Eckehard Foerster Wie hat sich die Entwicklung der bäuerlichen Kulturlandschaft zur Intensiv-Landwirtschaft auf die Vegetation ausgewirkt? Die bäuerliche Kulturlandschaft war Ober lange Zeit gekennzeichnet durch eine unscharfe Grenze zwischen Grünland und Wald. Das Grünland galt als „ Mutter des Ackerlandes", weil der aus der Viehhaltung stammende Dünger nur dem Acker zugute kommt. Für die Heide gilt diese eigentlich auf die Wiese gemünzte Aussage eigentlich noch mehr, weil mit der Plaggenwirtschaft der Heideboden selber zum Aufbau des Ackers, „ Esch" genannt, ·beiträgt. In einer ersten Stute der Intensivierung erfolgt, weitgehend auf Druck der Grundherren, die Trennung von Wirtschaftsgrünland und Wald, wobei die Aufgabe der Hude- und Schneitelwirtschaft dem Wald ausgesprochen wohltut. Das Grünland bleibt „Mutter des Ackers" , auf der Wiese erfolgt eine ständige Entnahme von Nährstoffen ohne Ersatz. Auf diese „ Dystrophierung durch Schnitt" werden wir noch zurückkommen. Auf beweideten Flächen bleiben dagegen Exkremente der Weidetiere auf der Fläche, so daß nennenswerte Nährstoffverluste durch die Nutzung nicht auftreten. Zwar wird gelegentlich auch der Nährstoffentzug durch Beweidung (durch Entnahme von Milch und Fleisch) Ober lange Zeiträume bilanziert und für die Heideentstehung verantwortlich gemacht. Dies überzeugt mich nicht, weil man zwar die genannten Entzüge schätzen und bilanzieren kann, nicht aber die klimatisch bedingte Auswaschung der Nährstoffe, so daß wohl der Entzug von Nährstoffen durch die Weidetiere gegenüber der Auswaschung und der Plaggennutzung zum Vernachlässigen klein bleibt. Diese Entwicklungsstufe der bäuerlichen Kulturlandschaft liegt heute zurück und gilt als Maßstab für die Beurteilung der Gegenwart. Die zweite Stufe, mit der wir uns eigentlich auseinanderzusetzen haben, wird durch die Faktorenkomplexe motorische Zugkraft und Agrarchemie bewirkt, sie ist noch nicht abgeschlossen. Agrarpolitische Entscheidungen bewirken die Umwandlung von Grünland in Acker. Dabei spielt wohl auch eine betriebswirtschaftliche Unterschätzung des Grünlandes eine Rolle. Auf dem Acker bewirken Düngung und Pflanzenbehandlungsmittel Ertragssteigerung der Kulturpflanzen und Rückgang der Wildpflanzenarten, wobei der letztere durch den Im Boden noch vorhandenen Samenvorrat verzögert erscheint, aber in Wirklichkeit jeweils schon weiter fortgeschritten ist, als es den Anschein hat. Weil im Vertrauen auf die chemischen Mittel eine mechan1sche Unkrautbekämpfung unterbleibt, verschiebt sich das Artenspektrum auf resi stente Arten, die mitunter produktionstechnisch besonders unangenehm sind. Auf dem nicht in Acker verwandelten Grünland setzt sich die betriebswirtschaftlich vorzügliche Mähweidenutzung durch. Die· Wiesengesellschaften des Arrhenaterion gehen durch Umwandlung in Weiden bis zum Verschwinden zurück. Die Mineraldüngung bringt nicht nur die Magerrasen, sondern auch die Unterschiede der natürlichen Bodenfruchtbarkeit zum Verschwinden. Feuchtgrünland wird durch Entwässerung - die wiederum erst durch den Faktor motorische Zugkraft ermöglicht wird - in Acker oder Weide verwandelt. Dabei verschwindet weitgehend auch der Vegetationskomplex des Feuchtgrünlandes, der nicht nur die