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Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege

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schaftsverband und mit der Landesanstalt für Ökologie,<br />

Landschaftsentwicklung und Forstplanung erarbeitet wor·<br />

den sind.<br />

3.2 Ergebnisse rechtlicher und verwaltungsmäßiger<br />

Maßnahmen<br />

Der Schutz und die Erhaltung der wildlebenden Tiere und<br />

der wildwachsenden Pflanzen gehört spätestens seit Verab·<br />

schiedung des Reichsnaturschutzgesetzes zu den wesentli·<br />

chen Aufgaben des staatlichen Naturschutzes. Es wurde<br />

darunter vorrangig der Schutz vor direktem, gezieltem<br />

menschlichen Zugriff verstanden, worunter Eingriffe wie"Tö·<br />

ten, Fangen, Pflücken, Ausgraben, Handel oder andere miß·<br />

bräuchliche Nutzungen fallen. Erst später erkannte man,<br />

daß zum <strong>Artenschutz</strong> auch der Schutz der Lebensstätten,<br />

der Biotopschutz, gehört.<br />

Im Reichsnaturschutzgesetz, später auch im Bundesnaturschutzgesetz<br />

und in den ausfüllenden Landesnaturschutz·<br />

gesetzen, wurde den Schutzaufgaben durch die Festset·<br />

zung von Naturschutzgebieten, Naturdenkmälern, geschützten<br />

Landschaftsbestandteilen und Landschaftsschutzgebieten<br />

sowie durch besonders zu schützende Tier- und<br />

Pflanzenarten Rechnung getragen.<br />

Die Anzahl der Naturschutzgebiete konnte von 1936 mit 98<br />

bis 1984 auf 1850 gesteigert werden; der Flächenanteil an<br />

der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland betrug<br />

1936 etwa 0,4 % , 1984 lag er bei etwa 0,9 %. In Nordrhein­<br />

Westfalen gab es bei Ablauf des Jahres 1982 279 Natur·<br />

schutzgebiete; damit konnte der Anteil der Naturschutzgebietsfläche<br />

an der Landesfläche - nachdem er im Vorjahr<br />

1981 noch etwa bei 0,6 % lag - ebenfalls auf fast 0,9 % ge·<br />

steigert werden.<br />

Für Naturdenkmäler und geschützte Landschaftsbestand·<br />

teile lassen sich die genauen Zahlen nicht aufarbeiten.<br />

Etwa 25 % der Fläche der Bundesrepublik Deutschland sind<br />

als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. In der Anlage 1<br />

werden die Schutzkategorien ausführlich beschrieben, und<br />

es wird gezeigt, welche Flächen in den Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland besonders geschützt werden können.<br />

