Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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Tabelle 2<br />
TAXON<br />
Gesamtartenzahlen und Anteile gefährdeter Arten (absolut und prozentual)<br />
verschiedener Taxa der Flora der Bundesrepublik Deutschland<br />
Artenzahl ausge- insgesamt ausin<br />
der Bundes- storben vom Aus- gestorben oder<br />
republik oder ver- sterben stark aktuell ge- potentiell<br />
Deutschland schollen bedroht gefährdet gefährdet fährdet gefährdet<br />
Farn- und 2476 60<br />
Blütenpflanzen (2%)<br />
Moose ca. 1000 15<br />
(2%)<br />
Flechten ca. 1850 26<br />
Röhren- und Blätterpilze, 2337 23<br />
Sprödblättler und (1%)<br />
Bauchpilze<br />
Armleuchteralgen 34 2<br />
(6 %)<br />
101 255 281 697 165<br />
(4%) (1 0 %) (1 2 %) (28 %) (7%)<br />
12 28 44 99 40<br />
(1 %) (3%) (4%) (10%) (4 %)<br />
106 140 108 380 36<br />
103 242 345 713 147<br />
(4%) (10%) (15%) (30%) (6%)<br />
2 10 14 28 -<br />
(6%) (30 %) (41 %) (83%)<br />
Quelle: BLAB et aL 1984<br />
teren Öffentlichkeit und dazu auch den Verantwortlichen<br />
in Politik, Verwaltung und Verbänden überhaupt<br />
oder deutlicher bewußt wurde, daß sich heute mehr Menschen<br />
für die Belange des <strong>Artenschutz</strong>es interessieren<br />
und engagieren;<br />
- der allgemeine Kenntnisstand über die Hintergründe von<br />
Aussterben, Ausrotten, Gefährdung und Schutz, über Ursachen<br />
und Verursacher des Arten- und Biotopschwundes<br />
merklich gewachsen ist;<br />
- die zentrale Frage für den <strong>Artenschutz</strong>, nämlich ein qualitativ<br />
und quantitativ ausreichender Schutz der Biotope<br />
und Ökosysteme, heute überhaupt in der politischen<br />
Diskussion steht.<br />
Hinsichtlich dieses Teilzieles läßt sich damit die Themenfrage<br />
eindeutig bejahen: Rote Listen haben sich für die Bewußtseinsbildung<br />
breiter Bevölkerungskreise ausgezeichnet<br />
bewährt. Der Begriff ist zwischenzeitlich fester Bestandteil<br />
des deutschen Wortschatzes, der Verweis auf betroffene<br />
„Rote-Liste-Arten" geradezu Pflicht bei Vorschlägen des<br />
Naturschutzes geworden (dies bringt aber auch einige Probleme<br />
mit sich, vg l. dazu Abschn. 3.2). Das vö llige Fehlen<br />
von Roten Listen - was heute kaum mehr vorstellbar ist -<br />
würde den Naturschutz einer wesentlichen Argumentationsbasis<br />
berauben.<br />
Dies heißt nun aber nicht, daß nicht auch weiterhin große<br />
Anstrengungen unternommen werden müssen, um das öffentliche<br />
Anliegen Naturschutz noch stärker im Bewußtsein<br />
der Bevölkerung, der Parlamente und Verwaltungen zu verankern,<br />
da hier trotz beachtlicher Fortschritte nach wie vor<br />
noch erhebliche Defizite abzubauen sind.<br />
2.2 Fördern Rote Listen die <strong>Artenschutz</strong>forschung?<br />
Naturschutz ist eine wertende Disziplin. Entsprechend zählt<br />
es zu den Aufgaben der <strong>Artenschutz</strong>forschung, nicht nur<br />
ökologische Grunddaten zu ermitteln, sondern auch stichhaltige<br />
und nachvollziehbare Bewertungsmaßstäbe sowie<br />
fachlich fundierte und gewichtete Entwicklungsziele und<br />
Handlungsanleitungen zu erarbeiten.<br />
Das qualifizierende Bewertungssystem des Arteninventars<br />
unter dem Gesichtspunkt des Erhaltungszustandes, wie es<br />
die Roten Listen repräsentieren, hat auch für diese Aufgaben<br />
wertvolle Impulse gegeben:<br />
Bereits die Eigeninformation derer, die Naturschutzforschung<br />
betreiben, über Umfang und Grad der Bestandsgefährdung<br />
des heimischen Artenpotentials befruchtete die<br />
Forschungstätigkeit wesentlich (vgl. hierzu unter anderem<br />
Schwerpunktheft von Natur und Landschaft Juni 1983: „ Botanische<br />
und zoologische Artenerhebungen in der Bundesrepublik<br />
Deutschland").<br />
Noch mehr gilt dies dann hinsichtlich der weitergehenden<br />
Auswertungsmöglichkeiten der Roten Listen, z.B„ wenn die<br />
hinter den Artenkatalogen verborgene Information eingesetzt<br />
und weiter untersucht wird. Etwa indem man Populations-<br />
und Verbreitungsdaten der unterschiedlich stark gefährdeten<br />
und der nicht gefährdeten Arten verg !eichend<br />
aus- und bewertet; oder indem man im Sinne einer ökologischen<br />
Risikoanalyse zusammenhänge herstellt zwischen<br />
charakteristischen Eigenschaften der Arten (z.B. Biotopspezialisierung,<br />
Nahrungsspezialisierung, unterschiedliches<br />
Reproduktionspotential usw.), ihren biogeographischen Positionen<br />
(z.B. kleines natürliches Verbreitungsgebiet in vom<br />
Menschen besonders stark beanspruchten Regionen), ihrem<br />
Gefährdungsgrad und der zivilisationsbedingten Landschaftsentwicklung.<br />
Hierdurch lassen sich Hinweise gewinnen auf<br />
- die Mechanismen von Aussterben und Gefährdung der<br />
Arten,<br />
das Gewicht von Schadeinflüssen,<br />
die abgestufte Schutzbedürftigkeit unterschiedlicher<br />
Biotoptypen,<br />
die Bedeutung der verschiedenen ökologischen Faktoren<br />
für das Überleben der einzelnen Arten und Artengruppen,<br />
und schließlich im Umkehrschluß aus der ermittelten Rangordnung<br />
unter den gefährdeten und nicht gefährdeten Arten<br />
sowie unter den Gefährdungsursachen auch darauf, wo<br />
Schutzmaßnahmen besonders vordringlich sind.<br />
Die Rote Liste bildet damit eine wichtige (aber keineswegs<br />
die einzige!) Orientierungshilfe, um Schwerpunkte für Programm<br />
und Praxis des <strong>Artenschutz</strong>es herauszuarbeiten.<br />
Außerdem trug sie mit dazu bei, daß auch die Grundlagenforschung<br />
für den <strong>Artenschutz</strong> intensiviert wurde: Aktivierung<br />
der Bestandserhebungen, von Untersuchungen zur Lebensraumbindung<br />
und zu den Existenzvoraussetzungen vie-<br />
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