Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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folge Rückgewinnung der Mineralstoffe aus den abgeworfenen<br />
Blättern im Rahmen von Stoff-Recycling wiederversorgt<br />
werden, würde unterbrochen, wenn die detritophagen Insekten,<br />
Milben (Acari), Tausendfüßler (Diplopoda) und Asseln<br />
(lsopoda) ausfallen. Erst die kostenlose Mithilfe von etwa<br />
7000 Tierarten in den Waldbiotopen Mitteleuropas, die ihre<br />
Leistungen zum „Nulltarif" für den Menschen einsetzen, ermöglicht<br />
die Existenz von Waldgesellschaften auf ca. 30%<br />
der Fläche der Bundesrepublik Deutschland ohne Düngung.<br />
Von besonderer Bedeutung aber ist - wenigstens langfristig<br />
- auch die Humusbildung der Tierarten in Agrar-Ökosystemen.<br />
Ein weiteres wichtiges Gebiet des indirekten Einsatzes<br />
von Tierarten besteht in ihrer Bedeutung als Bioindikatoren<br />
für besonders schwierig meßbare ökosystemare<br />
Veränderungen, die von diesen Tierarten angezeigt werden.<br />
15 Schnelligkeit des Erkennens von Folgen bei<br />
Artenausfall<br />
Auf der Basis ökologischer Kataster und anderer Datenzusammenstellungen<br />
Ober die Funktionen von Arten in Ökosystemen<br />
und über die Ansprüche der Arten an Ökosysteme<br />
können Folgen bei Fehlen von Arten abgeleitet werden. Die<br />
Aufstellung von vollständigen Arten-Funktionskatastern für<br />
die jeweils häufigen Arten und die „ Schlüssel"-Arten ist ein<br />
mittel- bis langfristiges Ziel. Die Aufstellung solcher Kataster<br />
ist langwierig. Es muß das Ziel der Ökologie und des<br />
Naturschutzes gleichzeitig sein, mit den Entscheidungen in<br />
unserer Gesellschaft für Eingriffe und Veränderungen, die<br />
den <strong>Artenschutz</strong> direkt oder indirekt bewirken, sowohl zeitgleich<br />
als auch quantitativ- entsprechend den Gegenargumentationen<br />
und Hilfsargumentationen - mitzuhalten.<br />
„ Zeitgleich mithalten" heißt für den Wissenschaftler, in die<br />
verschiedenen Entscheidungsebenen und Entscheidungsprozesse<br />
rechtzeitig und vollständig mit seinen Argumenten<br />
hineinzugelangen. „ Zeitgleich mithalten" bedeutet auch für<br />
den Naturschutz-Wissenschaftler, neben der wissenschaftlichen<br />
Strategieberatung, die ökologische Forschungsarbeit<br />
schon Jahre vor dem notwendigen Gebrauch des Wissens<br />
bzw. der Argumente zu beginnen und nicht erst bei Einsetzen<br />
von katastrophalen ökologischen Folgeschäden.<br />
B Zu den <strong>Artenschutz</strong>-Strategien<br />
16 Zur Strategie-Diskussion des <strong>Artenschutz</strong>es<br />
Ein Kolloquium „ <strong>Warum</strong> <strong>Artenschutz</strong>?" ist sicherlich weniger<br />
In seiner Zielsetzung im Sinne einer wissenschaftlichen<br />
Bilanz der modernen <strong>Artenschutz</strong>-Praxis aufzufassen, sondern<br />
vielmehr als Strategie-Diskussion des <strong>Artenschutz</strong>es.<br />
Das politische Ziel des <strong>Artenschutz</strong>es ist bereits gesetzlich<br />
fixiert und damit bindend für diese Gesellschaft festgelegt.<br />
Die Notwendigkeit des <strong>Artenschutz</strong>es war vor der parlamentarischen<br />
Entscheidung, die zum Bundesnaturschutzgesetz<br />
führte, bereits wissenschaftlich begründet.<br />
Um <strong>Artenschutz</strong> politisch oder verwaltungsmäßig auf der<br />
vorliegenden gesetzlichen Basis durchzusetzen, müßte es<br />
genügen, wenn eine exekutive Mehrheit den <strong>Artenschutz</strong><br />
aus der juristischen Ebene auf das Niveau einer umfassenden<br />
Planung hebt und mit dem Hintergrund einer angemessenen<br />
Ausweisung von Haushaltsmitteln, vor allem auch im<br />
personellen Bereich, ausstattet und dazu geeignetes Fachpersonal<br />
beruft Ein solcher Typ von exekutiver Mehrheit im<br />
Handlungsvollzug - vorausgesetzt, daß es eine solche<br />
Mehrheit gibt - sollte den <strong>Artenschutz</strong> noch zusätzlich<br />
durch ein ethisches Postulat ergänzen, so daß Schutzstrategien<br />