Aufgrund der in der Anlage 1 dargestellten rechtlichen Möglichkeiten<br />

wäre eigentlich zu vermuten, daß sich in jedem<br />

Land der Bundesrepublik Deutschland ein sinnvolles<br />

Schutzkonzept aufbauen ließe. Welche Schwierigkeiten jedoch<br />

bei der Verwirklichung auftreten, wird in Abschnitt 6<br />

behandelt.<br />

4 Instrumente des Biotop· und <strong>Artenschutz</strong>es<br />

4. 1 Rote Listen<br />

Rote Listen im Sinne des Naturschutzes sind Verzeichnisse<br />

ausgestorbener, verschollener und gefährdeter Arten von<br />

Tieren und Pflanzen. In ihnen werden die oft über Jahrzehnte<br />

ablaufenden, meist negativen Entwicklungstrends in der<br />

Größe der Bestände und Verbreitungsgebiete der einzelnen<br />

Arten (gleichsam im Zeitraffer) dokumentiert. Diese Bilanzen<br />

des zivilisationsbedingten Artenschwunds und Artenbestandswandels<br />

haben sich als äußerst wertvolles und vielseitig<br />

einsetzbares Instrument für die praktische Naturschutzarbeit<br />

erwiesen.<br />

Wie kaum eine andere Veröffentlichung des Naturschutzes<br />

förderten die Roten Listen das Problembewußtsein der Öffentlichkeit<br />

in <strong>Artenschutz</strong>fragen, indem sie den kritischen<br />

Erhalt ungszustand großer Teile unserer Tier- und Pf lanzen·<br />

weit einer breiteren Öffentlichkeit überhaupt oder deutlicher<br />

bewußt machten, indem sie gute Informationen Ober<br />

die Ursachen und Verursacher des Arten- und Biotop·<br />

schwundes lieferten und schließlich, indem sie die hervorragende<br />

Bedeutung des Schutzes der Biotope und Ökosyste·<br />

me für die Überlebenssicherung der Arten eindeutig aufzeigten.<br />

Auch bewährten sich die Roten Listen als mittlerweile aus<br />

der Schutz- und Planungspraxis kaum mehr wegzudenkende<br />

Argumentationsgrundlage, sowohl um bestimmte Gebiete<br />

als Lebensraum bestandsbedrohter Arten unter Schutz zu<br />

stellen als auch um die ökologischen Folgeschäden von<br />

Eingriffen in die Landschaft zu reduzieren und schließlich,<br />

um die Belange des Biotop· und <strong>Artenschutz</strong>es bei der Land·<br />

schaftsplanung und Raumordnung insgesamt zu vertreten.<br />

Rote Listen trugen darüber hinaus auch wesentlich dazu<br />

bei , die Forschung im Arten- und Biotopschutz zu intensivieren<br />

sowie Handlungsprioritäten für Programme und Maßnahmen<br />

des Naturschutzes zu formulieren. Das Bewertungssystem<br />

der Roten Listen bietet nämlich eine Vielzahl<br />

von Ansatzpunkten für weitergehende wissenschaftliche<br />

Auswertungen. So können z. B. im Sinne einer „ökologischen<br />

Risikoanalyse" zusammenhänge zwischen den charakteristischen<br />

ökologischen Eigenschaften der einzelnen<br />

Arten, ihrer Verbreit ung, ihrem Gefährdungsgrad und der zivilisationsbedingten<br />

Landschaftsentwicklung hergestellt<br />

werden. Dadurch lassen sich die Bedeutung der verschiedenen<br />

Schadfaktoren, die abgestufte Schutzbedürftigkeit un·<br />

terschiedlicher Biotoptypen sowie die Bedeutung der jeweiligen<br />

ökologischen Faktoren für das Überleben der Arten ermitteln<br />

und schließlich im Umkehrschluß aus der Rangordnung<br />

der gefährdeten und nicht gefährdeten Arten sowie<br />

aus den Gefährdungsursachen auch ein Prioritätenkatalog<br />

für Schutzmaßnahmen festlegen.<br />

Insgesamt gesehen fi nden sich dabei auffal lend hohe Ge·<br />

fährdungsraten bei solchen Arten, die<br />

- große, strukturreiche und störungsfreie Lebensstätten<br />

benötigen, was bei der Seltenheit solcher Räume als Folge<br />

der geänderten Formen der Bodennutzung und der<br />

teilweise erheblichen Veränderungen von Landschaftsstrukturen<br />

sowie der autogerechten Erschließung auch<br />

entlegenster Landschaftsteile nicht verwundert;<br />

- eng an besondere Lebensstätten, wie z. B. nasse, feuchte,<br />

trockene und/oder nahrungsarme Biotope gebunden<br />

sind, da diese Biotoptypen weithin in landwirtschaft liche<br />

lntensivgebiete oder in Forste überfü hrt wurden und werden,<br />

die zumeist nur den ohnehin schon häufigen Aller·<br />

weltsarten ein Auskommen ermöglichen, den selteneren<br />

Arten aber keine Lebensgrundlage bieten;<br />

- eng an wirtschaftlich wert lose bzw. geringwertige Lebensstätten<br />

und Biotopteile wie zum Beispiel vegeta·<br />

tionsarme Standorte, alte, morsche Bäume, Kleingewäs·<br />

ser usw. gebunden oder auf frühere, extensive Landnutzungsformen<br />

wie Streunutzung usw. angewiesen sind,<br />

da auch hier überall eine Intensivierung der Nutzung angestrebt<br />

wird ;<br />

- eng auf einst häufige, jetzt aber selten werdende Nahrung<br />

wie zum Beispiel Großinsekten oder ein ausreichendes<br />

Angebot an Blütennektar über die ganze Vegeta·<br />

tionszeit hinweg angewiesen sind. Hier schlagen vor allem<br />

die Folgen des Pestizideinsatzes in der Agrarlandschaft<br />

durch. Insektengifte vern ichten die Kleinlebewelt,<br />

Unkrautvernichtungsmittel und die starke Düngung mit<br />

Mineraldünger oder Gülle machen aus bunten, blumenreichen<br />

Wiesen voller Tierleben ökologisch verarmtes<br />

„Einheitsgrün";<br />

- weite Wanderungen du rchführen, soweit die Strecken<br />

nicht fliegend zurückgelegt werden, da die Wanderwege<br />

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