DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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Was des Säckels Inhalt faßt,<br />
Den ich gab als Reisezehrung,<br />
Es sei dein, nur aber scheide!<br />
ZANGA Wirklich frei?<br />
MASSUD Du bists! (HKA, S. 192, V. 2667-2678)<br />
Zwar ist Massud sofort bereit, den Sklaven freizulassen und Rustan wieder in sein Haus aufzunehmen,<br />
doch bei Rustans dritter Bitte – jener nach der Hand Mirzas – lässt Massud den<br />
Neffen zappeln. Mirza hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Gespräches.<br />
Ihr Wort hat in dieser patriarchalen Hierarchie offenbar kein Gewicht. Mirzas Teilhabe an<br />
dieser Verhandlung über den weiteren Verlauf ihres Lebens bleibt auf empathische Interjektionen<br />
beschränkt. Mirzas Einwürfe klingen wie das retardierende Echo von Phrasen, die der<br />
Vater oder der zukünftige Ehemann zuvor verwendet haben:<br />
RUSTAN Oheim, höre!<br />
MIRZA Hör ihn, Vater! (HKA, S. 193, V. 2702-2703)<br />
[…]<br />
MASSUD Horch!<br />
MIRZA Mein Vater!<br />
MASSUD Leise Töne!<br />
MIRZA Sprich ein Wort! (HKA, S. 193, V. 2706-2709)<br />
[…]<br />
RUSTAN Nun hinab, ihr dunkeln Träume!<br />
Vater, sprich ein gütig Wort!<br />
MASSUD Schau, sie nahen, schau sie kommen!<br />
Neigen nun sich vor er Sonnen.<br />
MIRZA Vater! Sprichst du nicht?<br />
MASSUD leise: Ei später!<br />
Laß uns horchen jetzt, nur leis! (HKA, S. 193, V. 2715-2720)<br />
Und doch ist es schließlich Mirza, die Massud das Versprechen <strong>für</strong> eine Ehe abringt, als<br />
Rustan im entscheidenden Moment stockt. Die Verzweiflung angesichts der väterlichen Ignoranz<br />
macht Mirza mutig:<br />
RUSTAN eben so:<br />
Aber dann –?<br />
MIRZA eben so: Versprich es!<br />
MASSUD Stille!<br />
RUSTAN UND MIRZA sich umfassend:<br />
Vater! Oheim!<br />
MASSUD noch immer nach außen hinhorchend, mit der linken Hand<br />
das Zeichen der Einwilligung gebend, leise:<br />
Ja doch; seis!<br />
Die Beiden sinken, ihn umfassend, auf die Kniee. Die<br />
Töne klingen noch immer fort. Der Vorhang fällt. (HKA, S. 194, V. 2721-2725)<br />
Mirzas Abhängigkeit von männlicher Verfügungsgewalt zeigt sich durchgängig in allen ihren<br />
Auftritten. Ähnliche sprachliche Interaktionsmuster wie in der zitierten Schlussszene werden<br />
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