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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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Die im ABGB von 1811 gesetzlich festgeschriebene Sicherung patriarchalischer Herrschaftsformen<br />

und der damit einhergehenden Rechtlosigkeit der Biedermeierfrau korrespondierte<br />

mit ihrem Rückzug in den privaten Bereich, der angesichts der restriktiven politischen<br />

und rechtlichen Bestimmungen als logische Konsequenz erscheint. 54<br />

2.2 Unterricht und Erziehung<br />

Bildung war <strong>für</strong> das Bürgertum eine bedeutende Möglichkeit, die eigene Emanzipation<br />

zu zelebrieren. Daher wurde auf die Ausbildung der Kinder großer Wert gelegt. Freilich waren<br />

die Lerninhalte <strong>für</strong> Buben und Mädchen unterschiedlich festgelegt, weshalb der Unterricht<br />

getrennt durchgeführt wurde: „Höhere Bildung widersprach dem ‚weiblichen Geschlechtscharakter‘“,<br />

der Besuch von Bildungsinstitutionen wie Gymnasium, Realschule oder Polytechnikum<br />

war den Mädchen verwehrt. 55 Als zentrale Werte der familiären wie institutionellen Erziehung<br />

von Mädchen galten Ordnung, Fleiß und Sittsamkeit. 56 Ein probates Feld zur Vermittlung<br />

dieser Tugenden bot die manuelle Textilarbeit. Gabriella Hauch interpretiert die<br />

weibliche Handarbeit schlüssig als spezielle Disziplinierungs- und Sozialisationsfunktion auf<br />

physischer wie psychischer Ebene und nennt sie „Unterwerfung des Körpers unter eine regelmäßige<br />

Bewegung“. 57 Eine weitere Säule der Erziehung der jungen Bürgerstöchter war das<br />

Klavierspiel. Das Instrument selbst galt ebenso als Statussymbol wie das Können des Mädchens,<br />

das <strong>für</strong> die Familie am Klavier aufspielte: „Das Klavier wurde zum geselligen Instrument,<br />

stand bald in jedem Wohnzimmer, und jede Bürgertochter lernte Klavierspielen. […] Es<br />

war gesellschaftlicher Zwang, der nun auch die Bürgermädchen an das Klavier führte wie<br />

vorher nur die Aristokratentöchter. In der Familie zum Tanze aufspielen zu können, galt vor<br />

allem als Ziel der Wünsche.“ 58 Zugleich war das Erteilen von Klavierunterricht einer der wenigen<br />

geduldeten bürgerlichen Frauenberufe der Biedermeierzeit.<br />

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermehrte sich allerdings auch das staatliche<br />

Interesse an der Bildung. 59 Um auf die Lerninhalte Einfluss nehmen zu können, wurden staatliche<br />

Schulen gefördert. Mädchen aus dem Bürgertum konnten eigene Pensionate und Erziehungsanstalten<br />

besuchen, wie etwa das k .u. k. Civil-Mädchen-Pensionat oder das k. u. k. Offi-<br />

54<br />

Von diesem Rückzug unberührt blieben freilich die Frauen der städtischen Unterschicht, die Arbeiterinnen und<br />

Dienstbotinnen, die weiterhin gezwungen waren, erwerbstätig zu sein.<br />

55 Hauch, Gabriella: Frau Biedermeier auf den Barrikaden, S. 34.<br />

56 Vgl. ebd., S. 34.<br />

57 Ebd., S. 35.<br />

58 Weber-Kellermann, Ingeborg: Frauenleben, S. 60-61.<br />

59 1774 war die Theresianische Schulordnung in Kraft getreten, die eine allgemeine Unterrichtspflicht (nicht<br />

Schulpflicht) <strong>für</strong> alle Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren vorsah.<br />

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