Feuchtwiesen selber, sondern auch die damit verbu ndenen Fließ- und Stillgewässer mit ihren Verlandungsbereichen sowie Hecken und Feldgehölze umfaßt. Im so gefaßten Feuchtgrünland ist der Anteil der in die <strong>Rat</strong>e Liste aufgenommenen gefährdeten Arten größer als in der Gesamtvegetation, besonders hoch ist der Anteil der stark gefährdeten Arten der Kategorie 2. Die technischen Maßnahmen und ihre Folgen, die zu der skizzierten Entwicklung gehören, werden fast generell als Faktorenkomplex „ Flurbereinigung" bezeichnet. Der Protest der Flurbereinigungsbehörden dagegen ist mir verständlich, sind doch diese Behörden ausführende Organe der Agrarpolitik, so daß ich lieber „ Flurbereinigung" durch „Agrarpolitik" ersetzen möchte. Als konkretes Beispiel für die aufgezeigte Entwicklung führe ich aus einer nicht abgeschlossenen Untersuchung das Cynosurion in der westfälischen Bucht im Zeitraum 1961.-1983 an, und zwar einmal im potentiell natürlichen Eichen-Birken-Wald und im Eichen-Hainbuchen-Wald. Gemessen wird die Entwicklung jeweils an 1. der Artenzahl je Aufnahme 2. dem Anteil der Gesellschaften: Lolio-Cynosuretum mit und ohne Magerkeitszeiger der Luzula-Artengruppe, dem Luzulo-Cynosuretum und dem Lolio-Plantaginetum 3. der Verteilung der Dominanzklassen für die Artenpaare Lolium perenne/Festuca rubra und Trifolium repens/Taraxacum officinale. Die Ergebnisse sind in Abb. 1 und Abb. 2 (siehe folgende Seite) dargestellt. Neben der erheblichen Schwankung von Jahr zu Jahr, bestimmt durch die Eigenart der jeweiligen Untersuchungsgebiete und die Jahreswitterung, zeigt sich deutlich 1. die Abnahme der Artenzahl, doch ist dieser Effekt nicht so groß wie pauschale Vermutungen erwarten lassen und qualitative Veränderun gen sind nicht erkennbar, 2. das allmähliche Erlöschen der Luzula-Varianten des Lolio-Cynosuretum und des Luzulo-Cynosuretum - im Eichen-Birken-Wald von einem höheren Niveau ausgehend als im Eichen-Hainbuchen-Wald; das neue Auftreten des Lolio-Plantaginetum im Eichen-Hainbuchen Wald, 3. die Zunahme von Lolium perenne und die Abnahme von Festuca rubra - wiederum im Eichen-Birken-Wald deutlicher als im Eichen-Hainbuchen-Wald, 4. die Abnahme von Trifolium repens und die Zunahme von Taraxacum officinale - hier bei Trifolium repens in beiden Bereichen der potentiellen natürlichen Vegetation recht gleichartig, mit einer auffallenden gemeinsamen Spitze im Jahr 1963, die vermutlich witterungsbedingt ist, bei Taraxacum mit stärkerem Anstieg bei ähnlichen Ausgangswerten im Eichen-Hainbuchen-Wald. Zu Taraxacum officinale möchte ich eine Nebenbemerkung machen. Es handelt sich dabei um das Aggregat gleichen Namens, das sich mit der Sektion Taraxacum (syn. Vu lgaria) deckt. Daraus ist kürzlich eine Artengruppe als eigene Sektion ausgegliedert worden. Auch danach sind noch etwa 130 Arten dieses Aggregats für Deutschland nachgewiesen. Möglicherweise befinden sich einige doppelt benannte Arten darunter, aber wenn man etwa die Entwicklung der Kenntnis dieser Sippen in den gut untersuchten Niederlanden betrachtet, dann muß man annehmen, daß weit mehr 609
Abb 1 Q b r~i~ o· ' 1 1/ 1 i „/\ 1. f\v· 1 ; · \ ! \v·~VjJ\ciJl 1 1 , ~~ \ / 1 5 . -'- c 0 c 60 6< 61 ~6 6a
- Seite 1 und 2:
