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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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Klaus Heidenreich<br />

Reichen die derzeitigen rechtlichen Grundlagen des Biotopschutzes<br />

als Voraussetzung für den <strong>Artenschutz</strong> aus?<br />

1 Allgemeines<br />

Die Einbeziehung eines juristischen Referats in ein im übrigen<br />

rein fachbezogenes Symposium bringt immer eine gewisse<br />

Gefahr der Ernüchterung mit sich. Denn nun wird eine<br />

Antwort auf die Frage erwartet, ob all die fundiert und begründet<br />

vorgetragenen fachlichen Vorschläge zur Verbesserung<br />

des <strong>Artenschutz</strong>es letztlich auch von der damit beauftragten<br />

Naturschutzverwaltung realisiert werden können.<br />

Dies wiederum setzt zunächst die erforderlichen rechtlichen<br />

Grundlagen voraus, auf deren Basis die Naturschutzbehörden<br />

solche Maßnahmen in die Wege leiten können, deren<br />

Ausgang freilich oft wegen der formell wie materiell zu be·<br />

achtenden allgemeinen Belange nur schwer vorhersehbar<br />

ist. Erschwerend für den Juristen kommt dazu, daß in letzter<br />

Zeit zwar viel von der überragenden Bedeutung des Biotopschutzes<br />

die Rede ist, daß jedoch bisher dieser Komplex<br />

des Biotopschutzes rechtlich nicht als eigenständiger Bereich<br />

abgehandelt ist. Deshalb bedarf es zunächst einer materiellen<br />

Bestimmung des Begriffes Biotopschutz, um dann<br />

anhand der bestehenden Bestimmungen prüfen zu können,<br />

wie weit diesem Anliegen bereits jetzt in den Rechtsgrund·<br />

lagen des Naturschutzes Rechnung getragen ist bzw. welche<br />

Änderungen insoweit veranlaßt wären.<br />

II Verhältnis von Arten- und Biotopschutz<br />

Begriffliche Klärung<br />

Schon immer gehörten der Schutz und die Erhaltung unserer<br />

wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden Tiere zu<br />

den wesentlichen Aufgaben des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege. Diese mit dem Begriff <strong>Artenschutz</strong> gekennzeichnete<br />

Aufgabe wurde in traditionellem Sinne primär<br />

als Schutz vor dem direkten gezielten menschlichen Zugriff<br />

verstanden und stellte den Schutz der Art als solcher in<br />

den Vordergrund, wobei es um die Verhinderung direkter<br />

Eingriffe wie Töten, Fangen, Pflücken, Ausgraben, Handel<br />

oder mißbräuchliche Nutzu ng ging.<br />

Diese enge Betrachtung des <strong>Artenschutz</strong>es wird den heutigen<br />

Problemen, wie sie sich auch bei diesem Fachsymposium<br />

gezeigt haben , nicht mehr gerecht. Insbesondere liegt<br />

heute der Schwerpunkt der Gefährdungs1Jrsachen in anderen<br />

Bereichen, nämlich vorwiegend in der Vernichtung oder<br />

Beeinträchtigung der Lebensstätten, Lebensräume und Lebensgemeinschaften.<br />

Dies hat begrifflich zu einer Erweite·<br />

rung geführt, so daß heute <strong>Artenschutz</strong> inhaltlich immer umfassend<br />

betrachtet wird und auch den Schutz, die Pflege<br />

und die Entwicklung insbesondere der für die gefährdeten<br />

Arten wichtigen Lebensräume als Biotopschutz mit einschließt.<br />

Deshalb werden beide Bezeichnungen meist miteinander<br />

verbunden und von Arten- und Biotopschutz gesprochen.<br />

Dahinter steht die fachliche Erkenntnis, daß <strong>Artenschutz</strong><br />

ohne Biotopschutz sinnlos wäre, weil die Erhal·<br />

tung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten ohne gleichzeiti·<br />

