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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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len <strong>Rat</strong>es für Vogelschutz und 1925 der Deutsche Ausschuß<br />

für Naturschutz, der ab 1947 als Arbeitsgemeinschaft <strong>Deutscher</strong><br />

Beauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege<br />

(ABN) weitergeführt wurde. 1925 fand auch der erste Deutsche<br />

Naturschutztag in München statt, der in zweijährigem<br />

Turnus bis heute abgehalten wird. Auf dem Naturschutztag<br />

von 1931 wurde ein Reichsgesetz für Naturschutz gefordert,<br />

das dann 1935 verabschiedet wurde und bis 1976 gültig war.<br />

Das Reichsnaturschutzgesetz (RNG) diente dem Schutz und<br />

der Pflege der heimatlichen Natur in allen ihren Erscheinungen.<br />

Der Naturschutz erstreckte sich auf Pflanzen und nicht<br />

jagdbare Tiere, Naturdenkmäler und ihre Umgebung, Naturschutzgebiete<br />

und sonstige Landschaftsteile in der freien<br />

Natur. Der <strong>Artenschutz</strong> im RNG beschränkte sich auf die Arten,<br />

deren Erhaltung wegen ihrer Seltenheit, Schönheit, Ei·<br />

genart oder wegen ihrer wissenschaftlichen, heimatlichen,<br />

forst- oder jagdlichen Bedeutung im allgemeinen Interesse<br />

lag.<br />

1961 veröffentlichte ein Kreis namhafter Persönlichkeiten,<br />

der sich für die Weiterentwicklung des Naturschutzes einsetzte,<br />

die „Grüne Charta von der Mainau". Im III. Abschnitt<br />

dieser Charta ist folgendes ausgesagt:<br />

„Voraussetzung für unser Leben ist, neben gesunder Nahrung,<br />

die gesunde Landschaft mit Boden, Luft, Wasser und<br />

ihrer Pflanzen- und Tierwelt. Diese lebenswichtigen Elemente<br />

werden übermäßig und naturwidrig beansprucht. Immer<br />

häufiger werden lebendiger Boden vernichtet, Ob_erfläGhenund<br />

Grundwasser verdorben, Luft verunreinigt, Pflanzenund<br />

Tierwelt gestört und offene Landschaft verunstaltet.<br />

Die gesunde Landschaft wird in alarmierendem Ausmaß<br />

verbraucht!"<br />

Die „Grüne Charta von der Mainau" ist Grundlage für die Arbeit<br />

des 1962 vom damaligen Bundespräsidenten berufenen<br />

und seitdem ununterbrochen unter der Schirmherrschaft<br />

des jeweiligen Bundespräsidenten stehenden Deutschen<br />

<strong>Rat</strong>es für <strong>Landespflege</strong>.<br />

Trotz aller Bemühungen und auch Erfolge verringerten sich<br />

die Probleme um den Natur· und <strong>Artenschutz</strong> nicht; die Gefährdung<br />

von Tier- und Pflanzenarten, der Artenrückgang<br />

und das Aussterben von Arten nahmen im Gegenteil weiter<br />

zu. Allerdings setzte ab 1970 mit dem Europäischen Naturschutzjahr<br />

ein Bewußtseinswandel in der Öffentlichkeit ein;<br />

durch Presse, Funk und Fernsehen wurde stärker über Fragen<br />

des Natur- und Umweltschutzes informiert, die Bundesregierung<br />

legte 1971 ein Umweltprogramm vor, 1972 fand<br />

die UNO-Konferenz „Der Mensch in seiner Umwelt" in<br />

Stockholm statt; Natur- und Nationalparke wurden eingerichtet,<br />

wobei der <strong>Artenschutz</strong> allerdings noch nicht im Vordergrund<br />

