Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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Ebereschen-Karpartenbirken-Blockwald im ldarwald. Die meisten vergleichbaren und besonders schützenswerten Waldgesellschaften muß·<br />
ten - wie so oft - Nadelgehölzaufforstungen weichen. (Foto: Pretscher)<br />
Das erinnert an eine bestimmte Variante von KANTS Kate·<br />
gorischem Imperativ: „ Handle so, als ob die Maxime deiner<br />
Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze<br />
erhoben werden sollte." Die bei KANT vorausgesetzte<br />
Sittlichkeit verpflichtet dazu, in die Abstimmung meiner<br />
Handlungsziele mtt anderen Handlungszielen auch die Ziele<br />
mit einzubeziehen, die ich als in der Natur liegend zu erken·<br />
nen vermag. Kants Imperativ impliziert, daß der Mensch in<br />
Wahrnehmung seiner Pflichten gegenüber sich selbst und<br />
seinesgleichen auch Pflichten gegenüber der Natur einzulö·<br />
sen hat.<br />
Noch deutlicher tritt der Gedanke einer globalen Pflichtengemeinschaft<br />
zwischen Mensch und Natur bei Albert<br />
SCHWEITZER zutage. In seiner Kulturphilosophie umreißt<br />
er die Aufgaben der dem Leben dienenden Ethik so: „Also<br />
wage sie den Gedanken zu denken, daß die Hingebung nicht<br />
nur auf Menschen, sondern auch auf die Kreatur, ja überhaupt<br />
auf alles Leben, das in der Welt ist und in den Bereich<br />
des Menschen tritt, zu gehen habe. Sie erhebe sich zur Vor·<br />
stellung, daß das Verhalten des Menschen zu den Menschen<br />
nur ein Ausdruck des Verhältnisses ist, in dem er zum<br />
Sein und zur Welt Oberhaupt steht".6) Die Radikalität der<br />
SCHWEITZERSCHEN Ehrfurcht vor dem Leben schließt im<br />
Letzten auch die unbelebte Natur mit ein, obwohl sie von<br />
ihm expressis verbis nicht genannt wird.<br />
Wichtiger noch an SCHWEITZERS Gedanken zur Ethik ist<br />
die Verbindung von Menschenliebe und Kreaturliebe.<br />
Schweitzer spielt nicht das Mensch-Natur-Verhältnis gegen<br />
das Mensch-Mensch-Verhältnis aus, nein, er läßt die drei<br />
Pflichtenbezüge - ich - zu mir, Mensch - Mensch und<br />
. Mensch - Natur - in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis<br />
zueinander bestehen. An der Art, wie ich Mensch<br />
bin, entscheidet sich mein Verhältnis zur Natur. An der Art,<br />
wie ich meine Pflichten der Natur gegenüber wahrnehme,<br />
entscheidet sich mein Menschsein. Das alles läuft bei Albert<br />
Schweitzer in seinem Gebot zur Ehrfurcht vor dem Leben<br />
zusammen: „Ich bin Leben , das leben will, inmitten von<br />
Leben, das auch lel;>en will".<br />
SCHWEITZERS Gebot zur Ehrfurcht vor dem Leben ist von<br />
einer tiefgehenden ökologischen Nüchternheit gekennzeichnet.<br />
Leben vollzieht sich immer in der Gestalt der Konkurrenz<br />
von Lebensansprüchen. Es macht das Menschliche<br />
am Menschen aus, daß er diesen Konflikt schmerzhaft empfindet.<br />
Mehr noch: Es liegt in der Verantwortung des Menschen,<br />
im Konflikt der Lebensansprüche für möglichst viel<br />
Ausgleich und Bewahrung zu sorgen. Das ist es, was<br />
SCHWEITZER in Üt)erbietung des christlichen Gebotes zur<br />
Nächstenliebe dem Bewußtsein des neuzeitlichen Menschen<br />
als unumgängliche Verpflichtung einprägen möchte.<br />
Aber schon im 8. Kapitel des Römerbriefes Ist vom Seufzen<br />
und Warten der Kreatur die Rede, die auf die Erlösung der<br />
Söhne Gottes harrt, damit sie durch diese frei werde.<br />
Wo immer der Ursprung dieser fundamentalen Verpflichtung<br />
wurzele, ohne diesen universellen Willen zum Ausgleich<br />
mit der Natur, ohne den Willen zur Verwirklichung einer<br />
umfassenden Rechtsgemeinschaft der Di nge - bis hin<br />
zu den Steinen -, ohne die Absicht, in uns und im Vollzug<br />
6) A.SCHWEITZER, Kultur und Ethik. Kulturphilosoph ie II. Teil, Mün·<br />
chen 1947, S. 225<br />
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