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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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Harald Plachter<br />

Schutz der Fauna durch Flächensicherung -<br />

Stand, Möglichkeiten und Grenzen<br />

1 Einleitung<br />

In der Bundesrepublik Deutschland stehen knapp 2500 höhere<br />

Pflanzenarten (Farn- und Blütenpflanzen) etwa 40 000<br />

mehrzellige Tierarten gegenüber. Auch in einzelnen Bio·<br />

topen übersteigt die Zahl der anwesenden Tierarten die der<br />

Pflanzenarten i.d.R. um ein Vielfaches. Dies bedingt eine<br />

wesentlich differenziertere Einnischung vieler Tierarten und<br />

demzufolge auch sehr spezifische Anforderungen an die Lebensräume,<br />

in denen sie auf Dauer existieren können. Handlungsanweisungen<br />

des Naturschutzes, die hinsichtlich des<br />

Detaillierungsgrades für eine Sicherung bestimmter Pflanzenbestände<br />

noch ausreichen, müssen deshalb keineswegs<br />

immer auch den Fortbestand der zugehörigen Zoozönosen<br />

garantieren. Dies hat gerade im zoologischen Bereich zur<br />

Entwicklung spezieller <strong>Artenschutz</strong>programme geführt<br />

(BLAB 1979, ERZ 1980, PLACHTER 1983a). Auch im Tierartenschutz<br />

müssen Ziele und Handlungsanweisungen letztlich<br />

auf bestimmte Flächen oder Objekte bezogen werden<br />

(vgl. BLAB 1984), -da nur auf diese Weise eine konkrete Umsetzung<br />

und eine Abgleichung mit den übrigen Nutzungsansprüchen<br />

an die Landschaft möglich sind. Das Schlagwort,<br />

daß <strong>Artenschutz</strong> primär Biotopschutz sei, besitzt für den<br />

zoologischen Bereich aber nur dann uneingeschränkt Gültigkeit,<br />

wenn unter Biotopschutz nicht nur eine Schutzgebietsausweisung<br />

im bisherigen, vorwiegend konservierenden<br />

Sinn verstanden wird und wenn mit der Sicherung von<br />

Flächen für den Tierartenschutz ein Paket differenzierter<br />

Handlungsanweisungen für die Weiterentwicklung, Pflege<br />

und Optimierung der Gebiete verbunden wird. Die Mobilität<br />

der meisten Tierarten setzt zudem einem Schutz in Reservaten<br />

Grenzen.<br />

Unabhängig von den fachlichen Zielen zählt für die Naturschutzpraxis<br />

der überwiegend konservierende Flächen- und<br />

Objektschutz und hier wiederum die Ausweisung von Naturschutzgebieten<br />

nach wie vor zu den wichtigsten Instrumenten<br />

und stellt häufig die einzige praktikable Möglichkeit zur<br />

flächenbezogenen Umsetzung von Naturschutzzielen dar.<br />

Eine Analyse der Leistungsfähigkeit des traditionellen Flächenschutzes<br />

sollte deshalb von einer Bilanz der in den bestehenden<br />

Schutzgebieten gesicherten Tierbestände ausgehen.<br />

Die wichtigste Schutzgebietsform, das Naturschutzgebiet,<br />

ist derzeit auch gleichzeitig die einzige, zu der zumindest<br />

regional ausreichende Informationen für entsprechende<br />

tierökologische bzw. faunistische Auswertungen<br />

vorliegen. Doch fehlen auch hier Daten, die bundesweit vergleichbar<br />

sind. Die nachfolgenden Beispiele stammen überwiegend<br />

aus verschiedenen Auswertungen für Bayern. Die<br />

abgeleiteten Grundsätze können aber i.d.R. auf die allgemeine<br />

Situation in der Bundesrepublik Deutschland übertragen<br />

werden.<br />

2 Die Bedeutung bestehender Schutzgebiete für den<br />

Tierartenschutz<br />

2. 1 Naturschutzgebiete<br />

Am 1. 1. 1984 waren auf der Festlandsfläche der Bundesrepublik<br />

