsche System gab ihm<br />

nicht nur Anlaß [sic] 35 zu ständiger Unruhe und Unlust, es verlieh ihm auch eine Art von widerwilliger<br />

Identität.“ 36<br />

In diesem restaurativen Klima wurden die Rechtlosigkeit der Frauen und die Diskriminierung<br />

auf Grund ihres Geschlechtes im Jahr 1811 im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch<br />

(ABGB) festgeschrieben, das 1812 in Kraft trat. 37 Die Formulierung der Paragraphen<br />

des ABGB wurde allerdings noch unter Joseph II. in Angriff genommen. Dabei stützte man<br />

sich wesentlich auf den Codex Theresianus, das Kodifikationswerk aus der Regierungszeit<br />

Maria Theresias. 38 Die Historikerin Magret Friedrich untersuchte die Parallelen zwischen beiden<br />

Gesetzeswerken und deutet die vielen sehr allgemein übernommenen Formulierungen im<br />

Eherecht des ABGB als Mittel zur Sicherung patriarchalischer Herrschaftsstrukturen:<br />

Das ganze Vorhaben [der Ausformulierung des ABGB, Anm.] stand jedoch auch im<br />

Spannungsfeld von Durchsetzung vertragsrechtlicher Gleichheitsvorstellungen und Sicherung<br />

bestehender Vorherrschaften. So waren die Juristen bemüht, im Eherecht die<br />

männliche Vorherrschaft und im Kindschaftsrecht die „patria potestas“ [väterliche<br />

Herrschaftsgewalt, Anm.] zu garantieren. Oberster Grundsatz war und blieb daher,<br />

dass der Mann das Haupt des Hauses beziehungsweise der Familie sei. Außerdem<br />

wurde gefordert, in diesen zwischenmenschlichen Bereichen möglichst wenig explizit<br />

zu regeln, […] um bestehende Machtverhältnisse nicht anzutasten. 39<br />

Dennoch klangen manche Paragraphen des ABGB zunächst nach einer annähernd gleichen<br />

Machtverteilung zwischen Mann und Frau: So umfassten die grundlegenden Aufgaben beider<br />

Eheleute 40 sowohl moralische als auch physische Verpflichtungen, wie „in unzertrennbarer<br />

Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beystand zu<br />

leisten“. 41 Ähnlich lautete der Paragraph 90 ABGB, der versuchte, auch den Mann vorsichtig<br />

in die Pflicht zu nehmen: „Vor Allem [sic] haben beyde Theile eine gleiche Verbindlichkeit<br />

Metternichs Maßnahmen wandelte sich in späteren Jahren zur Hoffnung auf politische Stabilität, die Grillparzer<br />

in Metternich verkörpert sah. Vgl. zum Verhältnis Grillparzer und Metternich: Nie, Jun: Franz Grillparzer als<br />

Autor des österreichischen Biedermeier. Diplomarbeit. Univ. <strong>Wien</strong> 1990.<br />

35 Zur Orthografie: In Bezug auf die S-Schreibung wurde die „alte“ Rechtschreibung in den wörtlichen Zitaten<br />

durchgängig ohne Verweis [sic] beibehalten, da die verwendete Grillparzer-Werkausgabe von Helmut Bachmaier<br />

den Originaltext der Dramen sowie sämtliche Kommentare in ebendieser Schreibweise wiedergibt. Wörtliche<br />

Zitate enthielten andernfalls mitunter mehrere Verweise auf geänderte Orthografie, was die Lesbarkeit stark<br />

einschränken würde. Auf offensichtliche Fehler abseits der S-Schreibung in Grammatik, Orthografie und Zeichensetzung<br />

wird jedoch in eckigen Klammern hingewiesen.<br />

36 Politzer, Heinz: Franz Grillparzer oder das abgründige Biedermeier, S. 103.<br />

37 Vgl. Vocelka, Karl: Geschichte Österreichs, S. 227.<br />

38 Friedrich, Margret: Zur Genese der Stellung der Ehefrau im österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch.<br />

In: L’Homme. Zeitschrift <strong>für</strong> Feministische Geschichtswissenschaft 14 (2003), H. 1, S. 97-109, S. 97.<br />

39 Ebd., S. 98.<br />

40 Bei der Eheschließung im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1811 handelte es sich um einen bürgerlichen<br />

Vertrag. Die Eheschließung – im Regelfall zweier Katholiken– erfolgte vor einem katholischen Priester.<br />

41 § 93 ABGB 1811, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch <strong>für</strong> die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen<br />

Monarchie. I. Theil. <strong>Wien</strong>: Aus der K.k. Hof- u. Staatsdruckerey 1811, S. 33.<br />

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