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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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zur Gründung und die spätere aktive Mitarbeit in der Internationalen<br />

Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents nicht hoch<br />

genug gewürdigt werden.<br />

Heute konzentrieren sich die Bemühungen hierzulande auf<br />

die Zucht einiger endemischer Vogelarten, die später in ihren<br />

ursprünglichen Vorkommensgebieten wiedereingebürgert<br />

werden sollen. Im allgemeinen wird nur wenig über diese<br />

Tätigkeit, ihre Ergebnisse und Pläne publiziert. Einige<br />

Angaben sind z. B. aus dem Vogelpark Walsrode bekannt,<br />

wo in Zusammenarbeit mit Partner-Institutionen aus der<br />

UdSSR und den USA Kraniche, der Schwarzschnabelstorch,<br />

die Rosataube und einige mittelamerikanische Papageien­<br />

Arten zum Teil erfolgreich gezüchtet werden. Des weiteren<br />

sind Wissenschaftler aus Deutschland am Waldrapp-Projekt<br />

(siehe WWF-Yearbook 1980-1981 : 224-225) und der<br />

Schopfkasarka-Rettungsaktion (NOWAK 1983) beteiligt.<br />

Prinzipiell sind solche Bemühungen zu begrüßen und sollten<br />

unterstützt werden. Dennoch müssen zwei Fragen sehr<br />

kritisch kommentiert werden:<br />

- Der Import seltener Tierarten nach Deutschland (auch<br />

durch zoologische Gärten mit wissenschaftlicher Leitung!)<br />

erfolgt oft unter Umgehung geltender nationaler<br />

und ausländischer Gesetze.<br />

Der internationale Handel mit seltenen Greifvogelarten<br />

für angebliche <strong>Artenschutz</strong>zwecke scheint zum Teil mit<br />

den Jagdfalken-Geschäften im Mittleren Osten zusammenzuhängen.<br />

So ist die Befürwortung der deutschen Beteiligung an Wiedereinbürgerungsaktionen<br />

weltweit vom Aussterben bedrohter<br />

Arten nur unter der Bedingung zu verstehen, daß sie<br />

sich legaler Methoden bedienen (Beachtung der Naturschutzgesetze,<br />

der <strong>Artenschutz</strong>verordnung, des Washingtoner<br />

<strong>Artenschutz</strong>übereinkommens) und dem tatsächlichen<br />

<strong>Artenschutz</strong> zugute kommen.<br />

Schlußfolgerungen und Empfehlungen<br />

Das vorliegende Material zeigt, daß die Wiedereinbürgerungen<br />

in Deutschland als taugliches Mittel des <strong>Artenschutz</strong>es<br />

anzusehen sind, deren gegenwärtige Bedeutung für die Rekonstruktion<br />

der einheimischen Fauna ist jedoch als gering<br />

einzuschätzen. Man muß sich dabei auch der Tatsache bewußt<br />

werden, daß umfangreicheren Wiedereinbürgerungen<br />

Grenzen gesetzt sind durch die Denaturierung der Habitate<br />

vieler Tierarten (z. B. Lebensräume großer Säugetierarten,<br />

vieler Arten der fließenden Gewässer, mehrerer ökologisch<br />

stark spezialisierter Arten). Gut gelungen sind eigentlich<br />

nur die Wiedereinbürgerungen, wo das Erlöschen der Art<br />

durch unmittelbare Ausrottung erfolgte, nicht aber durch<br />

Vernichtung ihrer Habitate.<br />

Auf der anderen Seite muß mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen<br />

werden, daß Aussetzungen von Tieren als <strong>Artenschutz</strong>maßnahme<br />

