Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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Berndt Heydemann<br />
Folgen des Ausfalls von Arten -<br />
am Beispiel der Fauna<br />
A Folgen von Artenausfall<br />
1 Allgemeines<br />
Ein Referat über die Folgen des Ausfalls von Tierarten für<br />
andere Tierarten oder den übrigen Bereich der Fauna bzw.<br />
die übrigen Teilbereiche von Ökosystemen könnte es sich<br />
bei der Formulierung leicht machen: Man dreht die Antworten<br />
zur Frage „Welche Bedeutung haben Arten für Ökosysteme<br />
und für den Menschen?" rhetorisch um! Um ein Beispiel<br />
zu nennen: Wenn eine große Vielzahl von Insekten-Arten<br />
der Welt für Blütenbestäubung erforderlich ist, dann<br />
muß ein Ausfall von Blütenbestäubern für obligatorisch auf<br />
Insektenbestäubung angewiesene Pflanzengruppen zunächst<br />
den Rückgang und dann sukzessiv das Aussterben<br />
dieser Pflanzengruppen - je nach Bindungsgrad an einzelne<br />
Blütenbestäubergruppen - bewirken.<br />
Anstelle einer ausführlichen Antwort auf die Frage „ <strong>Warum</strong><br />
ist vorsorgender <strong>Artenschutz</strong> zur Vermeidung von Artengefährdung<br />
nötig?" würde auch die Nennung eines einzigen<br />
wichtigen zentralen Faktors - für sich allein genommen -<br />
schon genügen, um die Notwendigkeit des <strong>Artenschutz</strong>es<br />
für eine Tiergruppe hinreichend zu begründen. Eine solche<br />
zentrale Antwort könnte z.B. lauten:<br />
„Wir benötigen alle heute existierenden Tierarten, um den<br />
Fortgang der Evolution auf der Basis möglichst großer genetischer<br />
Vielfalt zu sichern; die Weiterentwicklung des Lebens<br />
erscheint um so gesichert er, je größer das genetische<br />
Ausgangs-Potential ist ; von der genetischen Vielfalt hängt<br />
die Adaptationsfähigkeit der Organismen an Veränderungen<br />
der Umweltverhältnisse ab."<br />
Das wäre eine hinreichende biologische Argumentation für<br />
den <strong>Artenschutz</strong>, bezogen auf alle noch existierenden Arten.<br />
Diese Begründung müßte auch genügen, um einen umfassenden<br />
<strong>Artenschutz</strong> politisch auf seinen Vorrang hin zu<br />
begründen.<br />
Eine andere und als solche auch alleine hinreichend begründete<br />
Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit des<br />
<strong>Artenschutz</strong>es wäre: Reslstenzzüchtung gewinnt im Pflanzenbau<br />
- als wichtiger angewandter Beitrag zur Sicherung<br />
der Ernährung der Weltbevölkerung - eine zunehmende<br />
Bedeutung. Resistenzzüchtung ist um so erfolgreicher, je<br />
größer die genetische Vielfalt als Basis für die Auswahl des<br />
verwendeten Züchtungsmaterials ist. Flora und Fauna sind<br />
in ihrer ökologischen Resistenz voneinander abhängig. Wir<br />
können uns daher im Bereich der Pflanzen- und Tierwelt keinen<br />
weiteren Artenausfall und keine weitere Einschränkung<br />
der innerartlichen Vielfalt leisten. Das wäre eine genügende<br />
agrar-ökonomische Argumentation für den Schutz aller existierenden<br />
Organismen-Arten.<br />
Hier sei angefügt: Argumente für die Notwendigkeit eines<br />
umfassenden <strong>Artenschutz</strong>es stellen zumeist eine Kombination<br />
von ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten<br />
dar. Man kann ökologische und ökonomische Gesichtspunkte<br />
des <strong>Artenschutz</strong>es kaum voneinander trennen - so<br />
eng ist der Mensch in seiner Existenz mit der Artenvielfalt<br />
