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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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ihren Schutzzweck oft nur unzureichend. Teilweise springen<br />

Naturschutzverbände bei der Pflege ein, ohne jedoch von<br />

den Naturschutzbehörden ausreichend unterstützt zu wer·<br />

den. Für einen großen Teil der Schutzgebiete liegen außerdem<br />

keine Pflegepläne vor, so daß die Pflege dann nur im·<br />

provisiert werden kann oder ganz unterbleibt.<br />

7 Forderungen und Empfehlungen<br />

Die im Arten· und Biotopschutz festzustellenden Defizite<br />

haben Ihre Ursache weniger in mangelnden rechtlichen<br />

Grundlagen, sondern vor allem in deren unzureichender Um·<br />

setzung. Diese beruht auf ungenügender Personalausstat·<br />

tung der Naturschutzbehörden und ·stellen, auf mangelnder<br />

Ausbildung und Information sowie auf fehlenden Finanzmit·<br />

teln.<br />

Grundsätzlich sollte dem Naturschutz eine gleichrangige<br />

Bedeutung wie allen anderen staatlichen Aufgaben und ge·<br />

sellschaftlichen Ansprüchen eingeräumt werden. Diesem<br />

wird in einigen Bundesländern (Bayern, Nordrhein·Westfa·<br />

len, Saarland) entsprochen, indem d ie Sicherung der Um·<br />

weltbelange in die Verfassungen aufgenommen wurde.<br />

Naturschutz muß vor dem Hintergrund betrieben werden,<br />

den allumfassenden Vorgang der Evolution zu erhalten. Das<br />

erfordert ganz andere räumliche und zeitliche Maßstäbe, als<br />

die Naturschutzpolitik bisher anzulegen bereit wa r.<br />

Aufgrund der vorstehend dargelegten Situation des Artenund<br />

Biotopschutzes spricht der Deutsche <strong>Rat</strong> für Landes·<br />

pflege folgende Forderungen und Empfehlungen für eine<br />

neue Naturschutzpolitik aus. Die zu ergreifenden Maßnah·<br />

men sind im Verbund zu sehen; sie können ihre angestrebte<br />

Wirkung in der Regel nicht einzeln, sondern nur durch ihr<br />

planvolles Zusammenwirken erreichen.<br />

Wissenschaftliche und praktische Maßnahmen<br />

- Einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines gezielten<br />

<strong>Artenschutz</strong>es leistet eine netzart ige Verknüpfung<br />

von Biotopen in einem Biotopverbundsystem. Dafür<br />

ist zunächst die Kenntnis der einen Landschaftsraum<br />

kennzeichnenden und ökologisch wichtigen Biotoptypen<br />

erforderlich, die flächenscharf zu kartieren sind. zugleich<br />

müssen die ökologischen Funktionen sowie die<br />

aktuellen und zukünftig möglichen Beeinträchtigungen<br />

dieser Biotope beurteilt werden.<br />

- Da die Mehrzahl der wildlebenden Tier· und Pflanzenar·<br />

ten an nicht oder nur wenig vom Menschen beeinflußte,<br />

„natürlich" wirkende Pflanzenbestände (z. B. Hecken,<br />

Feldgehölze, magere Grasfluren, Röhrichte) sowie an<br />

Kleingewässer, Felsen, Hanganschnitte und andere physische<br />

Landschaftsbestandteile gebunden ist, bedürfen<br />

diese Biotoptypen vorrangiger Aufmerksamkeit, zumal<br />

sie durch Nutzungsintensivierungen und andere Eingrif·<br />

fe z. T. stark gefährdet sind.<br />

- Beim Schutz von Tierarten ist zu berücksichtigen, daß<br />

zahlreiche von ihnen mehrere verschiedenartige Biotop·<br />

typen für ihren Lebensablauf benötigen und daß diese<br />

Teillebensräume gesichert und nicht voneinander isoliert<br />

werden dürfen.<br />

- Zur Vervollständigung eines Biotopverbundsystems ist<br />

es oft notwendig, neue Biotope anzulegen. So lassen<br />

sich beispielsweise bestimmte halbnatürliche Biotope,<br />

wie wirtschaftsbedingte Waldtypen, Hecken, Stlllgewässer<br />

und feuchtes Grünland, wiederherstellen. Weitere<br />

neue Biotope können z. B. durch Renaturierung von Ab·<br />