Deutschland 1850 Naturschutzgebiete mit einer Fläche<br />

von 245 578 ha ausgewiesen ( = 0,99% der Festlands-<br />

fläche der Bundesrepublik) (Bundesforschungsanstalt für<br />

Naturschutz und Landschaftsökologie 1984). In Bayern bestanden<br />

am 1. 1. 1985 275 Naturschutzgebiete mit zusammen<br />

96 546 ha (ohne Nationalpark „Königssee"), das sind<br />

1,37% der Landesfläche.<br />

zweifellos beherbergt eine ganze Reihe dieser Schutzgebiete<br />

besonders schutzwürdige Tiergemeinschaften mit einem<br />

überdurchschnittlich hohen Anteil gefährdeter Arten, wie<br />

inzwischen auch durch eine Anzahl hervorragender Monographien<br />

belegt ist. Dies gilt natürlich besonders für jene<br />

Naturschutzgebiete, die überwiegend oder ausschließlich<br />

aus zoologischen Gründen ausgewiesen wurden, z.B. sog.<br />

„Vogelfreistätten". Diese überwiegend positive Bewertung<br />

für die relativ wenigen gut dokumentierten Schutzgebiete<br />

kann jedoch nicht ohne weiteres auf den Gesamtbestand<br />

übertragen werden. Zum einen liegen vor allem zu jenen wenigen<br />

Gebieten zoologische Bestandsaufnahmen vor (auch<br />

dort häufig oder nur für die Vogelwelt), bei denen Gesichtspunkte<br />

des Tierartenschutzes von vorneherein ein wesentlicher<br />

Ausweisungsgrund waren. Über die Mehrzahl der übrigen<br />

Gebiete sind kaum aktuelle zoologische Daten bekannt<br />

geworden. Zum anderen ist ein indirekter Schluß von der<br />

Schutzwürdigkeit bzw. seltenen Ausprägung der Vegetation<br />

auf die Fauna zumindest in allgemeiner Form nicht zulässig<br />

(PLACHTER 1983a), ja häufig nicht einmal von einer Tiergruppe<br />

auf eine andere (vgl. SCHOLL 1976).<br />

Die Sicherung der Bestände gefährdeter Arten der Roten<br />

Li ste kann sicherlich auch für den Bereich des Tierartenschutzes<br />

nicht der einzige Grund für die Ausweisung von<br />

Schutzgebieten sein. Die inzwischen relativ guten Kenntnisse<br />

über die aktuelle Bestandssituation und die verbliebenen<br />

Populationen gerade bei vielen stark gefährdeten Tierarten<br />

machen aber eine räumliche Zuordnung zu bestehenden<br />

Naturschutzgebieten möglich und erlauben so eine erste<br />

Bewertung der Leistungsfähigkeit der bestehenden Schutzgebiete.<br />

Folgende Beispiele können genannt werden:<br />

- ERZ (1981) belegt, daß durchschnittlich nur etwa 113 der<br />

gefährdeten Brutvogelarten Nordwestdeutschlands<br />

überhaupt in den dortigen Naturschutzgebieten vorkommen.<br />

Von 153 durch das Landesamt für Umweltschutz Rheinland-Pfalz<br />

bewerteten Naturschutzgebieten haben nur 5<br />

( = 3%) ausschließlich zoologische Bedeutung; 80 Gebieten<br />

( = 53%) kommt neben weiteren Schutzwerten<br />

eine besondere zoologische oder limnologische Bedeutung<br />

zu. Jedoch sind 68 Gebiete ( = 44%) ohne besondere<br />

zoologische Bedeutung (GRÜNWALD, mdl. Mitt.).<br />

Eine vergleichbare Aufschlüsselung der 275 Naturschutzgebiete<br />

Bayerns (Stand 1. 1. 85) nach dem jeweils<br />

überwiegenden Schutzgrund bringt folgendes Ergebnis:<br />

Wald:<br />

Moor:<br />

Gewässer:<br />

Geologie:<br />

botanischer <strong>Artenschutz</strong>:<br />

Vegetationskunde<br />

zoologischer <strong>Artenschutz</strong>:<br />

komplexe Schutzgründe:<br />

51 Gebiete<br />

73 Gebiete<br />

9 Gebiete<br />

27 Gebiete<br />

70Gebiete<br />

32Gebiete<br />

13Gebiete<br />

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