gen Schutz ihres Lebensraumes nicht verwirklicht werden<br />

kann und erst recht jede positive Entwicklung in Richtung<br />

einer Vermehrung und Vielfalt der Artenwelt ausschließt.<br />

Auch wenn daher formell der Begriff des Biotopschutzes<br />

ausdrü cklich in den derzeit geltenden Nat urschutzgesetzen<br />

des Bundes und der Länder nicht verankert ist, wird diesem<br />

Anliegen materiell voll Rechnung getragen. Dies ergibt sich<br />

bereits aus § 20 des Bundesnaturschu tzgesetzes, der den<br />

Begriff <strong>Artenschutz</strong> im umfassenden Sinne wie folgt legal<br />

definiert:<br />

„ Die Vorschriften dieses Abschnittes dienen dem<br />

Schutz und der Pflege der wildwachsenden Pflanzen<br />

und wildlebenden Tiere, ihrer Entwicklungsformen, Lebensstätten,<br />

Lebensräume und Lebensgemeinschaften<br />

als Teil des Naturhaushalts (<strong>Artenschutz</strong>)."<br />

Dies wird sogar noch dahin erweitert, daß auch die Ansiedlung<br />

verdrängter oder in ihrem Bestand bedrohter Pflanzenund<br />

Tierarten an geeigneten Lebensstätten innerhalb ihres<br />

natürlichen Verbreitungsgebietes in den Begriff <strong>Artenschutz</strong><br />

mit einbezogen wird. Von dieser Definition gehen<br />

auch sämtliche Landesgesetze aus (vgl. § 27 des Natur·<br />

schutzgesetzes von Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 1<br />

Bayerisches Naturschutzgesetz, § 27 Berliner Naturschutz·<br />

gesetz, § 27 Bremisches Naturschutzgesetz,§ 24 Hamburgi·<br />

sches Naturschutzgesetz, § 21 Hessisches Naturschutzgesetz,<br />

§ 60 Landschaftsgesetz von Nordrhein-Westfalen,§ 24<br />

Landespfl egegesetz von Rheinland Pfalz, § 25 Saarländi·<br />

sches Naturschutzgesetz, § 22 Landschaftspflegegesetz<br />

Schleswig-Holstein).<br />

2 Biotopschutz als Voraussetzung für den <strong>Artenschutz</strong><br />

Mit dieser begrifflichen Klarstellung ist freilich noch nichts<br />

über Inhalt und Umfang des Biotopschutzes im Zusammenhang<br />

mit der Gewährleistung eines umfassenden <strong>Artenschutz</strong>es<br />

gewonnen. Deshalb bedarf es einer kurzen Be·<br />

trachtung, ob und wie weit der Biotopschutz Voraussetzung<br />

für den <strong>Artenschutz</strong> ist, wobei nicht die fachliche Diskussion<br />

fortgesetzt, sondern inhaltliche Kriterien zur rechtlichen<br />

Auslegung gewonnen werden sollen. Dazu sollte man<br />

sich nochmals die vielschichtigen Gefährdungsursachen<br />

vor Augen halten, denen heute un sere Tier· und Pflanzen·<br />

weit zunehmend ausgesetzt ist. Dies beginnt schon mit der<br />

Änderung einzelner Standortfaktoren, setzt sich fort über<br />

veränderte Methoden in der Bewirtschaftung bestimmter<br />

Flächen und führt hin zu völlig neuen Nutzungen mit der<br />

Folge, daß die für Tiere und Pflanzen bestimmten Lebensräume<br />

überhaupt nicht mehr in der bisherigen Art und Weise<br />

zur Verfügung s tehen. Dies kann im Kleinen den Verlust<br />

eines bestimmten Standortes bedeuten und im Großen zur<br />

völligen Abriegelung bisher bestehender und für die Erhaltung<br />

auch notwendiger räumlicher Wechselbeziehungen<br />

führen. Dazu kommen noch die mittelbaren Einwirkungen<br />

etwa im Zusammenhang mit dem Einsatz chemischer Mittel<br />

(z. B. Pflanzenschutz-, Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmittel)<br />

oder mit der Ausübung der Erholungsnutzung.<br />

Über die Ursachen im einzelnen haben wir ja im Rahmen<br />

dieser Tagung ausreichend Auskunft erhalten. Umgekehrt<br />

müssen dann alle Maßnahmen des Biotopschutzes diesen<br />

Gefährdungsursachen entgegenwirken. Auch hier reicht<br />

deshalb das Spektrum von der vorausschauenden Berücksichtigung<br />

des Biotopschutzes bei allen Eingriffsplanungen<br />

über die Prüfung vorgesehener konkreter Veränderungen<br />

am Maßstab der <strong>Artenschutz</strong>belange bis hin zur Erhaltung<br />

und Sicherung noch intakter bzw. wieder herstellbarer Le-<br />

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