der Natur verbunden. Merkwürdig ist aber, daß wir für die<br />
praktische Umsetzung des <strong>Artenschutz</strong>es mehr solche Argumente<br />
heranzuziehen bemüht sind, die die ökonomische<br />
Verflechtung der Existenz der Menschen mit der Existenz<br />
von Arten im Vordergrund sehen. Langfristig treffen auf jeden<br />
Fall alle ökologischen Gesichtspunkte mit ökonomischen<br />
Argumenten für den <strong>Artenschutz</strong> zusammen. Dieser<br />
Zusammenhang ist theoretisch leicht erkennbar, aber offenbar<br />
schwer in politische Einzelentscheidungen umzusetzen.<br />
Im Rahmen dieses Referates möchte ich trotzdem versuchen,<br />
die ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkte<br />
bei der Einzelbewertung des Ausfalls von Arten voneinander<br />
zu separieren, obwohl in der Endbewertung der Bedeutung<br />
von <strong>Artenschutz</strong> alle Argumentationen wieder gemeinsam<br />
gesehen werden müssen.<br />
2 Katalog von „ Bewertungs-Kriterien" und<br />
„Güte-Indikationen" für die Funktion von Arten<br />
Die katalogartige Zusammenstellung der Faktoren und Bewertungen<br />
der „ Nützlichkeit von Arten" im Sinne von Katastern<br />
von Bewertungs~Marken oder Güte-Indikationen<br />
scheint hin und wieder aus artenschutzpolitischen Erwägungen<br />
vonnöten. Umfangreiche Kataster und Datenerhebungen<br />
sind ohnehin in einer auf Informations-Quantitäten<br />
gegründeten Kommunikations-Gesellschaft auch dann<br />
noch erforderlich, wenn an sich schon ein einziges _Argument<br />
für die Begründung eines umfassenden <strong>Artenschutz</strong>es<br />
ausreichen würde.<br />
Wir streben perfektionierte Datenerhebungen an, weil wir<br />
meinen, daß die Überzahl der Argumente für den Vorrang<br />
von <strong>Artenschutz</strong> die Argumente gegen solche Vorrangposition<br />
zu rückdrängen könnten. Man bemerkt, daß selbst ganz<br />
und gar schlüssige Beweise für einen alle Arten umfassenden<br />
<strong>Artenschutz</strong> keinen sich durchsetzenden Erfolg bringen,<br />
wenn sie jeweils nur in geringer Anzahl vorgebracht<br />
werden. Das Phänomen der Quantität und Vielfalt der Argumente<br />
gehört also zur Pragmatik des <strong>Artenschutz</strong>es.<br />
3 Experimenteller Nachweis der Folgen von Arten-Ausfall<br />
Wir sind uns darüber im klaren, daß der jeweils einzelne experimentelle<br />
Nachweis der Folgen eines Ausfalls einer speziellen<br />
Tierart schwierig ist. Wir erkennen die Folgen bei<br />
Ausfall von Räuber- oder Parasiten-Arten gegenüber pflanzenverzehrenden<br />
Tierarten meist dann, wenn die potentiellen<br />
Beutetiere oder Wirtstierarten ohne die „ Regulator-Arten<br />
" in andere Gebiete verfrachtet werden und sich dann unbegrenzt<br />
vermehren. Wir erkennen die Folgen des Ausfalls<br />
von nützlichen Arten infolge lnsektizidanwendung, vor allem<br />
im Acker-Ökosystem und in den Obstbau-Gebieten. Die<br />
Folgen sind meist: Anreicherung von schädlich werdenden<br />
Arten.<br />
Wir erkennen die Folgen bei Großtierarten, wenn Feindarten<br />
fehlen, z.B. die Vermehrung der Rothirsche in mitteleuropäischen<br />
Waldbiotopen infolge Fehlens der großen Greiftierarten.<br />
Bei vielen Arten erschließen wir die Folgen eines Ausfalls<br />
bereits im Wege der Übertragung von Parallelbeispielen.<br />
Besonders schwierig ist aber der experimentelle Nachwei<br />
s der Folgen bei Ausfall einer gesamten Tiergruppe für<br />
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