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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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Flurbereinigung, d. h. Bestandsaufnah.men und Bewertung<br />

sowie Maßnahmen und Ziele des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege können in den landschaftspflegerischen<br />

Begleitplan integriert und für das Verfahren ausgewertet<br />

werden. Mitunter wird sogar bereits im Rahmen der agrarstrukturellen<br />

Vorplanung eine Voruntersuchung sowie eine<br />

Bestandsaufnahme und Bewertung10Jder schutzwürdigen<br />

Biotope vorgenommen, wie dies aus einigen Verfahren in<br />

Nordrhein-Westfalen bekannt ist und eigentlich für jedes<br />

Flurbereinigungsverfahren als Voruntersuchung vorgenommen<br />

werden müßte. Das Land Nordrhein-Westfalen hat einen<br />

Runderlaß des Ministers für E:.tnährung, Landwirtschaft<br />

und Forsten Ober „ Naturschutz und Landschaftspflege in<br />

Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz" herausgegeben,<br />

in dem die Zusammenarbeit der Landschaftsbehörden<br />

mit den Flurbereinigungsbehörden geregelt ist. Es sind<br />

auch bereits beispielhafte Verfahren bekannt geworden, in<br />

denen die Eingriffe in Natur und Landschaft auf ein Mindestmaß<br />

beschränkt wurden, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />

durchgeführt, Wasserläufe naturnah ausgebaut<br />

und sogar einseitig technisch ausgebaute Wasserläufe wieder<br />

naturnah gestaltet (renaturiert), Feuchtgebiete neu ausgebaut<br />

oder wiederhergestellt sowie Schutzpflanzungen,<br />

Feldgehölze und Vogelschutzgehölze angelegt wurden, z. B.<br />

im Flurbereinigungsverfahren Lengerich, Reg.-Bez. Münster.<br />

Im Flurbereinigungsgesetz in der Fassung vom 16. März<br />

1976 - also noch vor Erlaß des Bundesnaturschutzgesetzes<br />

- hat in § 41 der landschaftspflegerische Begleitplan<br />

eine gesetzliche Grundlage erhalten, und zwar als Teil des<br />

Wege- und Gewässerplanes. Darüber hinaus ist in § 37 des<br />

Gesetzes, der die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes<br />

behandelt, u. a. festgesetzt, daß die Flurbereinigungsbehörde<br />

bei der Durchführung der Maßnahmen vor allem<br />

auch den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung,<br />

des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege, der Erholung wie auch der Gestaltung<br />

des Orts- und Landschaftsbildes Rechnung zu tragen hat. In<br />

den vergangenen Jahren sind bereits In allen Bundesländern<br />

landschaftspflegerlsche Begleitpläne im Zuge von<br />

Flurbereinigungsverfahren aufgestellt worden. Sie waren<br />

aber in ihren Inhalten und in Ihrer Qualität sehr unterschiedlich;<br />

manchmal waren es nur Objektpläne oder gar nur Bepflanzungspläne<br />

im Sinne von Detailplänen. Hier muß in Zukunft<br />

sichergestellt werden, daß unter Einsatz von erfahrenen<br />

Sachverständigen in diesen Begleitplänen nicht nur die<br />

Ausgleichsmaßnahmen, sondern alle im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens<br />

erforderlichen Maßnahmen des Naturschutzes<br />

und der Landschaftspflege, so auch die Maßnahmen<br />

für den Biotop- und <strong>Artenschutz</strong>, festgesetzt werden.<br />

Im übrigen bietet§ 91 FlurbG die Möglichkeit, ein beschleunigtes<br />

Zusammenlegungsverfahren durchzuführen, „um<br />

notwendige Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege<br />

zu ermöglichen". Die für Naturschutz und<br />

Landschaftspflege zuständigen Behörden sollten diese<br />

Möglichkeit weit mehr nutzen, als dies bislang geschehen<br />

ist.<br />

Nach allen vorliegenden Erfahrungen gehen Eingriffe in Natur<br />

und Landschaft in erster Linie von Fachplanungen aus,<br />

die daher auch mit Recht als „ Eingriffsplanungen" bezeichnet<br />

werden. Hierunter fallen Verkehrsplanung, Wasserbau<br />

und Wasserwirtschaft, Bergbau, Industrie- und Siedlungsbau,<br />

aber auch die lntensivlandwirtschaft mit der Flurbereinigung.<br />

Diese Eingriffe erstrecken sich sehr häufig auf erhaltenswürdige<br />

und für den <strong>Artenschutz</strong> bedeutende Biotope,<br />

die dadurch belastet oder gar zerstört werden können.<br />

Es muß daher als eine wesentliche Fortentwicklung des Naturschutzrechts<br />

herausgestellt werden, daß das Bundesnaturschutzgesetz<br />

den „Eingriffen in Natur und Landschaft"<br />

einen besonderen Paragraphen gewidmet hat. So heißt es in<br />

§ 8, daß Eingriffe im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen<br />

