Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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3.10 Verringerung der emotionalen Beziehungen Mensch -<br />
Tier<br />
3.10.1 Verringerung der Erlebnis-Qualität in bezug auf Artenvielfalt<br />
3.10.2 Verringerung der Erlebnis-Qualität der Ästhetik (von<br />
Formen, Farben und Bewegung) der Tiergestalten<br />
3.10.3 Verringerung der Erlebnis-Qualität gegenüber freile·<br />
benden Großtieren (Säugetieren, Vögeln, verschiedenen<br />
Reptilien, Amphibien und Groß-Insekten) als natürlichen Le·<br />
benselementen eines Landschaftsraumes.<br />
3.10.4 Verringerung der Mensch-Tier-Bindung im Arten-und<br />
lndividuenbereich als psychische, soziale und ethische Beziehung;<br />
Verminderung der Chance auf Entwicklung eines<br />
neuen Ethos gegenüber der Natur.<br />
28 Zusammenfassung<br />
Die Folgen des Ausfalls von Tierarten in Ökosystemen werden<br />
nach wie vor im Zusammenhang mit Naturschutz-Stra·<br />
tegien entscheidend unterschätzt. Der Ausfall ist sowohl im<br />
Hinblick auf die Weiterentfaltung der Evolution als auch für<br />
die Regulation und Stabilisierung von Ökosystemen und di·<br />
rekt innerhalb von Nahrungsnetzen und Nahrungsketten für<br />
die Erhaltung der obligatorischen Beziehungen zwischen·<br />
artlich gebundener Tierarten und Pflanzenarten von entscheidender<br />
Bedeutung. Über 80% von Tier- und Pflanzenarten<br />
dürften untereinander in obligatorischen Bindungen ste·<br />
hen, so daß jeweils bei Ausfall einer Partner-Art auch die an·<br />
deren angeschlossenen Arten in derselben Region im sei·<br />
ben Umfang betroffen sind. Der Mitreiß-Effekt oder der Lauf·<br />
maschen-Effekt spielt eine um so größere Rolle, je mehr der<br />
Ausfall solche Arten betrifft, die nahe zur Basis der Nahrungsketten<br />
oder der Nahrungsnetze stehen.<br />
<strong>Artenschutz</strong> muß für Ökosysteme um so wirksamer sein, je<br />
mehr er sich in seiner Prioritätensetzung auch den „häufi·<br />
gen" Arten, den Arten an der Basis von Nahrungsbeziehungen<br />
und den Schlüsselarten für Nahrungsverkettung zuwen·<br />
det und sich nicht nur auf „seltene" Arten oder Großtierarten<br />
oder Arten in „ Spitzenpositionen" in den Nahrungspyramiden<br />
beschränkt. Die negativen Folgen des Ausfalls von<br />
Arten wachsen von Beziehungskomplexen mit einseitiger<br />
Spezialisation (z.B. Wirt-Parasit-Beziehung) zu doppelseiti·<br />
gen Spezialisationen (z.B. obligatorischen Symbiose-Bezie·<br />
hungen) und von ektophagen Beziehungen zu endophagen<br />
Beziehungskomplexen.<br />
Pflanze-Tier-Beziehungen und Wirt-Parasit-Beziehungen sind<br />
dabei meist spezialisierter als Detritus-Tier-oder Beute-Räuber-Beziehungen<br />
einzuschätzen. Entsprechend abgestuft<br />
sind die Folgen von Artenausfällen zu beurteilen. Gerade<br />
der Schutz von kleinen Tierarten, von Klein-Organismen und<br />
Mikro-Organismen wie von Bakterien und Pilzen als Partner<br />
Arten von Tieren sowie Parasiten-Arten wird noch weitgehend<br />
vernachlässigt, obwohl gerade die ökologische Bedeutung<br />
dieser Formen für die Natur und somit für den gesamten<br />
Naturhaushalt besonders hoch zu veranschlagen ist. <strong>Artenschutz</strong><br />
kann mittel- bis langfristig nicht erfolgreich sein,<br />
wenn nicht die Gesamtheit aller noch lebenden Organismen-Arten<br />
in einem Ökosystem bzw. in einem zusammenhängenden<br />
Ökosystem-Komplex in den Schutz einbezogen<br />
wird und dafür Konzepte entwickelt werden.<br />
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