Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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nen von der Erfasssung unterrichtet, der Umfang des ge·<br />
schützten Biotops ihnen verdeutlicht und auf das bestehen·<br />
de Veränderungsverbot hingewiesen wird. Damit sind wir je·<br />
doch bereits im Einzelverfahren, wobei auch bei einem Si·<br />
cherungsgebot noch geprüft werden müßte, ob die Untersa·<br />
gung jeglicher Veränderung nicht im Hinblick auf eventuell<br />
rechtlich abgesicherte Nutzungsmöglichkeiten nur Ober<br />
eine gleichzeitige Entschädigungsregelung möglich ist.<br />
Deshalb sollten nicht zu hohe Erwartungen an ein solches<br />
Biotopsicherungsgebot gestellt werden, zumal der Umfang<br />
dieser kartierten Biotope ständig zunehmen wird (allein in<br />
Bayern wurden in einem ersten Durchgang rund 14 000 Bio·<br />
tope erfaßt), so daß die verwaltungsmäßige Abwicklung so<br />
oder so mit dem jetzigen Personalbestand nicht möglich<br />
sein wird. Vor dieser Schwierigkeit stehen die Behörden<br />
schon jetzt, obwohl ihnen etwa mit dem Instrument der<br />
einstweiligen Sicherstellung eine rasch zu handhabende<br />
Schutzmöglichkeit - allerdings im Rahmen eines durchzu·<br />
führenden Vßrfahrens - zur Verfügung steht.<br />
Ähnlichen Bedenken begegnet daher auch die Forderung<br />
nach dem Erlaß einer sog. Biotopschutzverordnung zur Erhaltung<br />
eines repräsentativen Gesamtbestands aller Biotoptypen<br />
in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Forde·<br />
rung der Gruppe Ökologie). Diese der Bundesartenschutz·<br />
verordnung entsprechende Rechtsvorschift soll unter Be·<br />
rücksichtigung regionaler Besonderheiten bestimmte wich·<br />
tige Biotoptypen in allgemein verbindlicher Weise sichern<br />
und Veränderungen ausschließen. Die fachliche Erstellung<br />
einer solchen Liste schützenswerter Biotope ist sicherlich<br />
rasch möglich, weil die meisten Länder schon entsprechen·<br />
de Vorarbeiten geleistet haben und auch Ober die Schutz·<br />
würdigkeit gefährdeter Biotope kaum Meinungsverschie·<br />
denheiten bestehen. Da die Schwerpunkte aber doch regio·<br />
nal recht verschieden ausfallen, ergeben sich allgemeine<br />
Zweifel, ob mit einer bundeseinheitlichen Biotopschutzver·<br />
ordnung, die ihrerseits wieder Rücksicht auf regionale Ge·<br />
gebenheiten nehmen muß, viel erreicht werden kann. Unab·<br />
hängig davon aber bleibt die Zielrichtung einer solchen Ver·<br />
ordnung unklar. Legt sie nur die erhaltenswerten Biotope<br />
fest, so ist für deren konkreten Schutz noch nichts erreicht.<br />
Beinhaltet sie ein generelles Veränderungsverbot, so stel·<br />
len sich bei der Umsetzung die gleichen Probleme wie bei<br />
dem oben angesprochenen Biotopsicherungsgebot. Auch<br />
hier ist ein Verbot nur vollziehbar, wenn der gebietliche Um·<br />
fang bestimmt und jeder Betroffene Ober das Vorhanden·<br />
sein informiert ist. Daß sich diese Probleme bei Anhebung<br />
auf die Bundesebene nur potenzieren, sei am Rande be·<br />
merkt. Zudem besteht die Gefahr, daß im Zusammenhang<br />
mit dem Erlaß einer solchen Verordnung unter Umständen<br />
wieder Sonderklauseln Eingang finden, die den Wert der Re·<br />
gelung in Frage stellen können. Zur bloßen Untermauerung<br />
der Wertigkeit solcher Biotope bei der Beurteilung von Ein·<br />
griffen bedarf es gleichfalls nicht dieser Verordnung, da<br />
Ober die wichtigsten Biotoptypen ausreichend Erkenntnisse<br />
vorliegea, die von den Fachbehörden bei den jeweiligen Ver·<br />
fahren eingebracht werden können.<br />
Verfolgt man gerade im Zusammenhang mit den Arbeiten<br />
an den Arten- und Biotopschutzprogrammen die fachliche<br />
Diskussion, so zeigt sich eine Abkehr vom bloßen Schutzge·<br />
bietsdenken hin zu einem die gesamte Landesfläche einbe·<br />
ziehenden Naturschutz, bei dem es vor allem auch auf die<br />
Verbindung und Vernetzung einzelner Lebensräume ent·<br />
scheidend ankommt. Nur so sieht man eine Chance, die Erhaltung<br />
lebensfähiger Populationen gefährdeter Tier- und<br />
Pflanzenarten auf Dauer zu gewährleisten. Dies bedeutet<br />
aber auch, daß die Ausweisung bzw. Sicherung bestimmter<br />
Schutzgebiete allein nicht mehr ausreicht. Dies führt zur<br />
Frage, wie nun diese Verbindungselemente gesichert wer·<br />
den können, wenn man unterstellt, daß langfristig die wich·<br />