DEUTSCHER RAT FR LANDESPFLEQE WARVM
- Seite 3 und 4:
Für den Inhalt verantwortlich: Pro
- Seite 5 und 6:
Harald Plachter: Schutz der Fauna d
- Seite 7 und 8:
echnet, hat dabei die Zahl der jewe
- Seite 9 und 10:
len Rates für Vogelschutz und 1925
- Seite 11 und 12:
II. Veränderung von Standortbeding
- Seite 13 und 14:
oft auch als dessen nichtlebender (
- Seite 15 und 16:
schaftsverband und mit der Landesan
- Seite 17 und 18:
Eine weitere Möglichkeit, schutzw
- Seite 19 und 20:
daß legale Methoden angewandt werd
- Seite 21 und 22:
5.2.6 Seit dem 1. 1. 1984 gilt für
- Seite 23 und 24:
Besonders problematisch ist die tei
- Seite 25 und 26:
ihren Schutzzweck oft nur unzureich
- Seite 27 und 28: 8 Glossar: Art: Gesamtheit der Indi
- Seite 29 und 30: Rechtliche Regelungen zum Biotop·
- Seite 31 und 32: Rechtliche Regelungen zum Biotop·
- Seite 33 und 34: Rechtliche Regelungen zum Biotop·
- Seite 35 und 36: Günter Altner Ethische Begründung
- Seite 37 und 38: unseres technisch-wirtschaftlichen
- Seite 39 und 40: für die Notwendigkeit des Artensch
- Seite 41 und 42: Hermann-Josef Bauer Welche Ursachen
- Seite 43 und 44: Ähnlich wie bei den akut auftreten
- Seite 45 und 46: Tabelle 3: Verursachungsgruppen der
- Seite 47 und 48: Tabelle 4 Akute Gefährdungsursache
- Seite 49 und 50: 4 Ausblick Statt einer Zusammenfass
- Seite 51 und 52: ein Ökosystem, etwa bei Ausfall de
- Seite 53 und 54: stimmenden ökologischen Funktionen
- Seite 55 und 56: Die obligatorischen Probiosen, also
- Seite 57 und 58: Humusformen. Er würde 500 Organism
- Seite 59 und 60: lationsdichte der für die Regulati
- Seite 61 und 62: c) Aussterben der Population in den
- Seite 63 und 64: 3.10 Verringerung der emotionalen B
- Seite 65 und 66: Tab. 1: Gesamtartenzahlen und Antei
- Seite 67 und 68: Er stellt ein asymptotisches Verhal
- Seite 69 und 70: 2.13 Veränderungen abhängiger Pfl
- Seite 71 und 72: Pb-2~0 Age· A973 A.D. ~900 ~800 ~o
- Seite 73 und 74: Tab. 4: In Mitteleuropa heimische,v
- Seite 75 und 76: iesige Tellico-Stausee der Tennesse
- Seite 77: SCHULTES, R. E. (1972): The Future
- Seite 81 und 82: Josef Blab Sind die Roten Usten der
- Seite 83 und 84: Tabelle 2 TAXON Gesamtartenzahlen u
- Seite 85 und 86: scheidende Veränderungen dann auch
- Seite 87 und 88: Harald Plachter Schutz der Fauna du
- Seite 89 und 90: Eine Auswertung für 53 ornithologi
- Seite 91 und 92: aus der derzeit unbefriedigenden Si
- Seite 93 und 94: Areal vom Aussterben bedroht sind,
- Seite 95 und 96: 1969 1971 1971 1913 197.C {2· ~~
- Seite 97 und 98: sätzlichem Interesse, die davon au
- Seite 99 und 100: HABER, W. (1971): Landschaftspflege
- Seite 101 und 102: A A Pflanzenart, während es doch u
- Seite 103 und 104: setzt entsprechend verteilte Strukt
- Seite 105 und 106: Tabelle: Bewertung (aus der Sicht d
- Seite 107 und 108: Luchs und Graugans, möglicherweise
- Seite 109 und 110: CONVAY, W.G. (1969): Zoos: their ch
- Seite 111 und 112: ensräume für gefährdete Tier- un
- Seite 113 und 114: Landwirtschaft, Natur und Recht 198
- Seite 115 und 116: ei dem im Rahmen der Zulassung der
- Seite 117 und 118: ziellen Schutzvorkehrungen selbst z
- Seite 119 und 120: Anschriften der Autoren Prof. Dr. D
- Seite 121 und 122: Heft Nr. 22 Mai 1974 Heft Nr. 23 Ok