der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen sind, die die<br />

Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild<br />

erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können.<br />

Es heißt dann weiter:<br />

„(2) Der Verursacher eines Eingriffes ist zu verpflichten,<br />

vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft<br />

zu unterlassen sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb<br />

einer zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des<br />

Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen,<br />

soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes<br />

und der Landschaftspflege erforderlich ist."<br />

Welcher Eingriff ist gern.§ 8 Abs. 2 BNatSchG „vermeidbar"<br />

bzw. „unvermeidbar"? Darüber läßt sich das Gesetz nicht<br />

aus. Hier liegt dennoch eine gesetzliche Verpflichtung vor,<br />

die bislang in der Praxis keineswegs ausreichend berücksichtigt<br />

worden ist. Es sind nur wenige Projekte von Fachplanungen<br />

bekannt, für die vor dem Eingriff eine gründliche<br />

Prüfung der Vermeidbarkeit vorgenommen worden ist.<br />

Wenn im Gesetz festgelegt ist, daß der Verursacher eines<br />

Eingriffs zu verpflichten ist, vermeidbare Beeinträchtigungen<br />

von Natur und Landschaft zu unterlassen sowie unvermeidbare<br />

Beeinträchtigungen du rch Maßnahmen des Naturschutzes<br />

und der Landschaftspflege auszugleichen, so<br />

setzt das voraus, daß vor einem Eingriff, also vor Beginn eines<br />

Projektes oder einer Planung, eine gründliche Prüfung<br />

der Vermeidbarkeit bzw. Unvermeidbarkeit und der möglichen<br />

Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen vorgenommen<br />

wird. In der Tat ist dies ein bedeutsamer Ansatz zu einer Um·<br />

weitverträglichkeitsprüfung, und man muß sich die Frage<br />

stellen, warum die vom Gesetz gebotene Möglichkeit bislang<br />

nicht genutzt worden ist (vgl. hierzug H. 45 der Schriftenreihe<br />

des <strong>Rat</strong>es „ Landschaftsplanung").<br />

Diese Prüfung schließt Untersuchungen darüber ein, welche<br />

Biotope aus Gründen des <strong>Artenschutz</strong>es nicht vernichtet<br />

oder beeinträchtigt werden dürfen, weil sie unersetzbar<br />

sind, und an welchen in Frage kommenden Stellen die Anlage<br />

von Ersatzbiotopen vorgesehen werden kann.<br />

6 Mängel und Mißerfolge im Biotop- und <strong>Artenschutz</strong><br />

6. 1 Nichthinreichender Vollzug der bestehenden rechtlichen<br />

Bestimmungen<br />

Die im Arten- und Biotopschutz festzustellenden Defizite liegen<br />

nicht grundsätzlich an mangelnden rechtlichen Grundlagen<br />

(vgl. Abschnitt 3.2), sondern besonders an deren unzureichender<br />

Ausschöpfung. Diese beruht einerseits auf unzureichender<br />

Personalausstattung der Naturschutzbehörden<br />

und -einrlchtungen sowie auf fehlenden Mitteln. Andererseits<br />

ist festzustellen, daß bei vielen „ Eingriffsbehörden",<br />

selbst auch bei den für Naturschutz und Landschaftspflege<br />

zuständigen Behörden, das Bewußtsein Ober die Bedeutung<br />

des Arten- und Biotopschutzes noch nicht ausreicht. Wahrscheinlich<br />

muß auch bei den Naturschutzbehörden eine fehlende<br />

Risikobereitschaft beklagt werden, die gegebenen<br />

rechtlichen Möglichkeiten genügend konsequent gegenüber<br />

Eingriffsbehörden auszuschöpfen.<br />

10) Vom Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten<br />

des Landes Rheinland-Pfalz wurde 1983 ein Runderlaß<br />

verabschiedet, nach dem vor Flurbereinigungsverfahren<br />

eine „Bewertung der Landschaftselemente"<br />

nach einem normierten Bewertungsrahmen vorgenommen<br />

werden muß; diese Bewertung ist Grundlage für die<br />

späteren landespflegerischen Erhaltungsvorschläge<br />

und Grunderwerbe; auch In Baden-Württemberg existiert<br />

seit 1984 eine ähn liche Verwaltungsvorschrift.<br />

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