Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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an Land und im Wasser zunehmend durch unüberwindbare<br />
Straßen oder Stauwehre zerschnitten werden. So ist<br />
z. B. der Sterlet!, ein Wanderfisch aus der Familie der<br />
Störe, nach dem Bau der Donau- Staustufe Linz im deutschen<br />
Teil der Donau verschwunden, weil der Wanderweg<br />
zum Schwarzen Meer abgesperrt wurde;<br />
- nur ein beschränktes, natürliches Verbreitungsgebiet in<br />
unserem lande haben, weil dann Schadeinflüsse sofort<br />
im ganzen Vorkommensgebiet der Art wirken können und<br />
keine Rückzugsmöglichkeit mehr besteht;<br />
- besonders empfindlich auf äußere Einwirkungen (wie<br />
zum Beispiel Biozide, Erholungsaktivitäten, Lu ftverschmutzung)<br />
reagieren;<br />
- in irgendeiner Weise für den Menschen besonders attraktiv<br />
sind und damit einen Verfolgungsanreiz bieten, z. B.<br />
als Sammelobjekt.<br />
In zunehmendem Maße werden neben den Roten Listen der<br />
Bundesländer auch regionale Listen herausgegeben. Wenn<br />
sich diese Listen allerdings auf Kreise oder Regierungsbezirke<br />
beziehen, sind sie als Instrumentarium des <strong>Artenschutz</strong>es<br />
wertlos, da die Verwaltungsgrenzen zufällig und<br />
selten naturräumlich bedingt sind.<br />
Große Bedeutung haben jedoch Rote Listen für unterschiedliche<br />
Naturräume, da sehr wohl Arten im Flachland hochgradig<br />
gefährdet sein können, dagegen im Berg land noch<br />
häufig sind. So wi rd z. B. die zweite Fassung der Roten Liste<br />
„ Pflanzen" für Nordrhein-Westfalen neben der „ Landesliste"<br />
für folgende Naturräume den Gefährdungsgrad angeben:<br />
Eifel, Niederrheinische Bucht, Niederrheinisches Tiefland,<br />
Süderbergland (Sauerland), Westfälische Bucht, Westfälisches<br />
Tiefland, Weserbergland.<br />
In einigen Ländern (Schleswig-Holstein, Niedersachsen,<br />
Nordrhein-Westfalen) sind auch Rote Listen der Pflanzengesellschaften<br />
und Biotope fertiggestellt oder in Arbeit.<br />
Schon die Zuordnung der Rote-Liste-Arten zu den 20 Pflanzenformationen<br />
der Bundesrepublik Deutschland gibt wertvolle<br />
Hinweise: So weisen die Moore, oligotrophe Gewässer,<br />
Feuchtwiesen und Halbtrockenrasen eine hohe Zahl an<br />
gefährdeten Arten auf, und die Vegetation der Binnensalzstellen<br />
muß mit dem höchsten Anteil an gefährdeten Arten<br />
als hochgradig gefährdet gelten. Da in den einzelnen Pflanzenformationen<br />
jedoch zahlreiche Vegetationseinheiten<br />
verschiedenster Ordnungen und Klassen zusammengefaßt<br />
sind, ist eine Rote Liste der Pflanzengesellschaften unentbehrlich;<br />
denn es gibt eine ganze Reihe von Pflanzengesellschaften,<br />
die keine einzige Art der Roten Liste aufweisen<br />
und trotzdem gefährdet oder sogar schon verschollen sind,<br />
z. B. extensiv genutzte Streuwiesen, Quellfluren, nasse Ausbildungsformen<br />
der Erlen- und Birkenbruchwälder, bestimmte<br />
Waldgesellschaften wie z. B. die leicht wärmeliebenden<br />
Perlgras-Buchenwälder auf Löß in der Kölner Bucht<br />
oder natürlicher Eichen-Birkenwald. Hieraus wird deutlich,<br />
daß Biotope bzw. Biozönosen erheblich gefährdeter sind als<br />
einzelne Arten.<br />
4.2 Kartierung schutzwürdiger Biotope<br />
In allen Ländern werden heute Biotopkartierungen und Artenerfassungsprogramme<br />
durchgeführt. Mit ihrer Hilfe sollen<br />
systematisch der Zustand der Landschaft erfaßt und<br />
diejenig.en Biotope ermittelt werden, die entweder die ökologische<br />
Ausgewogenheit („Stabilität") des Naturhaushaltes<br />
und die Vielfalt des Landschaftsbildes fördern oder die sich<br />
durch große Artenvielfalt oder Vorkommen von seltenen<br />
oder gefährdeten Tier- und Pflanzenarten besonders auszeichnen.<br />
Solche Biotope werden als „schutzwürdig" bezeichnet<br />
und bilden die Grundlage für künftige Unterschutzstellungen.<br />
