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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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Übst du geheime Künste, die Verbrechen?<br />

War’s doch als fühlt’ich in der eignen Brust,<br />

Den Stich nach jenem Bild. (HKA, S. 507, V. 628-633)<br />

In einem Monolog gegenüber der Königin fasst Alphons im vierten Aufzug zusammen, welche<br />

negativen Eigenschaften auf Rahel projiziert werden. All diese Merkmale dienen zugleich<br />

als Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Anwendung von Unterdrückungsstrategien zur Domestizierung<br />

Rahels:<br />

KÖNIG stehen bleibend:<br />

Sieh nur, du hast das Mädchen nicht gekannt.<br />

Nimm alle Fehler dieser weiten Erde,<br />

Die Torheit und die Eitelkeit, die Schwäche,<br />

Die List, den Trotz, Gefallsucht, ja die Habsucht,<br />

Vereine sie, so hast du dieses Weib.<br />

Und wenn, statt Zauber, rätselhaft du’s nennst,<br />

Daß jemals sie gefiel, so stimm’ ich ein […] (HKA, S. 537, V. 1455-1461)<br />

Karin Hagl-Catling meint, dass die vielfältigen Zuschreibungen, die im Verlauf der Handlung<br />

mit Rahel verbunden werden, stünden mitunter in diametralem Gegensatz zueinander stünden:<br />

„Sowohl diese Dämonisierung als auch das alle negativen Weiblichkeitszuschreibungen umfassende<br />

Bild, das Alfons im Gespräch mit der Königin zeichnet, stehen in unaufgelöstem<br />

Widerspruch zu seinen ‚Kindheits-‘ und ‚Paradies-Utopien.‘“ Diese Behauptung Hagl-<br />

Catlings lässt sich freilich widerlegen: Denn Alphons’ Infantilisierung der Geliebten kann<br />

nicht nur als positive Utopie, sondern ebenso plausibel auch als Strategie zur bewussten Herabwürdigung<br />

Rahels und zugleich als Mittel zur Steigerung des sexuellen Lustgewinnes gedeutet<br />

werden. Analog lässt sich Hagl-Catlings „Paradies-Utopie“ 216 anzweifeln: Ihre Deutung,<br />

Alphons imaginiere Rahel als dämonische Verführerin, um „das Bild der ‚Madonna‘ auf<br />

seine unerotische, ‚tugendhafte‘ Gattin zu projizieren“, bleibt angreifbar. Naheliegender ist<br />

die Erklärung, dass Rahels Dämonisierung eine bewusst gewählte männliche Strategie im<br />

Umgang mit der „rebellische[n] Dimension der weiblichen Erotik“ 217 ist und die Anwendung<br />

von Kontrollmechanismen rechtfertigen soll.<br />

Eine weitere Strategie zur Schwächung von Rahels gesellschaftlicher Position ist die<br />

reduzierte Kommunikation zwischen dem König und seiner Geliebten. Alphons spürt die Unruhe,<br />

die seine Affäre mit Rahel bei Hofe auslöst, doch er bespricht sich nicht mir ihr und<br />

nimmt Rahel damit die Möglichkeit, angemessen zu reagieren. Als Rahel beim Aufbruch des<br />

Königs nachfragen will, verweigert er ihr eine nähere Auskunft:<br />

KÖNIG […] Und ihr lebt wohl!<br />

216 Vgl. Hagl-Catling, Karin: Für eine Imagologie der Geschlechter, S. 242-243.<br />

217 Janke, Pia: Gescheiterte Authentizität, S. 65.<br />

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