nur dann vorgenommen werden dürfen,<br />

wenn deren einheimische Restpopulationen trotz aktiven<br />

und intensiven Schutzes nicht in der Lage sind (in absehbarer<br />

Zeit), auf natürliche Weise ihre früheren Vorkommensgebiete<br />

wiederzubesiedeln (das heißt z. B.: keine Otter-Aussetzungen<br />

in Deutschland, sondern effektiver Schutz vorhandener<br />

Restbestände, damit diese erhalten bleiben, zunehmen<br />

und sich ausbreiten). Auch sollte mehr darauf geachtet werden,<br />

daß medienwirksame Wiedereinbürgerungen nicht als<br />

Alibitätigkeit für Versäumnisse im Bereich des Biotopschutzes<br />

betrieben werden.<br />

Eine Effektivitätssteigerung der Wiedereinbürgerungen<br />

kann in Zukunft auf folgenden Wegen erreicht werden:<br />

- Bei einem größeren Artenspektrum (darunter auch wirbellose<br />

Tierarten) sollte unter wissenschaftlicher Kontrolle<br />

die Möglichkeit einer Wiedereinbürgerung in begrenzten<br />

geographischen Räumen erprobt werden.<br />

- Die Projekte müssen sich auf eine wissenschaftlich vorbereitete<br />

Prognose und einen Arbeitsplan stützen, wobei<br />

der Beseitigung der Gefährdungsursachen und dem<br />

gezielten Biotopmanagement der Vorrang eingeräumt<br />

werden muß.<br />

- Erst nach dieser Experimentalphase dürfen Arten, bei<br />

denen positive Ergebnisse erreicht wurden, an mehreren<br />

Stellen des früheren Areals im lande ausgesetzt werden.<br />

Das Ziel einer Wiedereinbürgerung liegt in der Schaffung<br />

einer freilebenden Population, die danach in der<br />

Lage ist, sich selbst (also ohne kontinuierliche Aussetzungen,<br />

Fütterung und Feindbekämpfung) im Gebiet zu<br />

halten.<br />

Theoretische Grundlagen zu dieser Tätigkeit sollten die<br />

durch das BFANL-/ANL-Kolloquium am 9. 12. 1981 ausgearbeiteten<br />

„Empfehlungen" sein (siehe NOWAK & SCHREI­<br />

NER 1981, Seiten 113-114 bzw Natur und Landschaft (1)<br />

1982, Seite 31).<br />

Zu der Diskussion um die juristische Neuregelung der Wie·<br />

dereinbürgerungspraxis ist zu sagen, daß<br />

- die bisherigen Vorschriften der Bundes- und Ländernaturschutzgesetze<br />

sich bewährt haben (Entnahme- und<br />

Importvorschriften liefern genügende Kontrollmöglichkeiten<br />

der Wiedereinbürgerungsaktionen);<br />

auf dem Wege entsprechender Verordnungen die Qualität<br />

solcher Aktionen verbessert werden könnte (siehe<br />

dazu ZSIVANOVITS 1981);<br />

- es zu prüfen wäre, ob die private Zucht von Tieren (häufi·<br />

ge Ursache und Quelle der Aussetzungen) nicht gesetz·<br />

lieh neu geregelt werden sollte;<br />

- in der Fischereigesetzgebung ein Verbot der Aussetzung<br />

fremder Arten bzw. der Aussetzung einheimischer Nutzfische<br />

in offene Wassersysteme aufgenommen werden<br />

sollte;<br />

die durch die Jagdgesetze (für das Wild) vorgeschriebe·<br />

ne und praktizierte Erlaubnispflicht für Aussetzungsak·<br />

tionen stärker den Prinzipien des Naturschutzes unterworfen<br />

werden sollte.<br />

Zu der deutschen Beteiligung an den Wiedereinbürgerungsprojekten<br />

weltweit bedrohter Arten kann gesagt werden,<br />

daß hierzu in erster Linie<br />

das im lande vorhandene wissenschaftliche Know how<br />

und die organisatorischen (einschließlich der material·<br />

len) Möglichkeiten der Verbände und anderer Institutionen<br />

eingesetzt werden könnten, jedoch<br />

sehr strenge Kontroll· bzw. Zulassungsmaßstäbe gelten<br />

müssen, um den Mißbrauch solcher Aktionen für Zwek·<br />

ke, die dem Naturschutz fremd sind, zu unterbinden.<br />

Literatur<br />

SOHL, M. 1981: Problematik und Möglichkeiten von Wiedereinbürgerungen<br />

in der Fischerei. - In: ANL-Tagungsbericht 12/1981, Laufen<br />

(Wiedereinbürgerung gefährdeter Tierarten): 108-110<br />

CONVAY, W.G. (1 967): The opportunity for zoos to save vanishing<br />

species. - Oryx 9: 154-160.<br />

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