Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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male Nutzung (späterer 1. Mähtermin, Verzicht auf Düngung<br />
etc.) festgeschrieben werden. Bis Ende des Jahres 1984<br />
konnten etwa 1450 ha im Rahmen dieses Projektes einer für<br />
Wiesenbrüter optimaleren Landnutzung zugeführt werden.<br />
Dieses Beispiel besitzt, auch hinsichtlich der Gesamtdimension,<br />
nur Modellcharakter. Die bisher vorliegenden Erfahrungen<br />
lassen jedoch erwarten, daß derartige Verfahrensweisen<br />
grundsätzlich einsetzbar sind und im Einvernehmen<br />
mit den Grundstückseigentümern zu positiven Entwicklungen<br />
im Sinne des Tierartenschutzes führen können.<br />
Hoher Raumanspruch, die notwendige Vernetzung der Populationen<br />
einer Art sowie die Bindung an bestimmte, i.d.R.<br />
extensive Landnutzungsformen bedingen ein mehrgleisiges<br />
Konzept der Flächen- und Objektsicherung für den Tierartenschutz,<br />
in dem die verstärkte Ausweisung von Schutzgebieten<br />
ebenso wie die Sicherung und Entwicklung von Kleinund<br />
Saumbiotopen wichtige Bausteine sind. Von zentraler<br />
Bedeutung für die Wirksamkeit des Tierartenschutzes wird<br />
darüber hinaus sein, ob es gelingt, großflächig bestimmte<br />
artkonforme Landnutzungsformen festzuschreiben. Hierzu<br />
reicht es nicht mehr aus, alle noch vorwiegend extensiv bewirtschafteten<br />
oder kleingliedrigen Landschaftsausschnitte<br />
zu erhalten. In Anbetracht der bereits bestehenden Gefährdungssituation<br />
vieler Tierarten, wie sie sich in den Roten<br />
Listen ausdrückt, sollte vielmehr auf weiteren Flächen<br />
eine Extensivierung der bestehenden Landnutzung ange·<br />
strebt werden. Für die Verwirklichung dieser Ziele sind u.a.<br />
die Anpacht von Flächen durch den Staat und der Abschluß<br />
von Bewirtschaftungsvereinbarungen mit den Grundstückseigentümern<br />
(vgl. Erschwernisausgleich) günstige Lösungswege.<br />
Danksagung<br />
Zusammenfassung<br />
Die Ausweisung von Schutzgebieten ist in der Praxis nach<br />
wie vor das wichtigste Instrument zur Verwirklichung der<br />
Ziele des Naturschutzes. Die Schutzform Naturschutzgebiet<br />
ist die aus tierökologischer Sicht wichtigste und gleichzeitig<br />
die einzige, zu der ausreichende faunistische und tierökologische<br />
Daten für eine Bilanzierung des Wertes von<br />
Schutzgebieten für den Tierartenschutz vorliegen. An Beispielen<br />
wird gezeigt, daß nur ein relativ geringer Anteil der<br />
bekannten Vorkommen gefährdeter Tierarten in bestehenden<br />
Naturschutzgebieten enthalten sind. In verschiedenen<br />
Auswertungen liegt der Anteil bei oder unter 10%, auch<br />
dann, wenn sog: „attraktive" Arten oder solche der höchsten<br />
Gefährdungsstufe betrachtet werden. Der reale Schutzstatus<br />
dieser Arten ist noch geringer, da sich viele Naturschutzgebiete<br />
nicht in einem optimalen Zustand befinden<br />
und die Verordnungen einen umfassenden Schutz der Tierarten<br />
oft nicht gewährleisten. Es muß aber auch aus tierökologischen<br />
Erwägungen heraus bezweifelt werden, ob allein<br />
über Schutzgebiete im herkömmlichen Sinn der gesetzliche<br />
Auftrag zum Schutz aller einheimischen Tierarten erfüllt<br />
werden kann. Aus dem Anspruch, ausreichend große<br />
Populationen zu sichern, in denen der Erhalt der genetischen<br />
Vielfalt und das langfristige Überleben des Best andes<br />
gewährleistet sind, resultiert ein sehr hoher Flächenanspruch,<br />
falls Schutzstrategien nur in Reservaten verwirklicht<br />
werden.<br />
Ein wesentlicher Prozentsatz bedrohter Tierarten ist bei der<br />
derzeitigen mitteleuropäischen Landschaftsstruktur zudem<br />
auf bestimmte, in der Regel nicht mehr „zeitgemäße" Landnutzungsformen<br />
oder die Bereitstellung anthropogener Habitate<br />
angewiesen. Für alle Wirbeltiere der bayerischen Roten<br />
Liste mit Ausnahme der Fische kann bei 48% der Arten<br />
zumindest eine zeitweise oder regionale Bindung an solche<br />
genutzten oder anthropogenen Lebensräume konstatiert<br />
werden. überwiegend handelt es sich um Arten, die auf klimaxferne<br />
Sukzessionsstadien der Vegetation oder auf spezifische,<br />
auf natürlichem Weg nicht mehr entstehende<br />
Strukturen angewiesen sind. Die primären Biotope dieser<br />
Tierarten sind großflächig meist nicht mehr neu zu entwikkeln.<br />
Demzufolge müssen sie in ihren derzeitigen Lebensräumen<br />
geschützt werden, zu deren Erhalt der Mensch<br />
durch Nutzung bzw. Pflege die natürliche Dynamik imitieren<br />
oder bestimmte Strukturen bereitstellen muß.<br />
Der Verfasser dankt seinen Kollegen Dr. Josef BLAB (Bonn)<br />
und Gerd HEUSINGER (Bayreuth) für die kritische Durchsicht<br />
des Manuskriptes und viele wertvolle Anregungen.<br />
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