durch das Prinzip der moralischen Absicherung bis hin<br />
zu jedem einzelnen Mitglied der Gesellschaft gefestigt werden.<br />
Ein einziger moralischer Ansatz also:<br />
„ Du sollst nicht töten",<br />
auf die Ganzheit der Natur übertragen - könnte das Vollzugsdefizit<br />
im <strong>Artenschutz</strong> entscheidend abbauen helfen.<br />
Jedoch fehlt die Akzeptanz dieses Handlungsgebotes noch<br />
weitgehend, weil das Umweltbewußtsein der Bevölkerung<br />
den ethischen Bereich des Naturschutzes noch zu wenig integriert<br />
hat.<br />
Es wird daher der Versuch gemacht, mit weiteren wissenschaftlichen<br />
Argumenten den stagnierenden <strong>Artenschutz</strong> In<br />
den Alltagsentscheidungen der Behörden und Bü rgergruppen<br />
mehrheitsfähig zu machen. Vielfach nehmen Ökologen<br />
und Naturschützer den vor allem von Eingriffsbehörden und<br />
Intensiv-Nutzern geleisteten Widerstand gegen den <strong>Artenschutz</strong><br />
- der auch einen Widerstand gegen den Biotopschutz<br />
und damit auch gegen den gesamten Naturschutz<br />
darstellt - fast als „unvermeidbar" hin. Auch manche Wissenschaftler<br />
begreifen eine konsequente Anwendung des<br />
<strong>Artenschutz</strong>es als Hemmnis ihrer eigenen Forschungen. Sie<br />
lassen dabei die psychologische Seite - jeder hält seinen<br />
kleinen Eingriff in die Substanz der Populationen für belanglos<br />
- außer acht.<br />
17 <strong>Artenschutz</strong> und Ökonomie-Strategien<br />
Wieso lassen sich Wün sche aus dem Gesichtspunkt der<br />
Ökonomie im Hinblick auf Einschränkungen von <strong>Artenschutz</strong>maßnahmen<br />
leichter durchsetzen als Notwendigkeiten<br />
oder „Zwänge der Ökologie", die für das Gegenteil sprechen?<br />
Dazu ein Beispiel:<br />
In dem Moment, wo aus der Wirtschaft geäußert wird, es<br />
solle etwas produziert werden, es solle mit Hilfe einer bestimmten<br />
Produktion Gewinn gemacht werden, in dem Moment<br />
also, wo jemand ein zunächst rein emotionales Ziel<br />
des Geld-Verdienens äußert, hat er die Mehrheit in der Regel<br />
hinter sich. Denn „Gewinn machen" gilt selbst als „ alleinstehendes"<br />
Ziel als selbstverständlich, gilt als „rationell"<br />
begründet, gilt als von negativen Emotionen unbelastet und<br />
damit ä priori positiv. Der Mann der Wirtschaft müßte -<br />
wenn er dafür einen Kredit benötigt - vielleicht nur beschreiben,<br />
aufgrund welcher eingebrachten technischen<br />
und ökonomischen Erfahrungen und welcher zu erwartenden<br />
Umsätze das von ihm herzustellende Produkt wirklich<br />
lohnend, also gewinnbringend, produzierbar wäre. Dann<br />
wird seine Absicht der Aufnahme einer neuen Produktion an<br />
einer bestimmten Stelle der Umwelt mit hinreichender<br />
Wahrscheinlichkeit akzeptiert und mit öffentlichen Geldern<br />
subventioniert.<br />
Der Mann der Wirtschaft muß evtl. noch begründen, wie er<br />
mittel- oder langfristig die anfangs zumeist nicht vermeidbaren<br />
„ roten Zahlen" in der Bilanz zu vermindern beabsichtigt.<br />
Er begründet dies möglicherweise mit der Vielfalt der<br />
Produkte, die er herstellen will, da Vielfalt der Produktpalette<br />
eine größere Marktsicherheit ergeben würde. Er begründet<br />
dies vielleicht auch mit der guten Verwendbarkeit und<br />
Bedeutung seiner Produkte als langfristig wichtige Wirtschaftsgütertor<br />
die gesamte menschliche Gesellschaft, mit<br />
der Bedeutung für die Stärkung technischer Investitionen<br />
und mit der Bedeutung zur Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />
Sehr ähnlich könnte auch die ökologische Argumentation<br />
aus dem Bereich des Naturschutzes lauten, wenn man die<br />
„Wirtschaftsprinzipien" der Natur - der Ökologie also -<br />
genauer interpretiert. Der Vertreter der Ökologie würde seine<br />
Erfahrungen mit dem Naturhaushalt ins Feld führen und<br />
sagen, welche biologischen Produkte für die Natur entscheidend<br />
wichtig sind, beispielsweise die verschiedenen<br />
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