stand. Einigen Bundesländern genügten die Regelungen<br />

des RNG nicht mehr und sie verabschiedeten eigene<br />

Naturschutzgesetze (z. B. Bayern 1973, Schleswig-Holstein<br />

1973, Hessen 1974, Baden-Württemberg 1975, Nordrhein­<br />

Westfalen 1975).<br />

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wurde 1976 als<br />

Rahmengesetz verabschiedet und löste das RNG ab. Fol·<br />

gende Bestimmungen wurden neu oder umfassender geregelt:<br />

- die Grundsätze des Naturschutzes und der Landschafts·<br />

pflege(§ 2)<br />

- die Landschaftsplanung(§§ 5-7)<br />

- die Eingriffe in Natur und Landschaft und ihr Ausgleich<br />

mit dem landschaftspflegerischen Begleitplan (§ 8)<br />

- die Schutzbereiche (Nationalparke und Naturparke, § 14,<br />

§ 16)<br />

- der Schutz und die Pflege wildlebender Tiere und wild·<br />

wachsender Pflanzen (§§ 20- 23),<br />

- die Aufstellung von Arten- und Biotopschutzprogrammen<br />

(§ 5)<br />

- die Mitwirkung von Verbänden (§ 29).<br />

Das BNatSchG ist offener gegenüber internationalen Regelungen<br />

und Abkommen (vgl. hierzu Abschnitt 5.3).<br />

Das heute noch immer steigende Interesse für Natur- und<br />

Umweltschutz in der Bevölkerung äußert sich in den Mit·<br />

gliedszahlen verschiedenster Naturschutzorganisationen:<br />

So zählt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland<br />

(gegründet 1975) inzwischen mehr als 95 000 Mitglieder, der<br />

bereits erwähnte Deutsche Bund für Vogelschutz hat<br />

122 000 Mitglieder, Greenpeace konnte innerhalb von drei<br />

Jahren 38 000 Fördermitglieder gewinnen, der 1963 gegründete<br />

WWF-Deutschland zählt heute rund 30 000 Fördermit·<br />

glieder. Die durch § 29 BNatSchG anerkannten Verbände<br />

werden heute an vielen Planungen auf Bundes- und Landesebene<br />

beteiligt und können dort ihre Anregungen und Bedenken<br />

einbringen.<br />

Auch auf politischer Ebene äußert sich das veränderte Bewußtsein<br />

Ober die Umwelt; so enthalten heute die Programme<br />

der Parteien weitaus mehr Aussagen zu diesem Themenkomplex,<br />

auch wenn diese nur zögernd oder gar nicht verwirklicht<br />

werden.<br />

2.2 Ursachen der Artengefährdung<br />

· Mit dem abstrakten Begriff „Art" (wissenschaftlich: Spezies)<br />

wird eine Gruppe von Lebewesen bezeichnet, die unterein·<br />

ander eine an Identität grenzende Ähnlichkeit aufweisen, in<br />

einem bestimmten, geographisch beschreibbaren Verbreitungsgebiet<br />

(Areal) leben und eine Fortpflanzungsgemein·<br />

schaft bilden. Die Einheit und die Existenz der Art beruhen<br />

auf der Möglichkeit, daß die einzelnen ihr angehörenden Organismen<br />

bei der Fortpflanzung ihr Erbgut immer wieder<br />

vermischen bzw. austauschen können. Nur dadurch bleibt<br />

ihre Abgrenzung gegen andere Arten erhalten.<br />

Die einer Art angehörenden Organismen bewohnen ihr Areal<br />

nur selten geschlossen, sondern verteilen sich jeweils auf<br />

die geeigneten Lebensräume, wo kleinere oder größere Bestände<br />

(„Populationen") anzutreffen sind. So leben z. B. die<br />

Organismen einer wärmeliebenden Art in einzelnen Popu la·<br />

tionen in warm-trockenen Lebensräumen. Solche Populationen<br />

repräsentieren jeweils die Art und sind konkreter Gegenstand<br />

des <strong>Artenschutz</strong>es.<br />

Nach Angaben der <strong>Rat</strong>es von Sachverständigen für Umweltfragen2)<br />

kommen auf dem Gebiet der Bundesrepublik<br />

Deutschland etwa 39 000-50 000 Tier- und 17 000-27 000<br />

Pflanzenarten vor. Die Differenzen beruhen darauf, daß bei<br />

den sog. niederen Organismen (z. B. Pilze, Algen, Rädertie·<br />

re, Urtiere, Spinnen, Würmer) ent weder nicht alle Arten bekannt<br />

oder die Artenabgrenzungen umstritten sind. Allein<br />

Pilze und Algen bestreiten aber rund 80 % des gesamten<br />

Pflanzenartenbestandes. Die für den Stoffabbau und Humusaufbau<br />

so wichtigen Bakterien und Strahlenpilze des<br />

Bodens sind bei diesen Berechnungen Oberhaupt nicht berücksichtigt.<br />

Die biologische Forschung der letzten 100 Jah·<br />

re hat bei ihrer Fixierung auf der Suche nach allgemeinen<br />

Naturgesetzen die Untersuchung der Artenvielfalt stark vernachlässigt.<br />

Einigermaßen gesichert sind daher nur die<br />

Artenzahlen der Blüten- und Farnpflanzen (2700), Wirbeltiere<br />

(500), bestimmter Insektengruppen (z. B. Libellen 80, Groß­<br />

Schmetterlinge 1300) und Weichtiere (301). Auch bei ihnen<br />

ist aber meist nicht bekannt, wie groß die Populationen der<br />

einzelnen Arten, d. h. wie selten oder häufig sie sind.<br />

2) Der <strong>Rat</strong> von Sachverständigen für Umweltfragen, 1985,<br />

Sondergutachten „ Umweltprobleme der Landwirtschaft''.<br />

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