Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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ziellen Schutzvorkehrungen selbst zu treffen, für die das<br />
übereinkommen keine konkreten Anweisungen sondern<br />
lediglich die Verpflichtung enthält. Die Bonner Konvention<br />
hat somit für die meisten wandernden Arten nur den<br />
Charakter eines Rahmenabkommens, das durch regionale<br />
Vereinbarungen unter den Mitgliedsstaaten erst mit<br />
Inhalt gefüllt werden muß.<br />
Das „übereinkommen über die Erhaltung wildwachsender<br />
Pflanzen und wildlebender Tiere sowie natürlicher<br />
Lebensstätten in Europa" (sog. Berner Konvention), 1979<br />
in Bern unterzeichnet, hat einen regionalen Geltungsbereich<br />
für das Gebiet der Europaratsstaaten und ist nach<br />
der Verabschiedung durch 14 Staaten am 01. 06. 1982<br />
völkerrechtlich in Kraft getreten. Auch hier sind Regelungen<br />
über den Sitz des Sekretariats und die Organisation<br />
von Vertragsstaatenkonferenzen noch offen.<br />
Die 1979 verabschiedete und für alle 10 EG-Mitgliedsstaaten<br />
verbindliche „Richt linie des <strong>Rat</strong>es (der EG) über<br />
die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten" (sog. EG-Vogelschutzrichtlinie)<br />
gilt für die europäischen Gebiete der<br />
EG (also ohne Grönland und die überseeischen Departements<br />
Frankreichs). Sie beinhaltet Vorschriften für den<br />
Biotopschutz, den allgemeinen <strong>Artenschutz</strong>, die Handelskontrolle<br />
und die Vogelschutzforschung_ Entscheidungsgremien<br />
sind der EG-Ministerrat und ein Anpassungsausschuß.<br />
Leider konnte aber auch diese Richtlinie<br />
bisher den Massenfang und die Bejagung von Singvögeln<br />
und andere Verstöße gegen den Vogelschutz in<br />
europäischen Ländern nicht verhindern.<br />
Durch die EG-Vogelschutzrichtlinie wurde die schon<br />
1902 in Paris geschlossene „ Internationale Übereinkunft<br />
zum Schutze der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel",<br />
der sieben Staaten beigetreten waren, weitgehend<br />
überholt.<br />
Den weitesten Geltungsbereich unter allen bestehenden<br />
internationalen Naturschutzkonventionen hat das am<br />
03. 03. 1973 in Washington unterzeichnete „übere inkommen<br />
über den internationalen Handel mit gefährdeten<br />
Arten freilebender Tiere und Pflanzen" (sog. Washingtoner<br />
<strong>Artenschutz</strong>übereinkommen I WA), das die Bundesrepublik<br />
Deutschland - als erstes EG-Land - am 20.<br />
06. 1976 in Kraft gesetzt hat und dem inzwischen 89<br />
Staaten beigetreten sind (Stand Mai 1985).<br />
Die Beschränkung auf einen einzigen Aspekt des <strong>Artenschutz</strong>es<br />
- den Raubbau an den Gütern der Natur ei nzudämmen<br />
und den ausufernden weltweiten Handel mit<br />
Wildtierprodukten und lebenden Tieren und Pflanzen auf<br />
das ökologisch tragbare Maß zu begrenzen - dürfte<br />
ebenso wie das unmittelbare wirtschaftliche Interesse<br />
der Erzeuger- und Verbraucherländer ausschlaggebend<br />
dafür gewesen sein, daß dieser maßgeblich von der<br />
IUCN beeinflußten Konvention von Anfang an hohe Aufmerksamkeit<br />
und inzwischen ein nicht unbeträchtlicher<br />
Erfolg zuteil wurden. Hierzu einige Erläuterungen:<br />
Auswirkungen und Vollzugsmängel des WA<br />
Die Grundidee des Übereinkommens ist einfach: Sein Kernstück<br />
sind die Anhänge 1 - III mit den Listen der rund 2 000<br />
Tier- und 30 000 Pflanzenarten, für die entweder Handelsverbote<br />
oder Handelsbeschränkungen gelten. Diese Listen und<br />
die Durchführungsvorschriften sind in allen WA-Mitgliedsstaaten<br />
Gesetz und werden alle zwei Jahre auf den internationalen<br />
Vertragsstaatenkonferenzen ergänzt und korrigiert.<br />
Die Exekutive und die Kommunikation zwischen den Vertragsstaaten<br />
obliegt einem Generalsekretariat, das seinen<br />
Sitz in Lausanne in der Schweiz hat. Finanziert wird das<br />
Ganze aus den Beiträgen der Mitgliedstaaten.<br />
So weit, so gut - aber das umfangreiche und sowohl völkerrechtlich<br />
als auch handelspolitisch sehr weitreichende<br />