grabungsflächen geschaffen werden, von denen minde·<br />

stens 20 % für Zwecke des <strong>Artenschutz</strong>es zu gestalten<br />

sind.<br />

- Eine Möglichkeit der Sicherung von schutzwürdigen Flä·<br />

chen liegt im privatrechtlichen Bereich; Naturschutzver·<br />

bände und -stiftungen können Flächen ankaufen und die·<br />

se dann selbst betreuen.<br />

- Über die Sicherung der Biotope hinaus muß die Existenzfähigkeit<br />

der hier lebenden Tier- und Pflanzenpopulationen<br />

ständig überwacht werden. Diese dürfen aus geneti·<br />

sehen Gründen bestimmte Mindestgrößen nicht unterschreiten.<br />

So ist bei höheren Wirbeltieren eine Bestandszahl<br />

von etwa 500 Individuen erforderlich, um die dauerhafte<br />

Existenz einer Population zu gewährleisten. Bei weniger<br />

als 50 Individuen ist das Erlöschen eines Bestandes<br />

zu befürchten.<br />

- langfristig setzt die Entwicklung von Organismenbeständen<br />

und die Überwachung von Umwelteinflüssen<br />

das Vorhandensein und Funktionieren einer wissen·<br />

schaftlichen Langzeitüberwachung voraus. Es müssen<br />

alle notwendigen Umweltdaten erfaßt und fortgeschrie·<br />

ben werden.<br />

- Die Roten Listen der Tier- und Pflanzenarten der Länder<br />

sind durch detaillierte Angabe von Gefährdungsursa·<br />

chen und Schutzmaßnahmen zu vervollständigen, wobei<br />

eine Regionalisierung nach naturräumlichen Hauptein·<br />

heilen (z. B. Eifel, Niederrheinisches Tiefland) zweckmä·<br />

Big ist.<br />

- Daneben sollten Rote Listen der Pflanzengesellschaften<br />

oder der Biotypen erarbeitet werden, da Biotope oft gefährdeter<br />

sind als einzelne Arten.<br />

- Wiedereinbü rgerungen von gebietsweise ausgest orbenen<br />

oder verschollenen Ti er- und Pflanzenarten sind<br />

grundsätzlich nur als Ausnahme anzusehen und spielen<br />

daher in der <strong>Artenschutz</strong>strategie keine vorrangige Rolle.<br />

Ihre Durchführung muß wissenschaftlich vorbereitet und<br />

ständig überwacht werden.<br />

- Es ist notwendig, die ökologischen Belange auch im<br />

Landbau stärker zu berücksichtigen, wie dies auch im<br />

Sondergutachten „Umweltprobleme der Landwirtschaft"<br />

des <strong>Rat</strong>es von Sachverständigen für Umweltfragen gefordert<br />

wird. Einen Ansatz dazu stellt das „ Programm für<br />

eine umweltverträglichere und standortgerechte Land·<br />

wirtschaft in Nordrhein-Westfalen" dar.<br />

- Zur Sicherung und Erhaltu ng von Arten und Biotopen ist<br />

es zweckmäßig, bestimmte Flächen - z. B. Feuchtwiesen<br />

in Hochlagen und in Wiesentälern der Mittelgebirge<br />

sowie Feuchtwiesen des Flachlandes - aus der bisheri·<br />

gen intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zu nehmen<br />

und extensiv zu bewirtschaften; vor allem aber muß der<br />

Umbruch in (Mais·)Acker verhindert werd en. Der hierbei<br />

vom Land Nordrhein-Westfalen eingeschlagene Weg, die<br />

Landwirte dafür finanziell zu honorieren, weist in die rich·<br />

tige Richtung (Feuchtwiesenprogramm Nordrhein-West·<br />

falen).<br />

- In den Kindergärten und Schulen soll bereits frühzeitig<br />

das Bewußtsein von Kindern und Jugendlichen für wild·<br />

lebende Tiere und Pflanzen durch gezielte Naturerzie·<br />

hung gewecket werden. Dies setzt eine entsprechende<br />

Anpassung der naturkundlichen Lehrpläne sowie eine<br />

Aus· und Fortbildung der Lehrer voraus.<br />

- Durch Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung, öffentlicher<br />

Einrichtungen und privater Verbände des Naturschutzes<br />

sollen die Probleme und die Situation des Biotop- und Ar·<br />

tenschutzes bekanntgemacht werden, um so in der Be-<br />

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