Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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Etwa 25 % der Fläche der Bundesrepublik Deutschland sind<br />
als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Der Schutzwert<br />
dieser Gebiete für Tier- und Pflanzenarten kann jedoch nach<br />
PLACHTER als sehr gering eingeschätzt werden. Nur in wenigen<br />
Schutzverordnungen wird Einfluß auf die Landnutzungsformen<br />
ausgeübt, etwa in der Art, daß Düngung, Melioration<br />
und Kultivierung z. B. von Halbtrockenrasen verboten<br />
werden.<br />
Die Abfassung der Schutzverordnungen für Naturschutzgebiete,<br />
Naturdenkmäler, geschützte Landschaftsbestandteile<br />
und Landschaftschutzgeöiete stellt ein besonderes Problem<br />
dar. Ge- und Verbote werden häufig nicht deutlich genug<br />
ausgesprochen oder fehlen gänzlich. Auch werden bestimmten<br />
Nutzungen gegenüber (Erholung, Land- und Forstwirtschaft,<br />
Jagd, Fischerei) zuwenig Beschränkungen auferlegt,<br />
so daß sie sich mitunter schädlich für den <strong>Artenschutz</strong><br />
auswirken können.<br />
Viele Naturschutzgebiete werden viel zu kl1.1in ausgewiesen,<br />
um Konflikten von vornherein aus dem Weg zu gehen;<br />
Schutzaufgaben können daher nur schwer erfüllt werden.<br />
Mitunter werden Beschränkungen so kompliziert dargelegt,<br />
daß sie nicht mehr praktikabel sind.<br />
6.2 Mängel in den rechtlichen Grundlagen<br />
Nach wie vor ist festzustellen, daß sich die im Bundesnaturschutzgesetz<br />
enthaltene und in die Landesnaturschutzgesetze<br />
übernommene Landwirtschaftsklausel fc.ir viele Unter·<br />
sch.utzstellungen grundsätzlich als schädlich erweist. In<br />
einigen Landesnaturschutzgesetzen wird sogar vorgeschrieben,<br />
daß bei der Ausweisung von Schutzgebieten die<br />
Landwirtschaftsklausel besonders zu beachten sei. Strittig<br />
ist die Interpretation des Begriffs „ordnungsgemäße Landwirtschaft";<br />
für den Naturschutz ist die heute in der Regel<br />
betriebene intensive hochtechnisierte und unter Anwendung<br />
chemischer Pflanzenbehandlungsmittel arbeitende<br />
Landwirtschaft mit den dadurch sich ergebenden Folgen<br />
eben nicht mehr ordnungsgemäß im Sinne des Naturschutzrechts.<br />
In jedem Fall muß in den Naturschutzgebieten dem<br />
Naturschutz absoluter Vorrang eingeräumt werden. Außerdem<br />
sind die landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen<br />
lntensivmaßnahmen aufzuzählen, die als Eingriff in Natur<br />
und Landschaft zu werten sind.<br />
Das Bundesnaturschutzgesetz hat darauf verzichtet, Aussagen<br />
darüber zu treffen, inwieweit die Verwendung chemischer<br />
Mittel zulässig ist. In einigen Landesnaturschutzge·<br />
setzen werden hierzu Regelungen getroffen (Baden-Württemberg,<br />
Rheinland-Pfalz); so dürfen diese Mittel grundsätzlich<br />
nur außerhalb von Naturschutzgebieten und Naturdenkmalen<br />
aufgebracht werden.<br />
Die Beteiligungsmöglichkeit der nach§ 29 anerkannten Naturschutzverbände<br />
an vielen Planungsverfahren und auch<br />
an den Unterschutzstellungsverfahren ist sehr positiv zu be·<br />
werten, sind doch erste Erfolge zu bemerken. Dies gilt z. B.<br />
für Nordrhein-Westfalen, wo seit mehreren Jahren die drei<br />
anerkannten Naturschutzverbände „Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Naturschutz und Umwelt" (LNU), „Bund für Umwelt<br />
und Naturschutz Deutschland" (BUND) und „ <strong>Deutscher</strong><br />
Bund f ür Vogelschutz" (DBV) ein gemeinsames Landesbüro<br />
unterhalten. Von diesem Büro aus werden die zur Bearbeitung<br />
anst ehenden Vorgänge an die zuständigen Mitglieder<br />
in den Kreisen weitergeleitet. Die meisten der Stellungnahmen<br />
werden auch auf Kreisebene in enger Abstimmung der<br />