Biotopkartierungen werden häufig auch für die<br />
Bewertung einzelner Nutzungsansprüche herangezogen;<br />
mit ihrer Hilfe lassen sich Prognosen über die zu erwartenden<br />
Folgen von Eingriffen machen.<br />
Die Bedeutung von Biotopkartierungen im Hinblick auf den<br />
<strong>Artenschutz</strong> wird jedoch auch gelegentlich überschätzt, da<br />
häufig nur Teilbereiche des <strong>Artenschutz</strong>es abgedeckt werden<br />
können. Je nach angewandter Kartierungsmethode werden<br />
Biotope überwiegend nach abiotischen (z. B. geomorphologischen),<br />
floristischen oder vegetationskundlichen<br />
Merkmalen abgegrenzt. Für die Erfassung und Sicherung<br />
von sogenannten niederen Pflanzen (Moose, Flechten, Pil·<br />
ze, Algen) sowie auch für die z. T. stark gefährdeten Ac kerwildkraut·<br />
und Ruderalpflanzenarten ist diese Methode unbrauchbar.<br />
Auch die Tierwelt kann damit häufig nicht vo llständig<br />
erfaßt werden, u. a. manche Vogel-, Reptilien- und<br />
Amphibienarten, die ihre Biotope regelmäßig wechseln. Die·<br />
se Beispiele zeigen, daß eine Beschränkung von Schutzund<br />
Sicherungsmaßnahmen auf schutzwürdige Biotope für<br />
den <strong>Artenschutz</strong> nicht ausreicht - genauso wenig wie die<br />
Beschränkung auf Rote Liste-Arten.<br />
Sowohl der Arten- als auch der Biotopschutz müssen sich<br />
auf die gesamte Landschaft erstrecken.<br />
4.3 Ausweisung und Sicherung von Schutzgebieten<br />
Das Bundesnaturschutzgesetz und die Landesnaturschutzgesetze<br />
nennen folgende Schutzgebietskategorien: Naturschutzgebiet,<br />
Naturdenkmal, geschützter Landschaftsbestandteil,<br />
Landschaftsschutzgebiet.<br />
Naturschutzgebiete sollen dem Arten- und Biotopschutz vor<br />
allem auf größeren Flächen dienen. Obwohl es auch Naturschutzgebiete<br />
von weniger als 5 ha Größe gibt, kann für<br />
kleinflächige Biotope bis zu dieser Größe d ie Schutzkategorie<br />
Naturdenkmal angewendet werden. Naturschutzgebiete<br />
und Naturdenkmäler gewähren den relativ strengsten<br />
Schutz. Speziell auf den Schutz kleiner Biotope, z. B. Hekken,<br />
Feldraine u. ä. zugeschnitten ist die Kategorie der geschützten<br />
Landschaftsbestandteile.<br />
Als Naturschutzgebiete (z.B. aufgrund einer Biotopkartie·<br />
rung) vorgeschlagene Bereiche werden in der Regel zunächst<br />
einstweilig sichergestellt (bestimmte Eingriffe sind<br />
in dieser Zeit untersagt) und erhalten eine vorläufige Schutzverordnung,<br />
in der Zweck der Sicherstellung, Abgrenzung<br />
des Gebietes und Ge- und Verbote geregelt sind. Leider<br />
zieht sich die Bearbeitung der Sicherstellungsverfahren<br />
häufig länger hin, so daß doch Veränderungen vorgenommen<br />
werden (z. B. Umbruch von Feuchtwiesen, Beseitigung<br />
von Bäumen oder Hecken). Für die endgültige Festsetzung<br />
als Naturschutzgebiet werden die Verordnung und die Abgrenzung<br />
der Schutzgebiete überarbeitet.<br />
Die Auswirkung von Landschaftsschutzgebieten auf den<br />
Biotopschutz kann bisher nur als gering bezeichnet werden,<br />
da Nutzungseinschränkungen nicht sehr streng gehandhabt<br />
werden, und diese Gebiete in der Regel auch Bedeutung für<br />
die Erholung haben.<br />
Naturschutzgebiete, Naturdenkmäler und geschützte Land·<br />
schaftsbestandteile sollten auf wissenschaftlich fundierter<br />
Grundlage so ausgewiesen werden, daß mit ihrer Hilfe ein<br />
Schutzgebietsystem (bestehend aus verschiedenen größeren<br />
Flächen und verbunden durch linienartige Bestandteile<br />
wie Hecken, Uferzonen u. ä.) aufgebaut werden kann.s)<br />
6) <strong>Deutscher</strong> <strong>Rat</strong> für <strong>Landespflege</strong>, 1983, Ein 'Integriertes<br />
Schutzgebietsystem' zur Sicherung von Natur und Land·<br />
schalt, Schriftenreihe des Deutschen <strong>Rat</strong>es für <strong>Landespflege</strong>,<br />
H. 41.<br />
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