Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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völkerung mehr Verständnis für die Notwendigkeit der<br />
Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung<br />
von Natur und Landschaft zu bewirken.<br />
- Es wäre zu begrüßen, wenn die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
einen eigenen Ausschuß für wissenschaftliche<br />
Fragen des Naturschutzes und der Landschaftspflege<br />
mit entsprechenden Gutachtern einrichten würde. Davon<br />
abgesehen sollten wesentlich mehr Mittel als bisher<br />
zur Verfügung gestellt werden, um das bestehende Forschungsdefizit<br />
abzubauen.<br />
Maßnahmen der Verwaltung<br />
- Ein wirkungsvoller Biotop- und <strong>Artenschutz</strong> kann nicht<br />
nur auf Naturschutzgebiete beschränkt sein - auch<br />
wenn diese 3 bis 4 % der Landesfläche ausmachen würden<br />
-, sondern muß die gesamte Landesfläche mit einbeziehen.<br />
- Vorrangig sind zunächst diejenigen Biotope zu schützen,<br />
die eine besonders hohe Zahl von Arten der Roten Liste<br />
aufweisen. Gleichzeitig muß aber darauf hingearbeitet<br />
werden, nicht unmittelbar gefährdete, jedoch naturraumtypische<br />
Biotope durch entsprechende Schutzkategorien<br />
zu sichern.<br />
- Bei der Schaffung von Schutzgebietsystemen ist sicherzustellen,<br />
daß damit auch ein Beitrag zur Erhaltung typischer<br />
Landschaften geleistet wird. Das wären z. B. in<br />
Nordrhein-Westfalen die Münsterländische Parklandschaft<br />
und die Monschauer Heckenlandschaft.<br />
- Für jedes Naturschutzgebiet und flächenhafte Naturdenkmal<br />
sind Verordnungen zu erlassen, in denen die erforderlichen<br />
Ge- und Verbote festzulegen sind.<br />
- Für Schutzgebiete sollten Biotoppflege- und Biotopentwicklungspläne<br />
aufgestellt werden, in denen die Schutz-,<br />
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für einen Zeitraum<br />
von 10-20 Jahren dargelegt sind.<br />
- Künftig auszuweisende Naturschutzgebiete sind von<br />
vornherein großflächig festzulegen, da nur so ein hinreichender<br />
Schutz für darin lebende Tier- und Pflanzenarten<br />
gewährleistet werden kann. Auch bestehende NSG,<br />
die oft zu klein sind, sollten den ökologischen Notwendigkeiten<br />
entsprechend erweitert werden. Die Grenzen<br />
sollen nach naturräumlichenGesichtspunkten festgelegt<br />
werden.<br />
- Als mittelbare Maßnahme für den <strong>Artenschutz</strong> gilt auch<br />
die Ausweisung von Naturwaldreservaten. Diese Flächen<br />
sind z. B. durch das Landesforstgesetz in Nordrhein<br />
Westfalen vollkommen geschützt und von jeglicher Nutzung<br />
ausgeschlossen.<br />
- Der von Nordrhein-Westfalen beabsichtigte Weg, auch<br />
„ökologische Landschaftsschutzgebiete" auszuweisen,<br />
scheint richtig und sollte weiter verfolgt werden. Dies erfordert<br />
eindeutige Regelungen zum Biotop- und <strong>Artenschutz</strong><br />
in den entsprechenden Schutzverordnungen.<br />
- Die Zusammenarbeit zwischen den Naturschutzbehörden<br />
und -verbänden ist weiter zu verbessern, da ihre Mitglieder<br />
Ober gute Ortskenntnisse verfügen und ihre Erfahrungen<br />
zur Verfügung stellen können.<br />
- Um die Aufgaben eines umfassenden Naturschutzes<br />
wahrnehmen zu können, ist es notwendig, hinreichende<br />
Finanzmittel und fachlich qualifiziertes Personal auf Kosten<br />
rückläufiger Verwaltungsbereiche bereitzustellen.<br />
Gesetzliche Maßnahmen<br />
- Die im Bundesnaturschutzgesetz enthaltenen und in die<br />
Landesnaturschutzgesetze übernommenen Landwirtschaftsklauseln<br />
erweisen sich für viele Maßnahmen des<br />
Biotop- und <strong>Artenschutz</strong>es als nachteilig. Daher sollten<br />
die Gesetze dahingehend geändert werden, daß zumindest<br />
in den Naturschutzgebieten der Naturschutz unbedingt<br />
Vorrang genießt. Unabhängig davon sollten diejenigen<br />
land- und forstwirtschaftlichen Maßnahmen aufgelistet<br />
werden, die im Sinne des Naturschutzrechts als Eingriffe<br />
In Natur und Landschaft zu warten sind.<br />
- In den Naturschutzgesetzen des Bundes und der Länder<br />
sollte eine Auflistung der hochgradig gefährdeten Biotoptypen<br />
enthalten sein, die von vornherein unter Schutz<br />
zu stellen sind.<br />
- Die Anwendung von chemischen Pflanzenbehandlungsmitteln<br />
in Naturschutzgebieten sollte grundsätzlich verboten<br />
werden. Entsprechende Bestimmungen sind in das<br />
BNatSchG und die Ländergesetze aufzunehmen.<br />
- Vor einem Eingriff in Natur und Landschaft ist eine<br />
gründliche Prüfung der Vermeidbarkeit bzw. der Unvermeidbarkeit<br />
sowie der möglichen Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen<br />
vorzunehmen. § 8 des Bundesnaturschutzgesetzes<br />
sollte im Sinne einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
ausgestaltet werden.<br />
- Die von der Bundesregierung eingegangenen internationalen<br />
Verpflichtungen und Abkommen für den <strong>Artenschutz</strong><br />
müssen erheblich besser als bisher in den Ländern<br />
umgesetzt werden.<br />
Im Auftrag der Mitglieder des Deutschen <strong>Rat</strong>es für <strong>Landespflege</strong><br />
bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Minister Matthiesen,<br />
die Ergebnisse und Empfehlungen unserer gutachtlichen<br />
Stellungnahme für Ihre künftigen Entscheidungen im Rahmen<br />
des Biotop- und <strong>Artenschutz</strong>es auszuwerten.<br />
Bonn-Bad Godesberg, den 1. August 1985<br />
Der Sprecher<br />
(Prof. Dr. h.c. Kurt Lotz)<br />
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