tigsten Biotopbereiche im Rahmen der aufgezeigten<br />
Schutzmöglichkeiten gesichert werden können. Die Haff·<br />
nung, all die in Betracht kommenden meist exentsiv oder<br />
nicht bewirtschafteten Restflächen und Kleinstrukturen in<br />
der Landschaft in gleicher Weise sichern zu können, dürfte<br />
bei der Vielzahl, Struktur und Dichte solcher Flächen illuso·<br />
risch sein. Andererseits kann ohne die Erhaltung oder Neu·<br />
anlage solcher Strukturen die Umsetzung eines landeswei·<br />
ten Schutz· und Verbundsystems der für die gefährdeten Ar·<br />
ten unabdingbaren Lebensräume nicht erreicht werden.<br />
Sicher ist es zu früh, heute schon über rechtliche Siehe·<br />
rungsmöglichkeiten zu sprechen, weil solche vernetzten Sy·<br />
steme erst nach Erarbeitung der Grundlagenkenntnisse im<br />
Rahmen der Arten· und Biotopschutzprogramme aufgebaut<br />
werden können. Am ehesten könnte aber dann eine Verbin·<br />
dung mit den Aussagen der Landesplanung weiterhelfen,<br />
wenn es gelingt, diese Verbindungselemente als unverzichtbare<br />
Bestandteile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des<br />
Naturhaushalts darzustellen, weil dies dann eine verbindli·<br />
ehe Vorgabe für alle öffentlichen und privaten Planungsträ·<br />
ger sein könnte. Gerade das bei der Planung besonders<br />
deutliche Abwägungsgebot macht es freilich erforderli ch,<br />
daß solche Aussagen fachlich umfassend und überzeugend<br />
begründet werden können, um sich gegenüber anderen be·<br />
stehenden Nutzungsinteressen behaupten zu können . Frei·<br />
lieh wird parallel hierzu das Bemühen um eine privatrechtli·<br />
ehe oder hoheitliche Absicherung des vorhandenen Zustan·<br />
des einsetzen müssen, um jeder Veränderung vorzubeugen.<br />
Vielleicht könnten hierbei verstärkt Flächen miteinbezogen<br />
werden, die sich in staatlichem oder kommunalem Besitz<br />
befinden oder anderweitig (z. B. nach Wassergesetzen oder<br />
Waldgesetzen) gesichert sind.<br />
Schließlich wird im Zusammenhang mit Verstößen gegen<br />
Belange des Arten- und Biotopschutzes gefordert, deren<br />
Sanktionen zu verschärfen und als kriminelles Unrecht auszugestalten.<br />
Einzuräumen ist, daß heute Verstöße in den<br />
meisten Fällen derartig gering geahndet werden, daß dies in<br />
keinem Verhältnis zu dem meist unwiederbringlichen Verlust<br />
für den Naturhaushalt und damit für die Allgemeinheit<br />
steht. Dies liegt häufig aber nicht an den unzureichenden<br />
Bestimmungen, sondern an den meist völlig unzulänglichen<br />
Höhen der festgesetzten Geldbußen, die das Risiko des Täters<br />
kalkulierbar und vernachlässigbar machen. Deshalb<br />
muß es vorrangig darum gehen, die Behörden und Gerichte<br />
über die Bedeutung solcher Verstöße zu informieren, damit<br />
auch das Strafmaß dementsprechend angehoben wird. Erst<br />
wenn tatsächlich Verstöße gegen den Naturschutz gravie·<br />
rend geahndet werden, kann mit der bezweckten Abschrek·<br />
kungsfunktion gerechnet werden. Im übrigen sind bereits<br />
jetzt bei den Strafbestimmungen Ober Umweltgefährdungen<br />
Verstöße gegen Naturschutzbelange aufgenommen war·<br />
den, die evtl. erweitert werden müßten.<br />
V Ausblick<br />
Die Zurückhaltung des' Juristen bei rechtlichen Änderungen<br />
im Bereich des Arten- und Biotopschutzes konnte hoffentlich<br />
verständlich gemacht werden, zumal wir heute Ober ein<br />
derart umfassendes rechtliches Instrumentarium im Natur·<br />
schutzberelch verfügen, das vom Grund~atz her durchaus<br />
die aufgezeigten fachlichen Probleme lösen kann. Nach·<br />
dem auch in allen Bundesländern inzwischen die Anpas·<br />
sungsphase an das Bundesnaturschutzgesetz abgeschlos·<br />
sen ist, sollte nicht ohne Not nach neuen Regelungen geru·<br />
fen werden, zumal ja das <strong>Artenschutz</strong>recht im engeren Sinne<br />
ohnehin zur Überarbeitung auf Bundesebene ansteht.<br />
Die thematische Beschränkung auf das Naturschutzrecht<br />
hat auch zur Folge, daß nicht auf die Problematik der Änderung<br />
anderer Fachgesetze eingegangen werden kann, die<br />
zumindest mittelbar Auswirkungen für einen effektiven Biotopschutz<br />
haben können, wobei ich als Beispiel nur die No·<br />
vellierung des Pflanzenschutzgesetzes erwähnen möchte,<br />
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