<strong>Artenschutz</strong>übereinkommen ist nur so viel wert wie die Fähigkeit<br />
und die Bereitschaft der Mitgliedsstaaten zur einwandfreien<br />
Durchführung seiner Bestimmungen und zur internationalen<br />
Zusammenarbeit. Und gerade daran mangelt<br />
es bis heute - 11 Jahre nach der Unterzeichnung - noch in<br />
vielen Ländern und nicht nur in denen der Dritten Welt.<br />
Wichtige Exportländer in Mittelamerika, Afrika und Südostasien<br />
stehen noch ebenso abseits wie eine Reihe europäischer<br />
Staaten in Ost und West.<br />
Ab 1984 hat das WA zwar in einheitlicher Form für die gesamte<br />
EG - und damit auch in den Benelux-Ländern, Irland<br />
und Griechenland - Geltung erlangt. Damit wurden jedoch<br />
die Ein- und Ausfuhrkontrollen an die EG-Außengrenzen verlagert,<br />
und man befürchtet eine Verschlechterung der Vollzugsqualität<br />
auf das Niveau des schwächsten Gliedes. Wer<br />
künftig verbotene WA-Waren in den Freihandelsraum der<br />
EG bringen will, wird dies wohl am ehesten über Piräus, Dublin<br />
oder Antwerpen versuchen, wo die Kontrollen mangels<br />
Erfahrung am „großzügigsten" vonstatten gehen. Der Nachweis<br />
illegaler Importe wird innerhalb der Gemeinschaft<br />
ohne Zweifel noch schwieriger werden als bisher im nationalen<br />
Rahmen. Vollzugserschwerend kommt hinzu, daß<br />
auch die für das WA zuständigen deutschen Bundesbehörden,<br />
die schon bisher in strittigen Fällen ihre Entscheidungen<br />
eher zugunsten des Handels als der bedrohten Arten<br />
trafen, sich nun vermehrt auf EG-Recht berufen werden,<br />
wenn es um besondere nationale Stellungnahmen und Regelungen<br />
geht.<br />
Die Bundesrepublik Deutschland gehört - nach den USA<br />
und Japan - zu den größten Absatzmärkten und Umschlagszentren<br />
für den Handel mit gefährdeten Tier- und<br />
Pflanzenarten. Auf einigen Teilgebieten zählen die deutschen<br />
Einfuhren zur Weltspitze: Rund 60 Prozent der weltweit<br />
gehandelten Pelzfelle und etwa 20 Prozent des Reptilleders<br />
gehen - zum Teil zur Veredelung und Weiterverarbeitung<br />
- in die Bundesrepublik. Allerdings sind die Umsätze<br />
mit Produkten geschützter Wildkatzenfelle seit einigen Jahren<br />
rückläufig. Einige Zahlen: 1978 wurden rund 312 000,<br />
1982 nur noch 131 000 Wildkatzenfelle importiert. Im gleichen<br />
Zeitraum gingen die Otterfellimporte von 30 000 auf<br />
3000 zurück. Auch die Ei nfuhr von Krokodil- und Kaimanhäuten<br />
verringerte sich seit 1978 von über 350 000 auf etwa<br />
92 000, aber die rund 60 000 laufenden Meter Schlangenhäute<br />
pro Jahr allein für den deutschen Luxusledermarkt sind<br />
immer noch eine erschreckend große Zahl. Auf dem Höhepunkt<br />
der Reptilledermode wurden zwischen 1950 und 1960<br />
weltweit etwa 5-10 Millionen Krokodil- und 12 Millionen<br />
Schlangenhäute im Jahr gehandelt - aneinandergelegt ein<br />
Reptilledergürtel rund um den Äquator. Inzwischen ist ein<br />
Trendwandel in der internationalen Pelz- und Ledermode unverkennbar<br />
- oh ne Zweifel das Ergebnis einer Bewußtseinsänderung<br />
im Verbraucherverhalten und ein Erfolg des<br />
trotz aller Unvollkommenheit wirksamen Washingtoner <strong>Artenschutz</strong>übereinkommens.<br />
Auch für den Handel mit lebenden Tieren und Pflanzen gilt<br />
die Bundesrepublik als ein besonders lukrativer Markt: zum<br />
Beispiel werden jährlich 40-50 000 wildgefangene Papageien,<br />
80 000 Reptilien - Schildkröten, Echsen, Riesenschlangen<br />
- und viele tausend der Natur entnommene Orchideen<br />
und Kakteen importiert.<br />
Der Wert aller nach dem WA zulässigen Einfuhren von gefährdeten<br />
Tier- und Pflanzenarten und deren Erzeugnissen<br />
in die Bundesrepublik beläuft sich - nach vorsichtigen<br />
Schätzungen - auf wenigstens 100 Millionen DM pro Jahr.<br />
Trotz dieses erheblichen Handelsvolumens weist aber der<br />
praktische Vollzug des Gesetzes zum Washingtoner <strong>Artenschutz</strong>übereinkommen<br />
- 8 Jahre nach Inkrafttreten - bei<br />
uns immer noch gravierende Mängel auf. Ursachen dafür<br />
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