örtlichen Verbandsvertreter der LNU, des BUND und DBV<br />
erarbeitet. Dennoch muß es als Mangel angesehen werden,<br />
daß die in einigen Bundesländern praktizierte Verbandsklage<br />
(Bremen, Hessen, Hamburg, Berlin) noch nicht auf Bundesebene<br />
und in den übrigen Landesgesetzen eingeführt<br />
worden ist, um so eine noch wirkungsvollere Naturschutzarbeit<br />
zu ermöglichen.<br />
Auch die Regelungen hinsichtlich der Besetzung der Beiräte<br />
lassen im allgemeinen zu wünschen übri g. So zeigt sich<br />
häufig, daß die „Naturnutzer" im Verhältnis zu den Naturschützern<br />
überrepräsentiert sind, wie auch Vertreter politischer<br />
Gremien in die Beiräte aufgenommen werden. In<br />
Nordrhein-Westfalen ist in Zusammenhang mit der Novellierung<br />
des Landschaftsgesetzes im März 1985 eine neue<br />
Durchführungsverordnung zur Besetzung der Landschaftsbeiräte<br />
erlassen worden, die hier Verbesserungen schafft.<br />
6.3 Unzureichende Forschungsanstrengungen<br />
und -förderungen<br />
Der auf dem Gebiet des Natur-, Arten- und Biotopschutzes<br />
notwendige Forschungsbedarf kann bei der derzeitigen Si·<br />
tuation bei weitem nicht gedeckt werden.<br />
Die Ausbildungsstätten an Universitäten und Fachhochschulen<br />
auf den Gebieten der Landschaftsökologie, der<br />
Landschaftspflege und des Naturschutzes sind in personal·<br />
ler, sachlicher und räumlicher Hinsicht im Vergleich mit älteren<br />
Disziplinen mit heute abnehmender Bedeutung unzureichend<br />
ausgestattet. An den Hochschulen kann z. B. deshalb<br />
die Forschung nicht hinreichend wahrgenommen werden.<br />
Die Forschung außerhalb der Hochschulen auf Bundes-<br />
und Landesebene ist nicht in der Lage, die wissenschaftlichen<br />
Grundlagen für den Vollzug der Gesetze bereitzustellen.<br />
In den meisten Ländern sind zwar Landesanstalten für Um·<br />
weit- und Naturschutzfragen aufgebaut worden; aber auch<br />
hier reichen Personal- und Sachmittel für die an Umfang<br />
ständig zunehmenden Aufgaben nicht aus. Dringende Vor·<br />
haben, wie z. B. flächendeckende Kartierungen schutzwür·<br />
diger Biotope, können nicht zügig genug ausgeführt werden.<br />
Auch bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft fehlt immer<br />
noch die Bereitschaft, die zahlreichen Fragen in der Naturschutzforschung<br />
durch Förderung von entsprechenden<br />
Vorhaben zu klären.<br />
Hauptverantwortlich für Forschungsdefizite dürfte noch immer<br />
die unzureichende Aufgeschlossenheit in Politik und<br />
Verwaltung für Fragen des Naturschutzes sein; Vorbehalte<br />
sind hier noch lange nicht abgebaut. Trotz des allgemein gestiegenen<br />
Umweltbewußtseins haben Naturschutzaufgaben<br />
noch immer keine Gleichrangigkeit mit anderen staatlichen<br />
Aufgaben.<br />
6.4 Unzureichende Überwachung und Pflege<br />
von Schutzgebieten<br />
Bei dem derzeitigen Stand von Personal und Mitteln in den<br />
für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden<br />
kann ein hinreichender Vollzug von Schutzverordnungen<br />
für Schutzgebiete nicht durchgeführt werden. Vielerorts<br />
fehlt eine Landschaftswacht, die regelmäßig über Veränderungen<br />
in den Schutzgebieten Bericht erstattet; Eingriffe<br />
und Schäden werden so oft viel zu spät gemeldet. Viele Vergehen<br />
bleiben ungeahndet; andere werden mit zu geringen<br />
Bußgeldern belegt. Verursacher von Schäden nehmen eine<br />
zu geringe Bestrafung bewußt in Kauf. Äußerst selten wird<br />
die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlangt<br />
- der häufig auch den Behörden nicht genau bekannt<br />
ist.<br />
Viele Schutzgebiete können nicht regelmäßig gepflegt werden,<br />
zumal es an Pflegetrupps mangelt. Sie erfüllen daher<br />
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